Die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf der Grundlage der dem Täter bekannten Umstände zu bestimmen und wesentlicher Indikator sowohl für das Wissens- als auch für das Willenselement des bedingten Tötungsvorsatzes1.

Dabei kann der indubio-Grundsatz nicht bereits auf die einzelnen Indizien angewendet werden2. So spricht etwa nicht gegen einen Tötungsvorsatz das Nachtatgeschehen, im hier entschiedenen Fall also der Suizidversuch der Angeklagten, ferner, dass sie sich die Tat nicht zunutze gemacht habe und ein Tötungsmotiv nicht ersichtlich sei. All dies schließt indes einen bedingten Tötungsvorsatz nicht aus, zumal mit ihm handelnde Täter kein Tötungsmotiv haben, sondern einem anderen Handlungsantrieb nachgehen3. Der Zweifelssatz bedeutet auch nicht, dass von der dem Angeklagten je- weils (denkbar) günstigsten Fallgestaltung auch dann auszugehen ist, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen. Unterstellungen zugunsten des Täters sind vielmehr nur dann rechtsfehlerfrei, wenn der Tatrichter hierfür reale Anknüpfungspunkte hat4.
Für den Körperverletzungsvorsatz im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB ist neben dem zumindest bedingten Verletzungsvorsatz erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Täter die Umstände erkennt, aus denen sich die allgemeine Gefährlichkeit des Tuns in der konkreten Situation für das Leben des Opfers ergibt, auch wenn er sie nicht als solche bewertet5.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. März 2015 – 4 StR 442/14
- vgl. nur BGH, Urteil vom 23.02.2012 – 4 StR 608/11, NStZ 2012, 443, 444; BGH, Urteil vom 04.04.2013 – 3 StR 37/13, BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 64[↩]
- vgl. dazu Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 261 Rn. 26 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 23.02.2012 – 4 StR 608/11, NStZ 2012, 443, 445[↩]
- st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 13.12 2012 – 4 StR 177/12, NStZ-RR 2013, 117, 118; BGH, Urteil vom 20.05.2009 – 2 StR 576/08, NStZ 2009, 630[↩]
- BGH, Urteil vom 04.11.1988 – 1 StR 262/88, BGHSt 36, 1, 15[↩]