Dem Erziehungsgedanken bei der Bestimmung von Art und Dauer der Sanktion für die Tat des zum Zeitpunkt der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils bereits 23 Jahre und fast sieben Monate alten und damit im strafrechtlichen Sinne erwachsenen Angeklagten kann bereits nach der bisherigen Rechtsprechung ein allenfalls geringes Gewicht zukommen [1].

Schon dieser Rechtsfehler führt dazu, dass der Strafausspruch nicht bestehen bleiben kann. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mußte deshalb hier nicht entscheiden, ob er in vollem Umfang der neueren Auffassung des 1. Strafsenats zustimmen könnte, der nunmehr weiter gehend und der – soweit ersichtlich – überwiegenden Ansicht in der Literatur [2] folgend dazu neigt, bei einer auf die Schwere der Schuld gestützten Jugendstrafe die Erziehungsfähigkeit und bedürftigkeit des jugendlichen oder heranwachsenden Straftäters generell nicht zu berücksichtigen [3].
Er gibt allerdings zu erwägen, dass insbesondere auch verfassungsrechtliche Vorgaben [4] Anlass dazu sein könnten, die bisherige Rechtsprechung dahin weiter zu entwickeln, dass bei der Verhängung von Sanktionen gegen Straftäter, die zum Zeitpunkt ihrer Verurteilung bereits das 21. Lebensjahr vollendet haben und somit im strafrechtlichen Sinne als erwachsen gelten, der Erziehungsgedanke nicht mehr nur von geringem Gewicht sein kann, sondern insgesamt kein taugliches Strafzumessungskriterium mehr ist.
Dies könnte mit Blick auf § 89b Abs. 1 Satz 2 JGG jedenfalls für solche Täter gelten, die zu dem genannten Zeitpunkt das 24. Lebensjahr vollendet haben und deren Jugendstrafe deshalb regelmäßig im Strafvollzug für Erwachsene zu vollziehen ist [5].
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. August 2015 – 3 StR 214/15
- vgl. BGH, Beschluss vom 17.03.2006 – 1 StR 577/05, NStZ 2006, 587, 588; Urteil vom 31.08.2004 – 1 StR 213/04 12[↩]
- vgl. etwa Brunner/Dölling, JGG, 12. Aufl., § 17 Rn. 14b; MünchKomm-StGB/Radtke, JGG § 17 Rn. 60; HK-JGG/Laue, 2. Aufl., § 17 Rn. 28; aA etwa Eisenberg, JGG, 17. Aufl., § 17 Rn. 34a[↩]
- BGH, Beschluss vom 06.05.2013 – 1 StR 178/13, BGHR JGG § 17 Abs. 2 Schwere der Schuld 5 mit Anmerkung Eisenberg, NStZ 2013, 636[↩]
- vgl. Budelmann, Jugendstrafrecht für Erwachsene?, S. 80 ff.[↩]
- vgl. Eisenberg NStZ 2013, 636, 637[↩]
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