Eine Täuschungshandlung gemäß § 263 Abs. 1 StGB kann nicht darin gesehen werden, dass der Angeklagte bei Abschluss der Auflösungsverträge mit den Mietern die Tatsache der vorherigen Sicherungsabtretung der Mietzinsforderungen nicht erwähnt hat, die der Darlehensgeberin zustanden und über die infolgedessen die Vermieterin nicht mehr verfügen konnte.

Die Vorausabtretung an die Kreditbank hindert die Vermieterin allerdings nicht, Aufhebungsverträge mit den jeweiligen Mietern zu schließen und der Kreditbank die künftigen Forderungen auf diese Weise gleichsam zu entziehen. Vielmehr ist eine Vorausabtretung gegenstandslos, wenn das ihr zugrundeliegende Rechtsverhältnis aufgehoben wird [1]. Denn der Rechtserwerb an einer künftigen Forderung durch den Zessionar erfolgt erst mit der Entstehung der Forderung [2]. Forderungen auf Zahlung der Miete existieren im Zeitpunkt des Abtretungsvertrages grundsätzlich noch nicht; sie entstehen erst befristet mit Inanspruchnahme der Gegenleistung für den jeweiligen Mietzeitraum [3].
Auch führte im hier entschiedenen Fall die mit der Generalmietvertragskonstruktion verbundene Gläubigerbenachteiligungsabsicht, die den Aufhebungsverträgen mit den Mietern und der Neuvermietung zugrunde lag, nicht zur Unwirksamkeit dieser Verträge nach §§ 134, 138 BGB. Zwar sind Strafvorschriften – wie hier im Fall 1 die Straftatbestände der Untreue (§ 266 StGB) und des Bankrotts (§ 283 StGB) – im Zweifel Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB [4]. Jedoch hat der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz regelmäßig die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nur dann zur Folge, wenn beide Vertragsparteien gegen das Verbot verstoßen, was hier angesichts der Gutgläubigkeit der Mieter nicht der Fall war.
Stellt man auf die ab Juli 2004 mithin rechtswirksam geschlossenen Aufhebungsverträge mit den Mietern ab, wurden diese vom Angeklagten mit dem Verschweigen der Sicherungsabtretung zwar über den Aufhebungsgrund getäuscht. Sie erlitten jedoch dadurch keinen Vermögensnachteil, da dem Verlust des Anspruchs auf Verschaffung des Besitzes an der Mietsache der Fortfall der Zahlungspflicht gegenüberstand. Auch der nachfolgende rechtswirksame Abschluss der neuen Mietverträge führte zunächst noch nicht zu einem Vermögensschaden der Mieter, da ihnen für die an die T. GmbH als neuer Vermieterin mit schuldbefreiender Wirkung geleisteten Mietzahlungen die Gebrauchsvorteile an der jeweiligen Mietsache gewährt wurden.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Juni 2020 – 5 StR 435/19
- vgl. Ganter in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 96 Rn. 65[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 14.05.1975 – – VIII ZR 254/73, BGHZ 64, 312, 313[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2009 – XII ZR 170/07, NJW-RR 2010, 483; Staudinger/Busche, BGB, Neub.2017, § 398 Rn. 74[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 10.07.1991 – – VIII ZR 296/90, BGHZ 115, 123, 125; vom 17.06.2004 – – III ZR 271/03, BGHZ 159, 334, 340; MünchKomm-BGB/Armbrüster, 8. Aufl., § 134 Rn. 48 mwN; Erman/Arnold, BGB, 15. Aufl., § 134 BGB Rn. 17 mwN[↩]