Bei der Kompensationsentscheidung wegen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerungen ist unabhängig von der Dauer der anrechenbaren Untersuchungshaft.

So auch in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall:
Der Kompensationsentscheidung legte das Landgericht rechtsfehlerfrei zugrunde, dass es in den einzelnen Verfahrensabschnitten insgesamt zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von vier Jahren gekommen ist1. Neben zutreffenden Erwägungen zur Bemessung der Höhe der Kompensation stellte die Wirtschaftsstrafkammer jedoch rechtsfehlerhaft in ihre Begründung ein, dass die Höhe der Kompensation nur ausnahmsweise bei deutlich gravierenden individuellen Belastungen die Dauer der anrechenbaren Untersuchungshaft (vorliegend vier Monate und 20 Tage) erreichen oder überschreiten darf. Um weitere Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, bestimmte der Bundesgerichtshof2, dass insgesamt sechs Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Eine noch weitergehende Kompensation war vorliegend nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht geboten.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. August 2020 – 1 StR 216/20
- LG Augsburg, Urteil vom 19.02.2020 – 506 Js 116175/09 15 KLs[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 19.08.2015 – 1 StR 308/15[↩]
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