Enthält ein Verständigungsvorschlag den Hinweis auf ein geplantes Vorgehen der Staatanwaltschaft, wonach diese darauf hinwirke, dass ein gegen den Angeklagten anhängiges Berufungsverfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt werde, so liegt hierin kein Rechtsverstoß.

Die Verständigung kann sich nach § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO nur auf „verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren“ beziehen. Daraus folgt, dass in eine Verständigung nicht Verfahren mit Bindungswirkung einbezogen werden können, die außerhalb der Kompetenz des Gerichts liegen [1]. Die Bindungswirkung der Verständigung kann nur soweit gehen, wie das Gericht das Verfahren mitbestimmt. Mitteilungen der Staatsanwaltschaft im Rahmen einer Verständigung, bei einem bestimmten Ergebnis andere Verfahren nach § 154 StPO zu behandeln, entfalten also keine Bindungswirkung und lösen auch kein schutzwürdiges Vertrauen aus [2].
Zusagen der Staatsanwaltschaft zu Einstellungen in anderen Verfahren nach § 154 StPO anlässlich einer Verständigung sind aber nicht etwa verboten [3]. In der Gesetzesbegründung zu § 257c StPO, der bei der Auslegung der Verständigungsvorschriften besondere Bedeutung zukommt [4], heißt es hierzu ausdrücklich: „Nicht ausgeschlossen ist aber, dass die Staatsanwaltschaft Zusagen im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse zur Sachbehandlung in anderen, bei ihr anhängigen Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten, wie z.B. eine Einstellung nach § 154 StPO, abgibt. Solche Zusagen können aber naturgemäß nicht an der Bindungswirkung teilnehmen, die eine zustande gekommene Verständigung nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 für das Gericht entfaltet“ [5].
Zulässig ist deshalb, dass die Staatsanwaltschaft anlässlich einer Verständigung nach § 257c StPO ankündigt, andere bei ihr anhängige Ermittlungsverfahren nach § 154 Abs. 1 StPO im Hinblick auf die zu erwartende Verurteilung einzustellen oder auf eine Einstellung bereits anhängiger Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO hinzuwirken, solange nicht der Eindruck erweckt wird, dass es sich dabei um einen von der Bindungswirkung der Verständigung (§ 257c Abs. 4 StPO) erfassten Bestandteil handelt. Einem solchen Eindruck kann entgegengewirkt werden, indem der Vorsitzende den Angeklagten – wie hier geschehen – darüber belehrt, dass diese Ankündigung keine solche Bindungswirkung entfaltet [6].
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12. Juli 2016 – 1 StR 136/16
- vgl. BVerfG, Urteil vom 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10 und 2 BvR 2155/11, BVerfGE 133, 168, 214 Rn. 79: Verbot von „Gesamtlösungen“; offengelassen hinsichtlich der Zusage einer Rechtsmittelrücknahme in einem anderen Verfahren von BGH, Beschluss vom 24.11.2015 – 3 StR 312/15, NStZ 2016, 177 m. Anm. Ventzke[↩]
- vgl. BVerfG aaO Rn. 79[↩]
- vgl. näher Knauer, NStZ 2013, 433, 435 f.; Mosbacher, NZWiSt 2013, 201, 204[↩]
- vgl. BVerfG aaO, BVerfGE 133, 168, 204 ff. Rn. 65 ff.[↩]
- BT-Drs. 16/12310 S. 13[↩]
- vgl. Mosbacher aaO[↩]