Gesetzlich vertypte Milderungsgründe – und der Sonderstrafrahmen eines minder schweren Falls

Sieht das Gesetz den Sonderstrafrahmen eines minder schweren Falles vor und ist – wie hier gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB – auch ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund gegeben, so muss bei der Strafrahmenwahl zunächst geprüft werden, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt.

Gesetzlich vertypte Milderungsgründe – und der Sonderstrafrahmen eines minder schweren Falls

Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung vorab auf die allgemeinen Strafzumessungsgründe abzustellen. Vermögen bereits diese die Annahme eines minder schweren Falles allein zu tragen, stehen die den gesetzlich vertypten Milderungsgrund verwirklichenden Umstände noch für eine (weitere) Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB zur Verfügung.

Ist jedoch nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falles abzulehnen, so sind zusätzlich die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände in die gebotene Gesamtabwägung einzubeziehen.

Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin die Anwendung des milderen Sonderstrafrahmens nicht für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrundes herabgesetzten Regelstrafrahmen zugrunde legen1.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 521/14

  1. st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 27.04.2010 – 3 StR 106/10, NStZ-RR 2010, 336 ; vom 05.08.2014 – 3 StR 138/14 6[]
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