Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert im Rechtssinne aus der Tat erlangt, wenn er dem Beteiligten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann.

Bei mehreren Beteiligten genügt eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand.
Dies ist der Fall, wenn sie im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen können. Faktische Mitverfügungsgewalt kann auch dann vorliegen, wenn sie sich in einer Abrede über die Beuteteilung widerspiegelt. Denn damit „verfügt“ der Beteiligte zu seinen oder der anderen Beteiligten Gunsten über die Beute, indem er in Absprache mit ihnen Teile des gemeinsam Erlangten sich selbst oder den anderen zuordnet1.
Unerheblich ist es dabei, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit)Verfügungsmacht später aufgegeben hat und etwa der zunächst erzielte Vermögenszuwachs später durch Beuteteilung gemindert wurde2.
Im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatten die zur Auslieferung der Betäubungsmittel als Fahrer eingesetzten Angeklagten eine tatsächliche Verfügungsgewalt über das gesamte von ihnen während einer „Schicht“ als Kaufpreis für das Rauschgift vereinnahmte Bargeld insoweit, als sie es nach der Bandenabrede bis zum Ende der Schicht verwahrten und davon dann das ihnen zustehende und von ihnen einzubehaltende Entgelt selbst berechneten. Da die verbleibenden Beträge – teilweise über den Angeklagten H. – dem „Al. “ als „Chef“ der Gruppierung zuzuleiten waren, standen die Verkaufserlöse allerdings nicht allen Beteiligten gleichermaßen zur Verfügung, sondern den Fahrern nur in dem von ihnen selbst vereinnahmten Umfang. Mithin erlangten der Angeklagte A. Mitangeklagte und der J. aus den Taten, bei denen sie Teilmengen der bestellten Betäubungsmittel auslieferten, nicht die vom Landgericht errechneten Gesamterlöse aller Beteiligten, sondern nur die vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift aufgelisteten Anteile von insgesamt 11.780 bzw. 17.030 €, die auf ihre selbst gelieferten Verkaufseinheiten entfielen. Der Angeklagte H. erlangte nur die selbst bei eigenen Lieferfahrten vereinnahmten Verkaufserlöse in Höhe von insgesamt 5.310 Euro sowie die am Ende einer „Schicht“ von ihm vertretungsweise für „Ali“ von den Mitangeklagten J. und A. entgegengenommenen und an ihn weitergeleiteten Gelder in Höhe von insgesamt 10.290 €.
Der Bundesgerichtshof schloß aus, dass bei einer neuen Verhandlung weitergehende Feststellungen getroffen werden können. Er hat daher die Höhe der die Angeklagten H. und A. betreffenden Einziehungsbeträge in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO reduziert.
Da der Wertungsfehler bei der Bestimmung des aus den Taten im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB Erlangten auch den nicht revidierenden Mitangeklagten J. benachteiligt, hat der Bundesgerichtshof entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auch die insoweit gemäß §§ 73, 73c StGB getroffene Anordnung geändert (§ 357 Satz 1 StPO).
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. Juli 2020 – 5 StR 149/20
- vgl. BGH, Urteile vom 30.05.2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246; vom 18.07.2018 – 5 StR 645/17, NStZ-RR 2018, 278, 279 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 06.03.2019 – 5 StR 543/18, wistra 2019, 234, 235 mwN[↩]
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- Marihuana,Cannabis: Circ OD