Zwei Verfassungsbeschwerden gegen Anordnung der Speicherung des „genetischen Fingerabdrucks“ waren vor dem Bundesverfassungsgericht jetzt erfolgreich. Die Beschwerdeführer wendeten sich gegen die Anordnung der Entnahme von Körperzellen und deren molekulargenetische Untersuchung im Zusammenhang mit gegen sie geführten Strafverfahren.

Das Bundesverfassungsgericht hat in den beiden jetzt entschiedenen Fällen die Anwendung der Bestimmung des § 81g Abs. 1 StPO für verfassungswidrig erklärt. Diese Entscheidung erfolgte im Anschluss an die grundsätzliche Billigung der Vorschriften über den „genetischen Fingerabdruck“ bei verurteilten Straftätern (BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2000 – 2 BvR 1741/99 -, BVerfGE 103, 21)).
Die zwei Beschwerdeführer waren jeweils zu Freiheitsstrafen auf Bewährung verurteilt worden. Das Amtsgericht Augsburg bzw. in dem anderen Fall das Amtsgericht Hannover hatten die Entnahme von Speichel- oder Blutproben und die Speicherung des „genetischen Fingerabdrucks“ auf der Grundlage von § 81g Abs. 1 StPO angeordnet. Die Rechtsmittel der Beschwerdeführer blieben vor dem Landgericht Augsburg bzw. dem Landgericht Hannover erfolglos. Gegen die Entscheidungen der Amts- und Landgerichte hatten die Beschwerdeführer jeweils Verfassungsbeschwerde erhoben.
Die Beschlüsse der Amts- und Landgerichte verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG). Die Begründungen der Beschlüsse lassen, so das BVerfG, jeweils nicht erkennen, dass die erforderliche umfangreiche und gründliche Prüfung des Einzelfalls durchgeführt worden ist. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Speicherung des „genetischen Fingerabdrucks“ nur bei angemessener Berücksichtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung angeordnet werden darf. Dazu ist das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen jeweils einzelfallbezogen darzulegen. In die vorzunehmende Würdigung ist insbesondere eine Strafaussetzung zur Bewährung einzubeziehen, die nicht automatisch die negative Prognose ausschließt. Will das Gericht von der im Rahmen der Bewährungsentscheidung getroffenen positiven Prognose abweichen, muss dies jedoch im Einzelnen begründet werden.
In dem zweiten Fall1 hat das BVerfG zudem beanstandet, dass die Prognose, der Beschwerdeführer werde auch künftig Straftaten begehen, mit früheren Verurteilungen begründet worden war, die nach den einschlägigen Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes zum Nachteil des Beschwerdeführers nicht mehr verwertet werden durften.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22. Mai 2009 – 2 BvR 287/09, 2 BvR 400/09
- 2 BvR 400/09[↩]