Mord aus niedrigen Beweggründen – und die menschlich verständlichen Gefühlsregungen

Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Hass und Rachsucht kommen nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind.

Mord aus niedrigen Beweggründen – und die menschlich verständlichen Gefühlsregungen

Die Frage, ob Beweggründe zur Tat „niedrig“ sind, also nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, mithin in deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag als verwerflich und deshalb als besonders verachtenswert erscheinen, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren zu beurteilen.

Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Hass und Rachsucht kommen nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind. Dabei ist der Maßstab für diese Bewertung eines Beweggrundes des Täters den Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft der Bundesrepublik Deutschland zu entnehmen1.

Diesen Maßstab hat das Landgericht Berlin (Schwurgericht) im hier vom Bundesgerichtshof überprüften Fall2 bei seiner Ablehnung niedriger Beweggründe beachtet. Es hat in für den Bundesgerichtshof revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Feststellungen zum möglichen Tatmotiv und zu möglichen Hintergründen der Tat treffen ließen. Insbesondere hat das Schwurgericht auch nicht feststellen können, dass der Angeklagte N. S. der Auffassung gewesen sei, man brauche keinen Grund, um einen Menschen zu töten, was ebenfalls einen niedrigen Beweggrund darstellen kann3.

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Täter-Opfer-Ausgleich - und der wirtschaftlich wertlose Vergleich

Bundesgerichtshof, Urteil vom 6. Januar 2021 – 5 StR 288/20

  1. st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 11.11.2020 – 5 StR 124/20 mwN[]
  2. LG Berlin, Urteil vom 12.12.2019 – 234 Js 36/19 (540 Ks) (6/19) []
  3. vgl. BGH, Urteil vom 19.10.2011 – 1 StR 273/11 mwN[]