Hamburger Zweitwohnungsteuer – und die gemeinsame Hauptwohnung

Die Befreiungsvorschrift des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG bestimmt die gemeinsame Hauptwohnung von Eheleuten unter Rückgriff auf das Melderecht. Maßgeblich ist, ob die melderechtlichen Voraussetzungen für die Annahme einer gemeinsamen Hauptwohnung vorliegen, nicht aber, ob eine Meldung als Hauptwohnung tatsächlich erfolgt ist.

Hamburger Zweitwohnungsteuer – und die gemeinsame Hauptwohnung

Das Gesetz stellt insoweit lediglich auf das Vorliegen der melderechtlichen Voraussetzungen, nicht aber auf die tatsächlich erfolgte Meldung ab. Es genügt für die Gewährung der Befreiung, dass das Haus die vorwiegend benutzte Wohnung der Eheleute und damit melderechtlich deren Hauptwohnung war.

Nach § 1 HmbZWStG unterliegt das Innehaben einer Zweitwohnung in der Freien und Hansestadt Hamburg der Zweitwohnungsteuer. Zweitwohnung ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 HmbZWStG jede Wohnung im Sinne des Absatzes 3 der Vorschrift, die dem Eigentümer oder Hauptmieter als Nebenwohnung im Sinne des Hamburgischen Meldegesetzes (HmbMG) bzw. des Bundesmeldegesetzes (BMG) dient. Eine Wohnung dient als Nebenwohnung i.S. des HmbMG bzw. des BMG, wenn sie von einer dort mit Nebenwohnung gemeldeten Person bewohnt wird (§ 2 Abs. 4 Satz 1 HmbZWStG).

Die Regelungen in § 2 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 HmbZWStG knüpfen ausdrücklich an die Anmeldung einer Nebenwohnung und an die tatsächliche Nutzung dieser Wohnung durch die angemeldete Person an1. Auf das Vorliegen der melderechtlichen Voraussetzungen der Nebenwohnung kommt es hingegen nicht an2.

Gemäß § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG gilt § 2 Abs. 1 HmbZWStG nicht für Wohnungen, die eine verheiratete oder in Lebenspartnerschaft lebende Person, die nicht dauernd getrennt von ihrem Ehe- oder Lebenspartner lebt, aus überwiegend beruflichen Gründen innehat, wenn die gemeinsame Wohnung die Hauptwohnung und außerhalb des Gebietes der Freien und Hansestadt Hamburg belegen ist. Erfüllt eine Wohnung in Hamburg diese Voraussetzungen, gilt sie nicht als Zweitwohnung, mit der Folge, dass Zweitwohnungsteuer nicht anfällt3.

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§ 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG gewährt in verfassungsrechtlich zulässiger Weise die Befreiung von der Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer wegen der bestehenden ehelichen und familiären Bindungen und Verpflichtungen4 und der durch das Auseinanderfallen von Familienwohnort und Beschäftigungsort hervorgerufenen Belastungen5.

Die Befreiungsvorschrift des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG bestimmt die gemeinsame Hauptwohnung von Eheleuten unter Rückgriff auf das Melderecht6. Maßgeblich ist, ob die melderechtlichen Voraussetzungen für die Annahme einer gemeinsamen Hauptwohnung vorliegen, nicht aber, ob eine Meldung als Hauptwohnung tatsächlich erfolgt ist.

Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG. Dieser knüpft nicht an eine tatsächliche Meldung, sondern ausdrücklich (nur) an den Familienstand, das nicht dauernd getrennt Leben und an die auswärtige Lage der gemeinsamen Wohnung der Eheleute bzw. der Familie an. Der Gesetzgeber greift insoweit zwar auf den melderechtlichen Begriff der Hauptwohnung zurück, verzichtet dabei jedoch bewusst auf die Anknüpfung an eine tatsächliche Meldung. Bestätigt wird diese Auslegung durch die Tatsache, dass der Gesetzgeber -abweichend hierzu- bei der Bestimmung der Nebenwohnung (vgl. § 2 Abs. 4 HmbZWStG) ausdrücklich auf eine entsprechende Meldung abstellt. Der Gesetzesbegründung7 lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass es zur Bestimmung der gemeinsamen Hauptwohnung auf die tatsächliche Meldung ankommt. Vielmehr ist auch hier lediglich davon die Rede, dass die außerhalb Hamburgs belegene Ehe- bzw. Familienwohnung melderechtlich die Hauptwohnung ist.

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Ein anderes Normverständnis ergibt sich auch nicht daraus, dass die Gesetzesbegründung auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 20058 Bezug nimmt. Denn die Bezugnahme lässt nicht ohne weiteres den Schluss zu, der Gesetzgeber habe die Steuerbefreiung nach § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG ausschließlich auf die vom BVerfG entschiedenen Fallgestaltungen beschränken wollen, zumal das BVerfG in seiner Entscheidung ausdrücklich offen gelassen hat, ob Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes auch in anderen Fallkonstellationen der Zweitwohnungsteuererhebung verletzt sein kann9.
cc)) Dementsprechend kann § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG nicht dahin verstanden werden, dass die Befreiung der Erwerbswohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten von der Zweitwohnungsteuer eine tatsächliche Meldung (auch) des Ehepartners in der von den Eheleuten gemeinsam genutzten Wohnung voraussetzt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die melderechtlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Hauptwohnung beider Ehegatten vorliegen. Dabei besteht eine entsprechende Meldepflicht, die durch das Beziehen einer Wohnung ausgelöst wird, unabhängig davon, ob die Person die Wohnung in rechtlich zulässiger Weise bewohnt. Die meldepflichtige Person muss sich daher auch dann fristgerecht anmelden, wenn sie eine etwa erforderliche Aufenthaltserlaubnis nicht besitzt10.

Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts Hamburg11 setzt die Anwendung des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG auch nicht zwingend das Vorliegen einer melderechtlichen Zwangslage voraus12. Dies folgt bereits daraus, dass § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG die aus überwiegend beruflichen Gründen in Hamburg gehaltene Nebenwohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Ehepartners unabhängig vom zeitlichen Umfang der Nutzung der Nebenwohnung von der Zweitwohnungsteuer befreit13. Damit gewährt die Vorschrift die Befreiung nicht nur dann, wenn der verheiratete Nutzer die Wohnung am Beschäftigungsort trotz deren vorwiegender Nutzung aufgrund der melderechtlichen Bestimmungen (vgl. § 22 Abs. 1 BMG) nicht zum Hauptwohnsitz bestimmen und damit der Zweitwohnungsteuer entgehen kann, sondern auch dann, wenn die Wohnung am Beschäftigungsort nicht vorwiegend genutzt wird und aus diesem Grunde keine melderechtliche Zwangslage besteht14.

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Die gemeinsame Hauptwohnung von Eheleuten i.S. des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG bestimmt sich im Streitfall demnach unter Rückgriff auf die Bestimmungen des Hamburger Meldegesetzes15 bzw. des Bundesmeldegesetzes16 und somit danach, ob die Wohnung die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie bzw. Eheleute ist.

Hat ein Einwohner mehrere Wohnungen im Inland, ist gemäß § 21 Abs. 1 BMG bzw. § 15 Abs. 1 HmbMG eine dieser Wohnungen seine Hauptwohnung. Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners (§ 21 Abs. 2 BMG, § 15 Abs. 2 HmbMG), Nebenwohnung ist jede weitere Wohnung des Einwohners im Inland (§ 21 Abs. 3 BMG, § 15 Abs. 3 HmbMG). Hauptwohnung eines verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie oder seinem Lebenspartner lebt, ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 2 HmbMG, § 22 Abs. 1 BMG; vgl. zur Hauptwohnung bei Verheirateten auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.03.2002 – 6 C 12/01, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 2579, noch zum Melderechtsrahmengesetz; Allgemeine Verwaltungsvorschrift des BMI in BAnz AT 30.10.2015 B 2, Tz 22.01.; vgl. auch BFH, Urteil in BFHE 251, 569). In Zweifelsfällen ist die vorwiegend benutzte Wohnung dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Einwohners liegt (§ 22 Abs. 3 BMG, § 15 Abs. 2 Satz 5 HmbMG).

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. Juni 2020 – VIII R 37/18

  1. vgl. BFH, Urteil vom 30.09.2015 – II R 13/14, BFHE 251, 569, unter Verweis auf BFH, Urteil vom 13.04.2011 – II R 67/08, BFHE 234, 90, BStBl II 2012, 389[]
  2. vgl. BFH, Urteile vom 05.03.1997 – II R 28/95, BFHE 182, 243, BStBl II 1997, 469, und – II R 41/95, BFHE 182, 249; in BFHE 234, 90, BStBl II 2012, 389[]
  3. BFH, Urteil in BFHE 251, 569[]
  4. vgl. z.B. § 1353 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs[]
  5. vgl. BFH, Urteil in BFHE 251, 569; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 31.10.2016 – 1 BvR 871/13, 1 BvR 1833/13, HFR 2017, 172[]
  6. so im Ergebnis auch BFH, Urteil in BFHE 251, 569[]
  7. vgl. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, Drucks 18/3627, S. 2[]
  8. BVerfG, Beschluss vom 11.10.2005 – 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03, BVerfGE 114, 316[]
  9. vgl. auch BFH, Urteil in BFHE 251, 569[]
  10. vgl. BMI, Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Bundesmeldegesetzes vom 28.10.2015 – V – II 2 – 20104/140#12, BAnz AT 30.10.2015 B 2, Tz 17.01.02.; vgl. Süßmuth in Süßmuth, BMG, § 17 Rz 9; Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, BMG § 17 Rz 1; vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 28.03.2018 – 17 L 520/18[]
  11. FG Hamburg, Urteil vom 09.01.2018 – 1 K 196/16[]
  12. vgl. zum Begriff der melderechtlichen Zwangslage z.B. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 114, 316[]
  13. vgl. BFH, Urteil in BFHE 251, 569[]
  14. vgl. hierzu im Ergebnis BFH, Urteil in BFHE 251, 569[]
  15. HmbMG; gültig bis 31.10.2015[]
  16. BMG; gültig ab 01.11.2015[]
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