Für Kinder ab 6 Jahren besteht Schulpflicht. Und wer als Erziehungsberechtigter sein Kind – auch nur vorübergehend – dieser Schulpflicht entzieht, kann sich hierdurch u.U. nach den Bestimmungen des jeweiligen Landesschulgesetzes strafbar machen. So bestätigte etwa das Oberlandesgericht Frankfurt am Main jetzt in letzter Instanz die vorausgehenden Urteile des Amtsgerichts Lampertheim und des Landgerichts Darmstadt, die gegen die Mutter eines schulpflichtigen Jungen wegen hartnäckigen Entziehens ihres Sohnes von der Schulpflicht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung – die gesetzlich mögliche Höchststrafe – verhängt haben.

Die von ihrem Ehemann getrennt lebende Angeklagte hatte ihren minderjährigen schulpflichtigen Sohn im Zeitraum November 2008 bis Februar 2009 an insgesamt 37 einzelnen Tagen erneut nicht zur Schule geschickt. Der Sohn stand zu diesem Zeitpunkt auf dem Wissensstand eines Sonderschülers der 4. Klasse, obwohl er altersgemäß die 9. Klasse hätte besuchen müssen. Schon seit 2004 war es immer wieder dazu gekommen, dass er die meiste Zeit nicht in die Schule ging. Die Angeklagte war daraufhin zunächst zu Geldstrafen und im September 2008 zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden, ohne dass dies zu einer Verhaltensänderung führte.
Die Angeklagte habe sich, so das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, eines vorsätzlichen Vergehens nach § 182 Hessisches Schulgesetz schuldig gemacht. Die allgemeine Schulpflicht diene dem Schutz des Kindes in Bezug auf sein Recht auf Bildung und die Heranbildung zu einem verantwortlichen Staatsbürger. Dieser Schutz werde durch den staatlichen Erziehungsauftrag gewährleistet, konkret durch die allgemeine Schulpflicht, die das elterliche Erziehungsrecht in zulässiger Weise beschränke. Danach sei es die strafbewehrte Pflicht der Eltern, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder am Schulunterricht teilnehmen könnten. Versagten die Eltern ihrem Kind die Teilnahme am Unterricht, liege hierin ein aktiver Verstoß gegen die Schulpflicht.
Im vorliegenden Fall sei die Verhängung der gesetzlich möglichen Höchststrafe gerechtfertigt, weil im Vorfeld mildere und zielorientiertere Maßnahmen zur Sicherstellung der Teilnahme am Schulunterricht – wie z.B. der teilweise Sorgerechtsentzug – versucht worden seien, aber nicht zum Erfolg geführt hätten.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 18. März 2011 – 2 Ss 413/10