Nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts ist die strafrechtliche Ahndung von Kriegsverbrechen der Folter und der in schwerwiegender Weise entwürdigenden oder erniedrigenden Behandlung sowie wegen damit zugleich verwirklichter allgemeiner Straftatbestände wie gefährlicher Körperverletzung und Nötigung durch ein inländisches Gericht nicht wegen des Verfahrenshindernisses der funktionellen Immunität ausgeschlossen, wenn die Taten von einem ausländischen nachrangigen Hoheitsträger in Ausübung seiner hoheitlichen Tätigkeit im Ausland zum Nachteil von nicht inländischen Personen begangen wurden.

In einem derartigen Fall steht daher einer Entscheidung in der Sache nicht das von Amts wegen zu prüfende Verfahrenshindernis der funktionellen Immunität entgegen. Nach dem Völkergewohnheitsrecht sind – frühere – militärische Hoheitsträger wie der Angeklagte in Bezug auf Kriegsverbrechen nicht von der deutschen Strafgerichtsbarkeit befreit. Da insofern keine ernstzunehmenden Zweifel bestehen, konnte der Bundesgerichtshof hierüber befinden, ohne zuvor eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Folglich bedarf es insoweit auch keiner Klärung, ob eine funktionelle Immunität aus anderen Gründen ausgeschlossen wäre. Auch im Übrigen ist für derartige Fälle die deutsche Strafgerichtsbarkeit eröffnet.
Das Verfahrenshindernis der funktionellen Immunität
Der Bundesgerichtshof hat über das Vorliegen einer etwaigen Immunität zu entscheiden, obwohl sie im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht worden ist. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist eine allgemeine Verfahrensvoraussetzung; ihr Bestehen sowie ihre Grenzen sind als Rechtsfragen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen und zu berücksichtigen1. Soweit eine völkergewohnheitsrechtliche Immunität gegeben ist, ist eine solche generell beachtlich, unabhängig davon, ob sich dies aus § 20 Abs. 2 GVG2 oder direkt aus Art. 25 GG ergibt3.
(Frühere) ausländische militärische Hoheitsträger – und die deutsche Strafgerichtsbarkeit
Nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts ist die strafrechtliche Ahndung von Kriegsverbrechen der Folter und der in schwerwiegender Weise entwürdigenden oder erniedrigenden Behandlung sowie wegen damit zugleich verwirklichter allgemeiner Straftatbestände wie gefährlicher Körperverletzung und Nötigung durch ein inländisches Gericht nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Taten durch einen ausländischen nachrangigen Hoheitsträger in Ausübung seiner hoheitlichen Tätigkeit im Ausland zum Nachteil von nicht inländischen Personen begangen wurden. Im Einzelnen:
Eine allgemeine Regel des Völkergewohnheitsrechts im Sinne des Art. 38 Abs. 1 Buchst. b IGH-Statut ist eine Regel, die von einer gefestigten Praxis zahlreicher, aber nicht notwendigerweise aller Staaten („consuetudo“ oder „usus“) in der Überzeugung einer völkerrechtlichen Verpflichtung („opinio iuris sive necessitatis„) getragen wird4. An ihre Feststellung sind wegen der darin zum Ausdruck kommenden grundsätzlichen Verpflichtung aller Staaten hohe Anforderungen zu stellen5.
Zur Ermittlung der Staatenpraxis kann auf das Verhalten der für den völkerrechtlichen Verkehr nach internationalem oder nationalem Recht zuständigen Staatsorgane, regelmäßig die Regierung oder das Staatsoberhaupt, abzustellen sein. Die Staatenpraxis kann sich daneben aber auch aus den Akten anderer Staatsorgane wie solchen des Gesetzgebers oder der Gerichte ergeben, soweit ihr Verhalten unmittelbar völkerrechtlich erheblich ist6. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt zwar weiter, dass richterliche Entscheidungen, wie auch völkerrechtliche Lehrmeinungen, nur als Hilfsmittel für die Klärung von Völkergewohnheitsrecht heranzuziehen sind. Allerdings ist bei der Ermittlung der Staatenpraxis den neueren Rechtsentwicklungen auf internationaler Ebene Rechnung zu tragen, die durch fortschreitende Differenzierung und eine Zunahme der anerkannten Völkerrechtssubjekte gekennzeichnet sind. Deshalb verdienen die Handlungen von Organen internationaler Organisationen und vor allem internationaler Gerichte besondere Aufmerksamkeit7. Zudem können die Entscheidungen nationaler Gerichte insbesondere dort berücksichtigt werden, wo, wie im Bereich der gerichtlichen Immunität fremder Staaten, das innerstaatliche Recht den nationalen Gerichten die unmittelbare Anwendung von Völkerrecht gestattet8. Ferner können die Arbeiten der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen Indiz für das Bestehen einer Rechtsüberzeugung sein9.
Unter Heranziehung der dargelegten Maßstäbe steht nach dem Völkergewohnheitsrecht einer nationalen Strafverfolgung wegen Kriegsverbrechen keine allgemeine funktionelle Immunität ratione materiae von nachrangigen Hoheitsträgern, insbesondere Soldaten, anderer Staaten entgegen.
Im Ausgangspunkt geklärt ist, dass ein Staat angesichts der souveränen Gleichheit der Staaten zumindest in Bezug auf Hoheitsakte (acta iure imperii) grundsätzlich keiner fremden staatlichen Gerichtsbarkeit unterworfen ist10. Daraus kann sich auch eine funktionelle Immunität für natürliche Personen als Ausfluss der Staatenimmunität ergeben, da ein Staat regelmäßig nur durch solche handeln kann11. Allerdings ist hier Gegenstand des Verfahrens und Bezugspunkt der etwaigen Immunität nicht das hoheitliche Handeln eines fremden, an dem Gerichtsverfahren nicht beteiligten Staates im Allgemeinen, sondern die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit einer natürlichen Person für Kriegsverbrechen, die sie als in der Staatsorganisation nicht besonders herausgehobener Hoheitsträger eines fremden Staates begangen haben soll. Eine in einem solchen Fall zu erwägende funktionelle Immunität ist von anderen Immunitäten, insbesondere der personellen (ratione personae), zu unterscheiden. Gleiches gilt für den Ausschluss der zivilrechtlichen Haftung.
Es besteht eine allgemeine Staatenpraxis dahin, dass bei der aufgezeigten Sachlage eine Strafverfolgung durch ein nationales Gericht möglich ist. Staatliche Organe und Gerichte haben vielfach fremde Hoheitsträger wegen Kriegsverbrechen, Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafrechtlich verfolgt und verurteilt.
Da diese eine Immunität ablehnenden Entscheidungen von großer Anzahl und erheblicher Bedeutung sind, fällt es im Ergebnis nicht ins Gewicht, dass der Nachweis einer Immunität gewährenden und mithin regelmäßig zu keinen Gerichtsverfahren führenden Übung unter Umständen schwerer fallen kann als das Auffinden solcher Erkenntnisse, die ein Strafverfolgungshindernis verneinen und zu einer Verurteilung gelangen. Im Übrigen wäre selbst bei einer von Immunität ausgehenden Praxis damit zu rechnen, dass es wegen deren Nichtbeachtung oder Anwendungszweifeln im Einzelfall zu Gerichtsentscheidungen kommt, die sie bestätigen. Solche Aussprüche sind indes nicht ersichtlich. Im Gegenteil wurde die innerstaatliche Gerichtsbarkeit regelmäßig als gegeben erachtet.
- Beispielsweise wurden zahlreiche Verantwortliche des nationalsozia- listischen Regimes nicht nur durch den internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg, sondern auch durch Strafgerichte anderer Staaten verurteilt12.
- Ähnliches gilt für die Ahndung von Verbrechen im ehemaligen Jugoslawien. So wurden etwa in Deutschland – neben anderen – ein Angehöriger der örtlichen serbischen Streitkräfte und der Leiter einer örtlichen Polizeistation wegen Beihilfe zum Völkermord sowie weiterer Delikte verurteilt13. Im Übrigen stand der Verurteilung eines ruandischen Bürgermeisters wegen Völkermords dessen frühere Position ebenfalls nicht entgegen14.
- Ergänzend lassen sich weitere Verfahren vor nationalen Gerichten wegen Straftaten anführen, bei welchen die Angeklagten im Tatzeitraum Hoheitsträger waren. In den letzten Jahren wurden beispielsweise mehrere ehemalige Angehörige der irakischen Armee durch europäische Gerichte wegen Kriegsverbrechen verurteilt15.
Neben der entsprechenden einhelligen Staatenpraxis existiert eine allgemeine Überzeugung, dass nach dem Völkerrecht – sofern eine funktionelle Immunität fremder Hoheitsträger gleich welchen Ranges für hoheitliches Handeln anzunehmen sein sollte – jedenfalls die Strafverfolgung niederrangiger Hoheitsträger wegen Kriegsverbrechen oder bestimmter anderer die Weltgemeinschaft als Ganzes betreffender Delikte durch nationale Gerichte zulässig ist16.
Der zu den „Nürnberger Prinzipien“ gezählte Art. 7 des Statuts des Internationalen Militärgerichtshofs vom 08.08.1945 sah ausdrücklich vor, dass die amtliche Stellung eines Angeklagten, sei es als Oberhaupt eines Staates oder als verantwortlicher Beamter in einer Regierungsabteilung, nicht als Strafausschließungsgrund oder Strafmilderungsgrund gelten solle. Er setzte damit ersichtlich die Gerichtsbarkeit über die genannten Personen in Bezug auf die der Zuständigkeit des Gerichtshofs unterfallenden Verbrechen – Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Art. 6 des Statuts) – voraus. Wenngleich der Gerichtshof ausschließlich zur Aburteilung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der europäischen Achse gebildet wurde (Art. 1 des Statuts)17, sind die durch das Statut anerkannten Prinzipien bereits im Jahr 1946 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen bekräftigt18 und im Folgenden vermehrt als allgemeine Grundsätze herangezogen worden19. Beispielsweise sind sie bei der Schaffung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs mit bedacht worden20.
Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien21 hat angenommen, dass für die Begehung von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord Verantwortliche sich selbst dann nicht auf die Immunität von nationaler oder internationaler Gerichtsbarkeit berufen könnten, wenn sie die Verbrechen in Ausübung ihrer staatlichen Funktion begangen hätten22. Obschon demgegenüber der Internationale Strafgerichtshof im Zusammenhang mit Immunitätsfragen internationale Gerichte, die im Interesse der internationalen Gemeinschaft als Ganzes handelten, von nationaler Rechtsprechung im Interesse eines einzelnen Staates abgegrenzt hat23, hat er sich nicht dazu geäußert, ob für Kriegsverbrechen vor nationalen Gerichten funktionelle Immunität bestehe24.
Nationale Gerichte haben vielfach kein Hindernis gesehen, über Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord zu entscheiden:
- Der Oberste Gerichtshof von Israel hat mit ausführlicher Begründung und unter Heranziehung der „Nürnberger Prinzipien“ angenommen, dass die „Act of State“-Doktrin einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit wegen Verstößen gegen das Völkerrecht, insbesondere bei internationalen Verbrechen wie Verbrechen gegen die Menschlichkeit, nicht entgegenstehe25. Auch wenn der Gerichtshof in diesem Zusammenhang nicht explizit die Immunität fremder Hoheitsträger erörtert hat26, wird aus seiner Entscheidung und deren Begründung deutlich, dass im Ergebnis das Handeln als Hoheitsträger ein Strafverfahren vor einem fremden nationalen Gericht nicht hindert.
- Der niederländische Hohe Rat hat sich in einem die Strafverfolgung wegen Folter betreffenden Verfahren nicht mit der Frage der Immunität auseinandergesetzt27, nachdem die Vorinstanz eine Immunität mit der Begründung abgelehnt hatte, dass die Begehung solch besonders schwerer Straftaten nicht als Teil der hoheitlichen Aufgaben angesehen werden könne28. In einem späteren Verfahren hat er mit Blick auf die niederländische Rechtslage die Immunität eines Verurteilten für Taten verneint, die dieser in hoheitlicher Funktion in Afghanistan begangen hatte29.
- Der belgische Kassationshof hat im Ergebnis einem Militärangehörigen in einem Strafverfahren wegen schwerer Verletzungen humanitären Völkerrechts anders als einem Staats- oder Regierungschef keine Immunität zuerkannt30.
- Das spanische Verfassungsgericht hat sich in einem Fall, der unter anderem Vorwürfe des Völkermordes und der Folter gegen frühere ausländische Hoheitsträger zum Gegenstand hatte, nicht mit dem Problem der Immunität, sondern mit der Frage der nationalen Gerichtsbarkeit befasst und diese – anders als die beanstandete Entscheidung – im konkreten Fall zumindest teilweise angenommen31.
- Der italienische Kassationshof ist in einem Strafverfahren, das die Tötung und Verletzung italienischer Staatsangehöriger durch einen US-amerikanischen Soldaten in Bagdad betraf, im Ergebnis davon ausgegangen, dass sich die Staatenimmunität nicht auf völkerrechtliche Verbrechen beziehe32.
- Das Schweizerische Bundesgericht ist – in einem einen früheren Verteidigungsminister betreffenden Verfahren – nach näheren Ausführungen zu dem Schluss gekommen, dass eine einhellige klare Antwort auf die Frage, ob sich die Immunität ratione materiae auf alle in hoheitlicher Funktion begangenen Handlungen beziehe und dabei die vorgeworfenen schweren Verletzungen humanitären Rechts zu beachten seien, zwar nicht möglich sei. Allerdings scheide es in solchen Konstellationen aus, sich auf eine funktionelle Immunität zu berufen33.
- Der französische Kassationshof hat mehrfach zugrunde gelegt, dass prinzipiell eine Immunität für Handlungen von Hoheitsträgern in Ausübung staatlicher, nicht privatwirtschaftlicher Gewalt bestehe, davon aber Ausnahmen nach den Regeln zwingenden Völkerrechts bestehen könnten34.
- Der Bundesgerichtshof selbst hat in einer früheren Entscheidung zunächst auf sich beruhen lassen, ob der Grundsatz der Staatenimmunität mit gleicher Geltungskraft wie im Zivilprozessrecht „für die Strafverfolgung Bedeutung hat und fremde Staatsorgane über den Kreis der sogenannte persönliche Immunität genießenden Personen (Staatsoberhäupter, Diplomaten) hinaus schützt“35. Indes hat er im Folgenden mehrfach keinen Anlass gesehen, diese Frage ausdrücklich aufzugreifen, und die Strafverfolgung (früherer) fremder Hoheitsträger durch deutsche Gerichte wegen Delikten nach dem Völkerstrafgesetzbuch oder zuvor nach § 220a StGB aF ohne weiteres unbeanstandet gelassen36.
Die Arbeiten der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen aus jüngerer Zeit zur strafrechtlichen Immunität sind noch nicht abgeschlossen37. Aus ihnen lässt sich gegenwärtig zumindest eine funktionelle Immunität auch bei Kriegsverbrechen gewährende völkerrechtliche Regel nicht herleiten. Sie ändern daher nicht die durch einheitliche Übung und Überzeugung belegte allgemeine Regel des Völkergewohnheitsrechts, dass jedenfalls die Strafverfolgung fremder niederrangiger Hoheitsträger wegen Kriegsverbrechen oder bestimmter anderer die Völkergemeinschaft als Ganzes betreffender Delikte durch nationale Gerichte zulässig ist.
Die Völkerrechtskommission hat im Juli 2007 das Thema der Immunität staatlicher Hoheitsträger von ausländischer Strafgerichtsbarkeit in ihr Arbeitsprogramm aufgenommen38 und sich im Folgenden ebenso wie das Sechste Komitee der Generalversammlung der Vereinten Nationen regelmäßig damit befasst. Der zunächst hierzu bestimmte Sonderberichterstatter hat die Meinung vertreten, dass die für Ausnahmen von der Immunität herangezogenen Gründe nicht überzeugten und eine einheitliche Staatenpraxis dazu fehle39. Demgegenüber hat die anschließend betraute Sonderberichterstatterin der Völkerrechtskommission nach einer Untersuchung der Rechtspraxis eine klare Entwicklung dahin erkannt, die Begehung internationaler Verbrechen als Grenze für die Annahme der Immunität staatlicher Hoheitsträger zu bewerten40, und in Betracht gezogen, dies als Regel des Völkergewohnheitsrechts anzusehen41. In ihrem folgenden Bericht hat sie jedoch festgehalten, dass die Frage von Begrenzungen oder Ausnahmen von der Immunität der kontroverseste und politisch sensibelste Gesichtspunkt sei42. Die im Sechsten Komitee der Generalversammlung dazu geäußerten Meinungen der Staatenvertreter hat sie dahin zusammengefasst, dass nach der Ansicht zweier Staaten internationale Verbrechen niemals als Ausübung staatlicher Hoheitsmacht gewertet werden könnten, ein Staat eine Immunitätsbeschränkung als bereits bestehendes Völkergewohnheitsrecht annehme, zehn Staaten eine Entwicklung dahin sähen, während elf Staaten das Bestehen entsprechenden Völkergewohnheitsrechts verneinten und acht weitere – darunter auch Deutschland – nicht einmal eine Tendenz dahin bejahten43.
Obwohl dies vordergründig darauf hindeuten könnte, dass die Mehrheit der sich äußernden Staaten eine funktionelle Immunität selbst bei Kriegsverbrechen für gegeben erachtet, ist dies bei näherer Betrachtung nicht allgemein der Fall. Beispielhaft ist insoweit die Auffassung herauszugreifen, die Deutschland offiziell im Sechsten Komitee der Generalversammlung im Oktober 2017 vertreten hat. Zwar werden dort dem fünften Bericht der zweiten Sonderberichterstatterin erhebliche methodologische Fehler vorgehalten. Allerdings hat die Vertreterin Deutschlands zudem darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der individuellen Verantwortlichkeit für internationale Verbrechen eine große Errungenschaft sei und Deutschland Bemühungen zuverlässig unterstütze, Straftäter wegen internationaler Verbrechen vor Gericht zu bringen44. Die alsdann im Einzelnen geäußerte Kritik richtet sich etwa gegen die in dem Entwurf vorgesehene Liste bestimmter Verbrechen, bei denen keine Immunität bestehe; während das im Römischen Statut genannte Verbrechen der Aggression nicht aufgeführt sei, sei das Verbrechen der Apartheid enthalten. Angesichts solcher Vorbehalte kann aus der Ablehnung des Entwurfs nicht der Schluss gezogen werden, aus Sicht Deutschlands sei keine der in ihm enthaltenen Regelungen völkergewohnheitsrechtlich anerkannt, zumal bereits die im Vorjahr abgegebene Stellungnahme Ausnahmen von der Immunität in festumrissenen Fällen befürwortete45. Für ein solches Verständnis sprechen ebenfalls anschließende Äußerungen des Bundespräsidenten46 und des Außenministers als Teil der Bundesregierung47. Diese gehen ersichtlich nicht davon aus, einer nationalen Strafverfolgung wegen Kriegsverbrechen stehe eine funktionelle Immunität entgegen.
Der ganz überwiegende Teil der wissenschaftlichen Literatur lehnt funktionelle Immunitäten bei Völkerrechtsverbrechen zumindest mit Blick auf nachgeordnete Hoheitsträger – wenn auch mit teils unterschiedlichen Begründungsansätzen und Differenzierungen – ab48. Die demgegenüber geäußerten Bedenken49 stützen sich nicht auf eine allgemeine Überzeugung einer Mehrheit der Staaten oder entsprechende Praxis.
Dass in anderen Zusammenhängen eine Immunität für den Staat handelnder Personen angenommen wurde, betrifft nicht die hier entscheidungserhebliche Frage der funktionellen Immunität nachrangiger Hoheitsträger. Eine gegebenenfalls auch in Strafverfahren wegen Kriegsverbrechen bestehende Immunität bestimmter herausgehobener staatlicher Repräsentanten berührt die gegen den Angeklagten erhobenen Anklagevorwürfe ebenso wenig wie eine etwaige Immunität in Zivilverfahren.
Zwar ist anerkannt, dass bestimmte Inhaber hochrangiger Staatsämter wie Staatsoberhäupter, Regierungschefs oder Außenminister Immunität von der Strafgerichtsbarkeit anderer Staaten genießen50. Allerdings handelt es sich hierbei zunächst um die sogenannte persönliche Immunität51, die sich – unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen und ihrem Umfang – grundsätzlich nicht auf niederrangige staatliche Hoheitsträger erstreckt. Selbst wenn dabei auch Aspekte der Immunität ratione materiae in Rede stehen, lassen Konstellationen, die Staatsoberhäupter, Regierungschefs oder Außenminister betreffen52, keine maßgeblichen Rückschlüsse auf die hier zu prüfende funktionelle Immunität eines Militärangehörigen zu.
Ähnliches gilt für Entscheidungen zur Immunität in Zivilverfahren:
- Soweit etwa der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Rahmen von Beschwerden, die sich gegen die Erfolglosigkeit von Schadensersatzklagen wegen Folter richteten, die Gewährung von Immunität ratione materiae für dienstliche Handlungen staatlicher Hoheitsträger in Zivilverfahren wegen Foltervorwürfen hingenommen hat, hat er zum einen ausdrücklich bedacht, dass es nicht um die strafrechtliche Verantwortung für Folter, sondern um die Staatenimmunität in einem zivilrechtlichen Schadensersatzverfahren gehe53. Zum anderen hat er darauf hingewiesen, dass die Sache angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen im Völkerrecht weiter beobachtet werden müsse54.
- Der Internationale Gerichtshof hat im Zusammenhang mit der Immunität des Staates in Schadensersatzverfahren ebenfalls nachdrücklich hervorgehoben, nicht über die Frage zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Immunität in Strafverfahren gegen einen staatlichen Hoheitsträger zu beachten sein kann55. Seine grundlegenden Erwägungen dazu, dass weder der Vorwurf schwerer Verletzungen des humanitären Völkerrechts und des Rechts im bewaffneten Konflikt noch der Verstoß gegen zwingendes Völkerrecht (ius cogens) zum Verlust der Immunität führe, sind mithin nicht ohne Weiteres auf Strafverfahren anwendbar.
- Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts56 und des Bundesgerichtshofs57 zur Immunität in Zivilverfahren enthalten ebenfalls keine Ausführungen zur Reichweite der funktionellen Immunität in Strafverfahren.
Auch sonst hat das Bundesverfassungsgericht zu einer solchen Immunität noch keine Entscheidung getroffen.
Soweit es allgemein darauf hingewiesen hat, dass „Ausnahmen von der Immunität für Fälle von Kriegsverbrechen, völkerrechtlichen Verbrechen und Verstöße gegen völkerrechtliches ius cogens diskutiert“ würden, hat es sich damit nicht weiter befasst, da die Entscheidung nicht die aus der Staatenimmunität „fließende Immunität von staatlichen Organen, insbesondere von Regierungsmitgliedern, “ sondern die davon zu unterscheidende diplomatische Immunität zum Gegenstand hatte58. Es hat ferner ausgeführt, die Staatenimmunität greife nur ein, wenn der Staat als solcher Partei des gerichtlichen Verfahrens sei; eine gerichtliche Entscheidung über Hoheitsakte anderer Staaten im Rahmen von Vorfragen sei völkerrechtlich nicht verboten59. Für Diplomaten sei neben dem Recht der diplomatischen Immunität gerade kein Rückgriff auf eine allgemeine Organimmunität möglich60.
Darüber hinaus ist das Bundesverfassungsgericht ebenfalls davon ausgegangen, dass eine Immunität von Hoheitsträgern nicht generell uneingeschränkt gilt, sondern etwa der Tatvorwurf von Belang sein kann. So besteht keine allgemeine Regel des Völkerrechts, nach der sich Spione, die von dem von der Spionage betroffenen Staat strafrechtlich verfolgt werden, auf die Grundsätze der Staatenimmunität berufen können61.
Es bedarf keiner Ausführungen dazu, inwieweit eine funktionelle Immunität einer Strafverfolgung allein wegen allgemeiner Straftaten entgegenstünde, wie sie etwa das Oberlandesgericht hinsichtlich der Misshandlung der Gefangenen angenommen hat. Denn die dem Angeklagten hier zur Last gelegten Taten betreffen Kriegsverbrechen nach § 8 VStGB, und entsprechende völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Verbrechen liegen tatsächlich vor.
Da mithin das Verfahrenshindernis der Immunität nicht besteht, ist der angeklagte Lebenssachverhalt in rechtlicher Hinsicht umfassend zu prüfen62. Dies ergibt sich auch daraus, dass allgemeine nationalstaatliche Straftatbestände Kriegsverbrechen erfassen und diese mithin als „gewöhnliche Verbrechen“ kriminalisiert sein können63.
Völkergewohnheitsrecht – und das Bundesverfassungsgericht
Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 2 GG ist nicht erforderlich, da keine Zweifel im Sinne dieser Vorschrift über die entscheidungserhebliche Frage bestehen, ob aufgrund einer als Bestandteil des Bundesrechts geltenden, unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugenden Regel des Völkerrechts eine innerstaatliche Strafverfolgung des Angeklagten als ehemaligen Hoheitsträgers eines anderen Staates für in seinem Heimatstaat begangene hoheitliche Handlungen ausgeschlossen ist, wenn es sich bei diesen Handlungen um Kriegsverbrechen handelt.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist gemäß Art. 100 Abs. 2 GG einzuholen, wenn in einem Rechtsstreit zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Art. 25 GG).
Der Begriff des Rechtsstreites im Sinne der Vorschrift ist weit auszulegen und umfasst jedes gerichtliche Verfahren. Ihrer Gewährleistungsfunktion zugunsten der allgemeinen Regeln des Völkerrechts wäre nicht Genüge getan, wenn der Begriff „Rechtsstreit“ eng gefasst, beispielsweise auf kontradiktorische Verfahren begrenzt würde64.
Vorlagen sind selbst dann zulässig, wenn die völkerrechtliche Regel ihrem Inhalt nach nicht geeignet ist, unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen zu erzeugen, sondern sich nur an Staaten oder ihre Organe als Normadressaten wendet65.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 2 GG bereits dann geboten, wenn das Gericht bei der Prüfung der Frage, ob und mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt, auf ernstzunehmende Zweifel stößt, mag das Gericht selbst auch keine Zweifel haben. Nicht das Gericht, sondern nur das Bundesverfassungsgericht hat die Befugnis, vorhandene Zweifel selbst aufzuklären. Ernstzunehmende Zweifel an dem Bestehen oder der Tragweite einer allgemeinen Regel des Völkerrechts bestehen dann, wenn das Gericht von der Meinung eines Verfassungsorgans oder von den Entscheidungen hoher deutscher, ausländischer oder internationaler Gerichte oder von den Lehren anerkannter Autoren der Völkerrechtswissenschaft abwiche66.
Derartige Zweifel sind zudem dann anzunehmen, wenn es keine einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung zu den vorgelegten Fragen gibt und die Judikatur internationaler Gerichte dazu nicht in entscheidender Weise Stellung nimmt67. Ferner sind über den Wortlaut hinaus Fragen statthaft, die sich nicht auf die Existenz, sondern nur auf die Tragweite einer Völkerrechtsregel beziehen; die Bedeutung, die Art. 25 GG den allgemeinen Regeln des Völkerrechts beimisst, fordert eine einheitliche Rechtsprechung auch über ihre Tragweite. Dies bedeutet, dass das Verfahren nach Art. 100 Abs. 2 GG auch der Auslegung und Konkretisierung allgemeiner Regeln des Völkerrechts mit ihrer regelmäßig geringen Regelungsdichte dienen kann68.
Daran gemessen bestehen ungeachtet einzelner in der Völkerrechtswissenschaft geäußerter abweichender Ansichten keine durch das Bundesverfassungsgericht zu klärenden Zweifel in Bezug auf die entscheidungserhebliche Frage, ob der nationalen Strafverfolgung des Angeklagten eine funktionelle Immunität entgegensteht.
Der Bundesgerichtshof weicht mit seiner Entscheidung weder von der Meinung eines Verfassungsorgans noch von der Entscheidung hoher deutscher, ausländischer oder internationaler Gerichte ab, sondern steht in Einklang mit solchen. Wie bereits im Einzelnen dargelegt, ist von den genannten Instanzen in keinem Fall angenommen worden, Strafverfahren gegen Militärangehörige oder sonstige nachgeordnete Hoheitsträger wegen Kriegsverbrechen durch ein nationales Gericht seien nach dem Völkergewohnheitsrecht ausgeschlossen. In den Konstellationen, in denen eine entsprechende Problemlage bestand, ist vielmehr die Möglichkeit einer Strafverfolgung als gegeben erachtet worden.
Ergänzend kommt hinzu, dass das Bundesverfassungsgericht jüngst mit einem vergleichbaren Sachverhalt im Zusammenhang mit einem Strafverfahren gegen mutmaßliche ehemalige Mitarbeiter des syrischen Allgemeinen Geheimdienstes wegen Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch im Syrienkonflikt befasst war. Dieses Verfahren hatte zwar im Kern nicht die hier maßgebliche Rechtsfrage, sondern einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Gegenstand, die es Journalisten ermöglichen sollte, das Prozessgeschehen auf Arabisch zu verfolgen. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht immerhin als einen Grund für die große öffentliche Aufmerksamkeit den Umstand herangezogen, dass die Bundesrepublik eine Gerichtszuständigkeit für sich beansprucht, die nach allgemeinen Grundsätzen nicht bestünde, sondern die gerade dem besonderen, die internationale Gemeinschaft als Ganze berührenden Charakter der infrage stehenden Straftaten geschuldet ist; die Problematik der Immunität hat es nicht angeführt69.
Vor dem insgesamt aufgezeigten Hintergrund reichen danach vereinzelte Stimmen im völkerrechtlichen Schrifttum, welche eine funktionelle Immunität auch im Falle der nationalen Strafverfolgung von Kriegsverbrechen für gegeben halten, nicht aus, um zur Vorlage führende Zweifel zu begründen70.
UN-Antifolterkonvention
Weil aus den zuvor dargelegten Gründen unter den gegebenen Umständen ein Verfahrenshindernis der funktionellen Immunität aufgrund Völkergewohnheitsrechts zweifelsfrei nicht besteht, kann offenbleiben, ob die Ratifikation des UN-Übereinkommens vom 10.12.1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe („Antifolterkonvention“)71 ein Absehen von etwaigen Immunitäten beinhaltet72.
Deutsche Strafgerichtsbarkeit
Im Übrigen ist die deutsche Strafgerichtsbarkeit ebenfalls eröffnet. Dies gilt, wie vom Oberlandesgericht zutreffend näher dargelegt, bereits nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Mithin bedarf es keiner Ausführungen dazu, dass darüber hinaus das in § 1 Satz 1 VStGB niedergelegte Weltrechtsprinzip Anwendung findet, das sich an § 5 des auch für Afghanistan geltenden Römischen Statuts des Internationalen Gerichtshofs anlehnt73, und sich daraus eine Annexkompetenz für weitere Delikte ergeben kann74.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. Januar 2021 – 3 StR 564/19
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.12.1977 – 2 BvM 1/76, BVerfGE 46, 342, 359; BGH, Urteile vom 03.03.2016 – 4 StR 496/15, StV 2017, 103 Rn.20; vom 19.12.2017 – XI ZR 796/16, BGHZ 217, 153 Rn. 15[↩]
- vgl. Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl., § 20 Rn. 2 ff.; MünchKomm-ZPO/Zimmermann, 5. Aufl., § 20 GVG Rn. 9 f.[↩]
- vgl. zu § 20 GVG aF BGH, Urteil vom 26.09.1978 – VI ZR 267/76, NJW 1979, 1101; s. auch Verbalnote der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen vom 06.04.2017, 190/2017[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 03.07.2019 – 2 BvR 824/15 u.a., NJW 2019, 2761 Rn. 32 mwN; vgl. auch IGH, Urteil vom 03.02.2012 – 1031 – Deutschland /Italien – I.C.J. Reports 2012, 99 Rn. 55[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 03.07.2019 – 2 BvR 824/15 u.a., aaO Rn. 31 mwN[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 05.11.2003 – 2 BvR 1506/03, BVerfGE 109, 38, 54 mwN[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 05.11.2003 – 2 BvR 1506/03, aaO[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.12.1977 – 2 BvM 1/76, BVerfGE 46, 342, 367 f.[↩]
- vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 08.05.2007 – 2 BvM 1/03, BVerfGE 118, 124, 136 f.; vom 06.12.2006 – 2 BvM 9/03, BVerfGE 117, 141, 161[↩]
- vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27.10.2020 – 2 BvR 558/19 18 f.; vom 06.05.2020 – 2 BvR 331/18, NJW 2020, 3647 Rn. 18 ff.; IGH, Urteil vom 03.02.2012 – 1031 – Deutschland /Italien – I.C.J. Reports 2012, 99 Rn. 53 ff.; BGH, Urteil vom 19.12.2017 – XI ZR 796/16, BGHZ 217, 153 Rn. 16 ff.; Steinberger, State Immunity in EPIL Bd. 4, 615, 619; Isensee/Kirchhof/F. Becker, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., § 230 Rn. 81[↩]
- s. EGMR, Urteil vom 14.01.2014 – 34356/06 u.a. – Jones u.a. /Vereinigtes Königreich – ECHR 2014-I, 1 Rn.202 ff.; BGH, Urteil vom 26.09.1978 – VI ZR 267/76, NJW 1979, 1101; IStGHJ, Urteil vom 29.10.1997 – IT-95-14-AR 108 – Blaskic, Rn. 41; Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl., § 20 Rn. 3[↩]
- vgl. etwa UNWCC, Law Reports of Trials of War Criminals, Bd. VII, 1 ff., 23 ff.; Bd. XIII, 70 ff.; Bd. XIV, 23 ff.; Bulletin Criminel Cour de Cassation Chambre criminelle N. 239 [1983]; CanLII 129 (SCC), [1994] 1 SCR 701[↩]
- s. BGH, Beschluss vom 21.02.2001 – 3 StR 244/00, NJW 2001, 2732; BayObLG, Urteile vom 23.05.1997 – 3 St 20/96, NJW 1998, 392; vom 15.12.1999 – 6 St 1/99[↩]
- s. BGH, Urteil vom 21.05.2015 – 3 StR 575/14, JZ 2016, 103; OLG Frankfurt, Urteil vom 29.12.2015 – 4 – 3 StE 4/10 – 4 – 1/15[↩]
- s. zu einzelnen Beispielen Barthe, Journal of International Criminal Justice 16 [2018], 663, 665 ff.[↩]
- vgl. allgemein zur Inanspruchnahme des Einzelnen durch das Völkerstrafrecht BVerfG, Beschluss vom 18.11.2020 – 2 BvR 477/17, JZ 2021, 142 Rn. 18[↩]
- zur besonderen staatsrechtlichen Situation Deutschlands nach dem Krieg: BVerfG, Urteil vom 29.07.1952 – 2 BvE 3/51, BVerfGE 1, 351, 367; Beschluss vom 21.10.1987 – 2 BvR 373/83, BVerfGE 77, 137, 154; s. auch Art. 107 VN-Charta[↩]
- UN Doc. A/RES/95[I][↩]
- vgl. zur Unbeachtlichkeit der staatlichen Funktion bei Kriegsverbrechen auch US Department of the Army, Field Manual FM 27-10, The Law of Land Warfare vom 18.07.1956, Nr. 510[↩]
- s. BT-Drs. 14/2682 S. 100, 101; Kirsch, Wash. U. Global Stud. Law Review 6 [2007], 501; zum Ausgangspunkt für die Herausbildung einer internationalen Strafjustiz für Verbrechen gegen die Humanität auch BVerfG, Urteil vom 28.07.2005 – 2 BvR 2236/04, BVerfGE 113, 273, 297[↩]
- s. UN Doc. S/RES/827 [1993]; BVerfG, Beschluss vom 12.12.2000 – 2 BvR 1290/99, NJW 2001, 1848, 1853[↩]
- IStGHJ, Urteil vom 29.10.1997 – IT-95-14-AR 108 – Blaskic, Rn. 41; vgl. auch IStGHJ, Urteil vom 10.12.1998 – IT-95-17/1-T – Furundzija, Rn. 140[↩]
- daran anschließend Sondergerichtshof für Sierra Leone, Entscheidung vom 31.05.2004 – SCSL-2003-01-I – Taylor, Rn. 51[↩]
- s. IStGH, Urteil vom 06.05.2019 – IC- C-02/05-01/09 OA2 – Al-Bashir, Rn. 113; dazu etwa Chaitidou, ZIS 2019, 567, 574 ff.; s. allgemein auch Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 03.05.1993, UN Doc. S/25704 Rn. 55[↩]
- Supreme Court, Urteil vom 29.05.1962 – Eichmann – International Law Reports 36 [1968], 277, 308 ff.[↩]
- vgl. zur „act of state doctrine“ BVerfG, Beschluss vom 24.10.1996 – 2 BvR 1851/94 u.a., BVerfGE 95, 96, 129 mwN[↩]
- Hoge Raad, Urteil vom 18.09.2001 – 749/01 CW 2323, Netherlands Yearbook of International Law 32 [2001], 282 ff.[↩]
- Gerichtshof Amsterdam, Urteil vom 20.11.2000 – R 97/163/12 Sv u.a., Netherlands Yearbook of International Law 32 [2001], 266 ff.; insgesamt dazu Zegveld, Netherlands Yearbook of International Law 32 [2001], 98, 113 ff.[↩]
- Hoge Raad, Urteil vom 08.07.2008 – 07/10063, International Law in Domestic Courts 1071 [NL 2008][↩]
- Cour de cassation de Belgium, Beschluss vom 12.02.2003 – P.02.1139.F, Journal Tribunaux 2003, 243, 246 f. [International Legal Materials 42 <2003>, 596]; s. dazu Rau, HuV-I 2003, 92; d’Argent, Journal Tribunaux 2003, 247, 250 ff.[↩]
- Tribunal Constitutional, Urteil vom 26.09.2005 – 237/2005, Boletin Oficial del Estado 2005 Nr. 258 – 17753, 45 [International Law in Domestic Courts 137 ]; zur vorangehenden Entscheidung des Tribunal Supremo s. Benavides, International Legal Materials 42 [2003], 683, 684 f.[↩]
- Suprema Corte di Cassazione, Beschluss vom 24.07.2008 – 31171/2008, International Law in Domestic Courts 1085 [IT 2008]; dazu Tondini/Bertolin, Quaderni Constituzionali 28 [2008], 897[↩]
- Bundesgericht, Beschluss vom 25.07.2012 – BB.2011.140, Arrêts du Tribunal Pénal Fédéral Suisse 2012, 97, 113 f.[↩]
- Cour de cassation, Entscheidung vom 16.10.2018 – 16-84.436, Bulletin des arrêts de la chambre criminelle 2018, 560, 563; s. auch Cour de cassation, Entscheidungen vom 19.03.2013 – 12-81.676, Bulletin des arrêts de la chambre criminelle 2013, 124; vom 23.11.2004 – 04-84.265, Bulletin criminel 2004, 1096; vom 13.03.2001 – 00-87.215, Bulletin criminel 2001, 218[↩]
- BGH, Urteil vom 30.07.1993 – 3 StR 347/92, BGHSt 39, 260, 263; vgl. auch Beschluss vom 29.05.1991 – StB 11/91, NJW 1991, 2498, 2499[↩]
- s. BGH, Urteil vom 21.05.2015 – 3 StR 575/14, JZ 2016, 103 [Völkermord unter Beteiligung eines ruandischen Bürgermeisters]; Beschlüsse vom 21.02.2001 – 3 StR 244/00, NJW 2001, 2732 [Beihilfe zum Völkermord durch den Leiter einer örtlichen Polizeistation in Bosnien-Herzegowina]; vom 06.06.2019 – StB 14/19, BGHSt 64, 89; vom 05.09.2019 – AK 47/19 7 ff.; vom 09.10.2019 – AK 54/19, juris [Folterungen durch Geheimdienstmitarbeiter in Syrien]; vom 16.05.2019 – AK 23/19 [in dieser Sache][↩]
- zur Bedeutung der Völkerrechtskommission: BVerfG, Beschluss vom 06.12.2006 – 2 BvM 9/03, BVerfGE 117, 141, 161; s. auch IGH, Urteil vom 03.02.2012 – 1031 – Deutschland /Italien – I.C.J. Reports 2012, 99 Rn. 56[↩]
- s. Yearbook of the International Law Commission 2007, Volume – II Part 2 Rn. 376; grundlegend auch Memorandum des Sekretariats der Generalversammlung vom 31.03.2008, UN Doc. A/CN.4/596[↩]
- s. etwa Kolodkin, Second report on immunity of State officials from foreign criminal jurisdiction, UN Doc. A/CN.4/631, 425[↩]
- Escobar Hernández, Fifth report on immunity of State officials from foreign criminal jurisdiction, UN Doc. A/CN.4/701, 73 f.[↩]
- aaO S. 78[↩]
- Escobar Hernández, Sixth report on immunity of State officials from foreign criminal jurisdiction, UN Doc. A/CN.4/722, 5; vgl. kritisch etwa Nolte, A/CN.4/SR.3365, 3 ff.[↩]
- UN Doc. A/CN.4/722, 6 f.; vgl. zur weiteren Entwicklung die anschließenden beiden Berichte UN Doc. A/CN.4/729, 4 f., 7; A/CN.4/739; zusammenfassend Kittichaisaree, The Obligation to Extradite or Prosecute, 2018, 254 ff.; Ascensio/Bonafe, RGDIP 122 [2018], 821 ff.; s. auch Ambos/Kreß, Rome Statute of the International Criminal Court, 4. Aufl., Art. 98 Rn. 65 ff.[↩]
- s. General Assembly, Official Records, UN Doc. A/C.6/72/SR.24, 13[↩]
- vgl. General Assembly, Official Records, UN Doc. A/C.6/71/SR.29, 4[↩]
- vgl. Rede zum 75. Jahrestag des Beginns der Nürnberger Prozesse am 20.11.2020[↩]
- s. BT-PlPr.19/185 S. 23289[↩]
- vgl. etwa MünchKomm-StGB/Ambos, 4. Aufl., Vor § 3 Rn. 135 ff.; Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, 5. Aufl., Rn. 811; Ambos/Kreß, Rome Statute of the International Criminal Court, 4. Aufl., Art. 98 Rn. 31; Triffterer/Ambos/Burchard, Rome Statute of the International Criminal Court, 3. Aufl., Art. 27 Rn. 16; Folz/Soppe, NStZ 1996, 576, 578 f.; Talmon in Paulus u.a., Internationales, nationales und privates Recht: Hybridisierung der Rechtsordnungen? Immunität, 2014, 313, 324 ff.; Tomuschat in Paulus u.a., Internationales, nationales und privates Recht: Hybridisierung der Rechtsordnungen? Immunität, 2014, 405; Mettraux/Dugard/du Plessis, International Criminal Law Review 18 [2018], 577, 593 ff.; Cassese u.a., Cassese’s International Criminal Law, 3. Aufl., 240 ff.; Pedretti, Immunity of Heads of State and State Officials for International Crimes, 2013, 190, 307 f.; dezidiert Kreicker, Völkerrechtliche Exemtionen, 2007, 219; ders., JR 2015, 298 ff.; ambivalent bei „normalen Staatsorganen“ Dörr, AVR 41 [2003], 201, 218 f.[↩]
- s. beispielsweise Fox/Webb, The Law of State Immunity, 3. überarbeitete Aufl., 570 ff.; van der Wilt in Ruys/Angelet/Ferro, The Cambridge Handbook of Immunities and International Law, 2019, 595, 605; Wuerth, AJIL 106 [2012], 731; Huang, Chinese Journal of International Law 2014, 1; Murphy, American Journal of International Law Unbound 112 [2018], 4; vgl. auch van Alebeek in Ruys/Angelet/Ferro, The Cambridge Handbook of Immunities and International Law, 2019, 496, 517 f.; d’Argent/Lesaffre, The Cambridge Handbook of Immunities and International Law, 2019, 614[↩]
- vgl. etwa IGH, Urteil vom 14.02.2002 – 837 – Kongo /Belgien – I.C.J. Reports 2002, 3 Rn. 51 [s. auch EuGRZ 2003, 563]; BGH, Beschluss vom 14.12.1984 – 2 ARs 252/84, BGHSt 33, 97, 98[↩]
- s. BGH, Urteil vom 30.07.1993 – 3 StR 347/92, BGHSt 39, 260, 263[↩]
- vgl. beispielsweise Supreme Court of Appeal [Südafrika], Urteil vom 15.03.2016 – 867/15, Rn. 84; Verfügung des Generalbundesanwalts vom 24.06.2005 – 3 ARP 654/03-2[↩]
- EGMR, Urteil vom 21.11.2001 – 35763/97 – Al-Adsani /Vereinigtes Königreich – ECHR 2001-XI, 79 Rn. 61 [EuGRZ 2002, 403][↩]
- EGMR, Urteil vom 14.01.2014 – 34356/06 u.a. Jones u.a. /Vereinigtes Königreich – ECHR 2014-I, 1 Rn. 215; vgl. dazu Kloth, AVR 52 [2014], 256, 278[↩]
- IGH, Urteil vom 03.02.2012 – 1031 – Deutschland /Italien, I.C.J. Reports 2012, 99 Rn. 91[↩]
- s. beispielsweise BVerfG, Beschlüsse vom 06.05.2020 – 2 BvR 331/18, NJW 2020, 3647 Rn. 14 ff.; vom 17.03.2014 – 2 BvR 736/13, NJW 2014, 1723 Rn.20 mwN; vom 06.12.2006 – 2 BvM 9/03, BVerfGE 117, 141; vom 15.02.2006 – 2 BvR 1476/03, BVerfGK 7, 303, 307[↩]
- vgl. etwa BGH, Urteile vom 26.06.2003 – III ZR 245/98, BGHZ 155, 279, 283; vom 19.12.2017 – XI ZR 796/16, BGHZ 217, 153 Rn. 15 ff. mwN[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.06.1997 – 2 BvR 1516/96, BVerfGE 96, 68, 84 f.[↩]
- BVerfG aaO S. 90[↩]
- BVerfG aaO S. 91 mwN[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 15.05.1995 – 2 BvL 19/91 u.a., BVerfGE 92, 277, 321[↩]
- vgl. zum Schuldspruch wegen tateinheitlich begangener allgemeiner Straftaten BGH, Beschluss vom 21.02.2001 – 3 StR 244/00, NJW 2001, 2732[↩]
- vgl. dazu BT-Drs. 14/8524 S. 12; zur Antifolterkonvention BT-Drs. 11/5459 S. 24 f.[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 31.03.1987 – 2 BvM 2/86, BVerfGE 75, 1, 11[↩]
- BVerfG, Beschlüsse vom 13.12.1977 – 2 BvM 1/76, BVerfGE 46, 342, 362 f.; vom 12.04.1983 – 2 BvR 678/81 u.a., BVerfGE 64, 1, 14 mwN[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 12.10.2011 – 2 BvR 2984/09, BVerfGK 19, 122 Rn. 128 mwN[↩]
- s. BVerfG, Beschluss vom 08.05.2007 – 2 BvM 1/03, BVerfGE 118, 124, 133; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 12.04.1983 – 2 BvR 678/81 u.a., BVerfGE 64, 1, 14 ff.[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 30.01.2008 – 2 BvR 793/07, BVerfGK 13, 246, 250 mwN[↩]
- s. BVerfG, Beschluss vom 18.08.2020 – 1 BvR 1918/20, NJW 2020, 3166 Rn. 11[↩]
- s. zur Unbeachtlichkeit von Stimmen in der Rechtsprechung anderer Staaten und dem Schrifttum auch BVerfG, Beschluss vom 06.05.2020 – 2 BvR 331/18, NJW 2020, 3647 Rn. 30[↩]
- s. BGBl. II 1990, 247 ff.; für Afghanistan BGBl. II 1993 S. 715, 717[↩]
- vgl. dazu – mit uneinheitlicher Begründung – House of Lords, Urteil vom 24.03.1999 – R v Bow Street Metropolitan Stipendiary Magistrate and others, ex parte Pinochet Ugarte – All England Law Reports 1999, 97 ff., 148 ff., 168 ff., 179; Kittichaisaree, The Obligation to Extradite or Prosecute, 2018, 247; Akande/Shah, EJIL 21 [2011], 815, 841 f.; kritisch Talmon in Paulus u.a., Internationales, nationales und privates Recht: Hybridisierung der Rechtsordnungen? Immunität, 2014, 313, 331 f.; s. auch Wuerth, AJIL 106 [2012], 731; ambivalent die britische Stellungnahme im Sechsten Komitee der Generalversammlung, UN Doc. A/C.6/66/SR.28, 4[↩]
- vgl. BT-Drs. 14/8524 S. 14; BGBl. II 2003 S. 422[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 30.04.1999 – 3 StR 215/98, BGHSt 45, 64, 69 f.; Beschluss vom 06.06.2019 – StB 14/19, BGHSt 64, 89 Rn. 71[↩]