Die Möglichkeit, § 227 StGB aufgrund einer Körperverletzung durch Unterlassen zu verwirklichen, ist in der Rechtsprechung anerkannt1.

Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der Rechtsauffassung des 4. Strafsenats, eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen komme nur in Betracht, wenn erst durch das Unterbleiben der gebotenen Handlung eine Todesgefahr geschaffen wird2, in dieser Allgemeinheit gefolgt werden könnte3. Denn auch nach der Auffassung des 4. Strafsenats ist dieser Zusammenhang zwischen dem Unterlassen und der tödlichen Folge jedenfalls dann gegeben, wenn dem unterlassenden Garanten anzulasten ist, die zum Tode führenden Gewalthandlungen des aktiv Handelnden nicht verhindert zu haben4.
Dabei muss sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erfüllung des Tatbestandes des § 227 StGB der Vorsatz des Unterlassungstäters auf solche Körperverletzungen des aktiv Handelnden beziehen, denen die spezifische Gefahr anhaftet, zum Tode des Opfers zu führen5.
Der Vorsatz des Garanten muss sich bei einer Unterlassungstat nach § 227 StGB nur auf die Eignung der Körperverletzungshandlung, die Todesgefahr zu begründen, beziehen, nicht dagegen auf den Tod des Opfers als Ergebnis des Körperverletzungserfolgs.
Hinsichtlich der tödlichen Folge genügt in subjektiver Hinsicht Fahrlässigkeit (§ 18 StGB). Die qualifizierende Tatfolge muss daher lediglich vorhersehbar sein.
Für deren Vorhersehbarkeit reicht es aus, dass der Täter die Möglichkeit des Todeserfolgs im Ergebnis hätte erkennen können. Einer Voraussehbarkeit aller Einzelheiten des zum Tode führenden Geschehensablaufs bedarf es nicht6.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. Januar 2017 – 3 StR 479/16
- BGH, Urteil vom 22.11.2016 – 1 StR 354/16, NJW 2017, 418, 419 f. mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 20.07.1995 – 4 StR 129/95, NStZ 1995, 589, 590[↩]
- vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 20.07.2006 – 3 StR 244/06, StraFo 2006, 466 f.; Urteil vom 22.11.2016 – 1 StR 354/16, NJW 2017, 418, 420[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 30.03.1995 – 4 StR 768/94, BGHSt 41, 113, 117 ff.; vom 20.07.1995 – 4 StR 129/95, NStZ 1995, 589, 590[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 30.03.1995 – 4 StR 768/94, BGHSt 41, 113, 118[↩]
- BGH, Urteil vom 10.06.2009 – 2 StR 103/09, NStZ-RR 2009, 309, 310[↩]