Ergaunerte Überweisungen – und der ausländische Finanzagent

Bei durch Betrug oder Urkundenfälschung veranlasste Überweisungen auf das Bankkonto eines im Ausland ansässigen „Finanzagenten“ kann es sich um eine Geldwäsche im Sinne von § 261 Abs. 1, Abs. 2 Nrn. 1 und 2, Abs. 3 StGB handeln, wenn er um die inkriminierte Herkunft der (zu erwartenden) Gelder aus rechtswidrigen Vortaten im Sinne von § 261 Abs. 1 StGB wusste.

Ergaunerte Überweisungen – und der ausländische Finanzagent

§ 261 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 StGB weisen als abstraktes Gefährdungsdelikt1 keinen inländischen Erfolgsort im Sinne von § 9 Abs. 1 Alt. 2 StGB auf. Tatort ist daher alleine der Ort in Frankreich, an dem der Beschuldigte gehandelt hat2.

Für diese Auslandstat ist deutsches Strafrecht auch nach § 7 Abs. 1 StGB unanwendbar, wenn sie sich nicht gegen eine natürliche Person mit deutscher Staatsangehörigkeit richtet.

Zwar schützt der hier in Betracht kommende Tatbestand des § 261 Abs. 2 StGB auch die individuellen Rechtsgüter des durch Betrug als Vortat betroffenen Geschädigten3. Die Straftat wurde jedoch nicht „gegen einen Deutschen“ begangen. Die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts nach § 7 Abs. 1 StGB setzt als Geschädigten eine natürliche Person voraus, die Deutscher im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG ist mithin eine Person, die die deutsche Staatsangehörigkeit (§ 1 StAG) besitzt4. Diesem beschränkten Anwendungsbereich liegt das passive Personalitätsprinzip zugrunde5, an das bereits die zuvor geltende Strafvorschrift § 4 Abs. 2 Nr. 2 StGB aF anknüpfte. Unter Berücksichtigung des eindeutigen Wortlauts von Alt- und Neuvorschrift und der gemeinsamen Entstehungsgeschichte beider Strafnormen setzt die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts einen bestimmten oder jedenfalls bestimmbaren einzelnen deutschen Staatsangehörigen voraus, der durch die Auslandstat in seinen individuellen Rechten verletzt ist6.

Weiterlesen:
Unterbringung in der Psychiatrie - und die Prognosse der zukünftigen Gefährlichkeit

So auch im hier zugrunde liegenden Fall: Bei dem hier Geschädigten, einem evangelischen Kirchenkreis, handelt es sich nicht um eine natürliche Person, also einen bestimmten oder bestimmbaren einzelnen deutschen Staatsangehörigen. Eine möglicherweise mittelbare Betroffenheit der Mitglieder des Geschädigten genügt in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht7. Mithin ist die Auslandstat des „Finanzagenten“ nicht „gegen einen Deutschen“ im Sinne von § 7 Abs. 1 StGB begangen worden.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 6. Juni 2018 – 2 ARs 163/18

  1. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 261 Rn. 23[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 23.04.2013 – 2 ARs 91/13, NStZ-RR 2013, 253; Beschluss vom 25.10.2017 – 2 ARs 470/17[]
  3. vgl. BGH, Beschluss vom 23.04.2013 – 2 ARs 91/13, NStZ-RR 2013, 253; BGH, Urteil vom 04.02.2010 – 1 StR 95/09, BGHSt 55, 36, 49[]
  4. Fischer, aaO, § 7 Rn 2a[]
  5. vgl. OLG Stuttgart, NStZ 2004, 402, 403; KG, NStZ-RR 2007, 16, 17[]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 22.02.1963 – 4 StR 9/63, BGHSt 18, 283, 284; MünchKomm-StGB/Ambos, 3. Aufl., § 7 Rn. 25; LK-StGB/Werle/Jeßberger, 12. Aufl., § 7 Rn. 63 und 69; Schönke/Schröder/Eser, StGB, 29. Aufl., § 7 Rn. 6; aA NK-StGB/Böse, 5. Aufl., § 7 Rn. 4 für juristische Personen mit Sitz im Inland; vgl. zur Entstehungsgeschichte auch BT-Drs. IV/650, S. 112[]
  7. MünchKomm-StGB/Ambos, aaO, § 7 Rn. 25[]
Weiterlesen:
Der Dealer - und seine ungeladene Schusswaffe