Eine Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (hier: Kokain) ist aufzuheben, wenn in den Urteils-gründen nicht dargelegt wird, dass es sich bei dem Test (hier: ESA-Schnelltest), mit dem der Betäubungsmittelnachweis erfolgte, um ein wissenschaftlich abgesichertes und in der Praxis als zuverlässig anerkanntes Standardverfahren handelt1.

Im hier vom Oberlandesgericht Braunschweig entschiedenen Fall hatte das Landgericht seine Annahme, dass die sichergestellten „Kügelchen“ Kokain enthalten, allein auf das positive Ergebnis eines von einer Polizeibeamten durchgeführten ESA-Tests gestützt. Es hat in den Urteilsgründen indes nicht dargelegt, ob es sich bei dem ESA-Test um ein wissenschaftlich abgesichertes und in der Praxis als zuverlässig anerkanntes Standardverfahren zum sicheren Nachweis von Kokain handelt.
Da der genannte Test dem Oberlandesgericht Braunschweig nicht als ein solcher bekannt ist, der diesen Anforderungen genügt, und das Oberlandesgericht somit aus eigener Sachkunde dessen Zuverlässigkeit nicht einschätzen kann, ist anhand der Urteilsgründe die gebotene Überprüfung nicht möglich2.
Für das weitere Verfahren weist das Oberlandesgericht darauf hin, dass ein für die Strafzumessung relevanter Rechtsfehler ferner darin liegt, dass das Landgericht den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs.1 Nr.1 BtMG) zu einer Einzelstrafe von sechs Monaten verurteilt hat, ohne den Wirkstoffgehalt des Betäubungsmittels festzustellen. Feststellungen zur Qualität und zur Wirkstoffmenge des gehandelten Rauschgifts sind für die Bestimmung des Schuldumfangs von wesentlicher Bedeutung3. Das Landgericht hat lediglich ausgeführt, dass der Angeklagte dem Zeugen K zwei Cellophankügelchen übergeben habe, in denen sich „u.a. Kokain“ befunden habe.
Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 28. September 2011 – Ss 44/11
- Anschluss an Thüringer OLG, Beschluss vom 30.08.2005 – 1 Ss 56/05; OLG Hamm, Beschluss vom 04.03.1999 – 5 Ss 136/99[↩]
- vgl. zum ESA – Test: Thüringer OLG, Beschluss vom 30.08.2005 – 1 Ss 56/05; OLG Hamm, Beschluss vom 04.03.1999, 5 Ss 136/99[↩]
- BGH, Beschluss vom 15.12.2005, 5 StR 439/053; BGH, Urteil vom 03.04.2008, 3 StR 60/084; OLG Frankfurt, Urteil vom 27.09.2002, 1 Ss 49/028[↩]