Gebührenansprüche des Verteidigers bei verbundenen Verfahren

Eine Terminsgebühr für ein erst im Hauptverhandlungstermin eröffnetes und hinzuverbundenes Verfahren entsteht nur, wenn vor der Verbindung eine Hauptverhandlung in dieser Sache stattgefunden hat. Erörterungen vor Verkündung des Eröffnungsbeschlusses sind solche nach § 202a StPO und lösen keine Terminsgebühr des Verteidigers aus.

Gebührenansprüche des Verteidigers bei verbundenen Verfahren

Nach Vorbemerkung 4 (3) VV entsteht die Terminsgebühr für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Nr. 4108 VV weist als Terminsgebühr je Hauptverhandlungstag in Verfahren des ersten Rechtszuges vor dem Amtsgericht für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Verteidiger eine Gebühr in Höhe von 184,00 € aus.

Für die Entstehung einer Terminsgebühr bei Verfahren, die erst in der Hauptverhandlung verbunden werden, kommt es darauf an, dass in allen Verfahren eine Hauptverhandlung stattgefunden hat1.

Vorliegend hat vor der Verbindung des Verfahrens zum führenden Verfahren keine eigenständige Hauptverhandlung in dieser Sache stattgefunden. Dabei kommt es nicht darauf an, dass in der später hinzuverbundenen Sache kein Termin anberaumt war. Eine Terminsgebühr entsteht nämlich nicht nur, wenn eine Hauptverhandlung anberaumt war2. Eine solche kann vielmehr auch dann stattfinden, wenn der Angeklagte und der Verteidiger auf die dispositiven Förmlichkeiten und Fristen verzichten. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass kein ausdrücklicher Aufruf des hinzuverbundenen Verfahrens erfolgt ist. Denn der Aufruf der Sache ist keine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens. Unterbleibt er, so ist der Beginn der Hauptverhandlung deshalb von dem Zeitpunkt an anzunehmen, in welchem der Vorsitzende kundgibt, die Verhandlung durchführen zu wollen3.

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In der Mitteilung des Vorsitzenden, dass das Gericht eine Hinzuverbindung beabsichtige, ist jedoch noch kein Beginn der Hauptverhandlung zu sehen. Denn die Durchführung der Hauptverhandlung war noch nicht möglich, weil es noch an der Prozessvoraussetzung eines Eröffnungsbeschlusses (§§ 2 Abs. 2 JGG, 203, 207 StPO) fehlte und dem Jugendrichter dadurch die Durchführung der Hauptverhandlung verboten war4. Aus demselben Grund liegt auch in der Erklärung des Verteidigers, dass er mit der Verhandlung in dieser Sache einverstanden sei und auf die Einhaltung sämtlicher Fristen verzichte, noch keine Durchführung einer Hauptverhandlung. Bei den in diesem Zusammenhang geführten Gesprächen handelt es sich vielmehr um Erörterungen gem. § 202 a StPO. Dafür ist ein eigenständiger Titel nach dem RVG nicht vorgesehen. Auch eine analoge Heranziehung anderer Gebührentitel kommt nicht in Betracht5. Die von dem Verteidiger in diesem Zusammenhang entfalteten Tätigkeiten sind vielmehr durch die Grund- und Verfahrensgebühr abgegolten.

Nach der sodann erfolgten Verbindung der Verfahren und anschließenden Eröffnung des hinzuverbundenen Verfahrens lag kein eingeständiges Verfahren mehr vor, so dass auch keine eigene Terminsgebühr angefallen ist6.

Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 19. November 2012 – 1 Ws 183/12

  1. OLG Dresden, NStZ-RR 2009, 128; Burhoff in Gerold/Schmidt, 20. Auflage, 2012, 4108-411 VV Rdn. 12[]
  2. Gerold/Schmidt aaO[]
  3. OLG Dresden aaO[]
  4. vgl. BGH NStZ-RR 2011, 150[]
  5. LG Osnabrück, Beschluss vom 17.08.2011 bei Burhoff, RVG-Entscheidungen; KG RVGreport 2006, 151[]
  6. vgl. OLG Dresden aaO[]
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