Werden zugunsten der kreditgebenden Bank Grundschulden als (weitere) Sicherheit bestellt, erstreckten sich diese auch auf die Mietforderungen (§ 1192 i.V.m. § 1123 Abs. 1 BGB, § 148 Abs. 1, § 21 Abs. 2 ZVG).

Daraus folgt, dass die Einziehung der Mietforderungen nach Beschlagnahme der Grundstücke infolge der Anordnung der Zwangsverwaltung unwirksam war (vgl. § 1124 Abs. 2 i.V.m. §§ 135, 136 BGB, § 23 Abs. 1, § 146 Abs. 1 ZVG). Forderungsberechtigt war nunmehr der Zwangsverwalter, an den die Mieter nach dessen Anzeige der Zwangsverwaltung allein schuldbefreiend leisten konnten.
Grundsätzlich erstreckt sich der Haftungsverband zwar nicht auf Forderungen aus einem Untermietverhältnis1, wie es hier vorgelegen hat: Nach den Verträgen hat nicht die Grundstückseigentümerin als Bestellerin der Grundschulden (hier: w AG) an die Mieter vermietet, sondern eine T. GmbH, welche ihrerseits die Grundstücke angemietet hatte.
Eine Erstreckung auf die Untervermietung findet aber ausnahmsweise statt, wenn die Mietforderungen nur formell dem Hauptmieter zugeordnet sind, wirtschaftlich jedoch dem Eigentümer zustehen. Dies ist der Fall, wenn der Eigentümer die Erträge auf den Untervermieter verlagert, um sie seinen eigenen Gläubigern als Haftungsmasse zu entziehen. Dann ist der Hauptmietvertrag gemäß § 138 BGB als sittenwidrig anzusehen und die Mietforderungen fallen in den Haftungsverband2.
Nach diesen Grundsätzen ist hier die den (Unter-)Mietverhältnissen mit 35 den Mietern zugrundeliegende (Haupt-)Mietvertragskonstruktion – die KettenGeneralmietverträge zwischen der w. K. sowie zwischen diesem und der T. AG und dem Mitangeklagten GmbH – als unwirksam anzusehen. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten beide Generalmietverträge einzig den Zweck, den Gläubigern der w. entziehen. Sowohl K. AG Haftungsmasse zu als auch dessen Mieter, die T. GmbH, hatten Kenntnis über diesen Umstand, sodass kollusives Verhalten anzunehmen ist. Eine Gegenleistung sollte K. für die w. AG nie erbringen. Zivilrechtlich war damit der Zwangsverwalter und nicht die T. GmbH berechtigt, die Forderungen von den geschädigten Mietern einzuziehen. Von all diesen tatsächlichen Hintergründen, die zur alleinigen Forderungsberechtigung des Zwangsverwalters führten, wussten die insoweit ahnungslosen Mieter nichts.
Eine Einwirkung auf die Mieter, weiter an die Untervermieterin (T. GmbH) zu zahlen, weil nur an diese schuldbefreiend geleistet werden könne, würde auch eine Täuschung über Tatsachen darstellen.
Zwar ist die Geltendmachung eines Anspruchs zunächst nur eine Sol37 lensaussage und damit ein Werturteil3. Über die Äußerung einer Rechtsauffassung geht die Erklärung aber hinaus, wenn sie zugleich einen greifbaren, dem Beweis zugänglichen „Tatsachenkern“ enthält. Dies ist der Fall, wenn mit dem Einfordern der Leistung ein Bezug zu einer unzutreffenden Tatsachenbasis hergestellt oder das Vorliegen eines den Anspruch begründenden Sachverhalts behauptet wird4. Inwieweit eine Rechtsbehauptung zugleich einen Tatsachenkern enthält, bestimmt sich nach der Eigenart der jeweiligen Rechtsbeziehung. Maßgeblich ist hierfür, wie nach der Verkehrsanschauung eine entsprechende Erklärung zu verstehen ist5. Eine Tatsachenbehauptung liegt immer dann vor, wenn der Anspruch dem Grunde oder der Höhe nach von tatsächlichen Umständen abhängt, deren Vorliegen dem Erklärungsgegner jedenfalls nicht ohne weiteres erkennbar ist, deren Kenntnis jedoch zur Verhinderung einer Vermögensgefährdung des Empfängers gerade erforderlich ist6.
Für die Mieter war nicht erkennbar, dass der Angeklagte gemeinsam mit P. der w. AG die Forderungen zum Zwecke der Gläubigerbenachteiligung entzogen hatte. Dies begründete die Sittenwidrigkeit der beiden Generalmietverträge und damit die Forderungsberechtigung des Zwangsverwalters für den Mietzins aus den Untermietverhältnissen. Damit erwies sich die Kenntnis der Geschädigten über das kollusive Verhalten zwischen ihrem Vertragspartner und dessen Vermieter für die eigene Bewertung als unabdingbar, an wen die Miete zu zahlen war. Eine Tatsachenbehauptung lag somit vor.
en Mietern wäre jedenfalls für ihre Zahlungen nach der Aufforderung des Zwangsverwalters, an ihn zu zahlen, ein Schaden entstanden. Denn schuldbefreiend konnten sie ab diesem Zeitpunkt nur noch an den Zwangsverwalter leisten, wie auch ihre spätere Inanspruchnahme durch ihn belegt. Die Absicht rechtswidriger stoffgleicher Bereicherung an den der T. GmbH nicht zustehenden Mieteinnahmen läge in diesem Fall ohne Weiteres vor.
Allerdings ist der Sachverhalt auch unter dem Gesichtspunkt einer Tatbegehung durch Unterlassen (§ 13 StGB) zu prüfen.
In Betracht kommt insoweit die Verletzung einer Offenbarungs- und Aufklärungspflicht Angeklagten gegenüber den Mietern hinsichtlich der von ihm (mit-)geschaffenen sittenwidrigen Generalmietvertragskonstruktion und deren Auswirkung, jedenfalls nach Beschlagnahme der November 2005 die Mietzahlungsansprüche der T. Grundstücke Anfang GmbH entfallen zu lassen. Insofern legen die Feststellungen unter dem Aspekt der Herbeiführung einer Gefahrenlage eine Garantenstellung des Angeklagten nahe. Indem er eine eigene Aufklärung der Mieter über die tatsächliche Berechtigung des Zwangsverwalters zur Einforderung der Mietzahlungen unterließ, könnte er mit seiner Ausnutzung ihrer Fehlvorstellung über den Anspruchsberechtigten hinsichtlich des ihm weiterhin zugutekommenden Mietzinses eine strafrechtliche Garantenpflicht verletzt und hierdurch auch eine Schädigung der doppelt in Anspruch genommenen Mieter mitverursacht haben.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Juni 2020 – 5 StR 435/19
- vgl. BGH, Urteil vom 04.02.2005 – V ZR 294/03, Rpfleger 2005, 323; Keller in: Böttcher, ZVG, 6. Aufl., § 148 Rn. 11[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 04.02.2005 – – V ZR 294/03, aaO; OLG Stuttgart, Urteil vom 26.05.2011 – 13 U 23/11; OLG Celle, Urteil vom 08.03.2012 – 2 U 102/11[↩]
- vgl. Kindhäuser in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl., § 263 Rn. 89[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 22.02.2017 – 2 StR 573/15, NStZ 2018, 215[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2014 – 5 StR 405/13, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 38; Beschlüsse vom 08.11.2000 – 5 StR 433/00, BGHSt 46, 196, 198; und vom 06.09.2001 – 5 StR 318/01, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 22[↩]
- BGH, Beschluss vom 06.09.2001 – 5 StR 318/01, aaO[↩]