Mordmerkmal: niedrige Beweggründe – nach dem Beziehungsende

Beweggründe sind dann niedrig im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und daher besonders, d.h. in deutlich weitreichenderem Maße als bei einem Totschlag, verachtenswert sind1.

Mordmerkmal: niedrige Beweggründe – nach dem Beziehungsende

Gefühlsregungen wie Zorn, Wut, Enttäuschung oder Verärgerung können niedrige Beweggründe sein, wenn sie ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen, also nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind2.

Entbehrt indes das Motiv ungeachtet der Verwerflichkeit, die jeder vorsätzlichen und rechtswidrigen Tötung innewohnt, nicht jeglichen nachvollziehbaren Grundes, so ist es nicht als „niedrig“ zu qualifizieren3.

Auch die Tötung des Intimpartners, der sich vom Täter abwenden will oder abgewendet hat, muss nicht zwangsläufig als durch niedrige Beweggründe motiviert bewertet werden4. Gerade der Umstand, dass eine Trennung vom Tatopfer ausgegangen ist, darf als gegen die Niedrigkeit des Beweggrundes sprechender Umstand beurteilt werden5.

Demnach kommt es für die Beurteilung, ob eine Tötung des zur Trennung entschlossenen Intimpartners auf niedrigen Beweggründen beruht, weder maßgeblich darauf an, ob der Täter tatsachenfundiert auf den Fortbestand der Verbindung zum Opfer vertrauen durfte, noch darauf, wie der Zustand der Beziehung war, ob sich das Tatopfer aus nachvollziehbaren Gründen zur Trennung entschlossen hat, ob der Täter seinerseits maßgeblich verantwortlich für eine etwaige Zerrüttung der Partnerschaft war und ob er – dies ist ohnehin stets der Fall – „die Trennungsentscheidung“ des Partners „hinzunehmen“ hatte6.

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Derartige Erwägungen sind zwar für die entscheidende Frage, ob die – stets als verwerflich anzusehende – vorsätzliche und rechtswidrige Tötung eines Menschen jeglichen nachvollziehbaren Grundes entbehrt, nicht ohne jede Bedeutung; allein der Umstand, dass sich die Trennung des Partners wegen des Vorverhaltens des Täters und des Zustands der Beziehung als „völlig normaler Prozess“ darstellt und (daher) von diesem hinzunehmen ist, ist aber nicht geeignet, die Tötung des Partners, die wie jede vorsätzliche und rechtswidrige Tötung verwerflich ist, als völlig unbegreiflich erscheinen zu lassen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. Mai 2019 – 1 StR 150/19

  1. BGH, Urteil vom 21.02.2018 – 1 StR 351/17 Rn. 10 mwN[]
  2. BGH, Urteil vom 28.11.2018 – 5 StR 379/18 Rn. 16; Beschluss vom 24.10.2018 – 1 StR 422/18 Rn.20[]
  3. BGH, Beschluss vom 24.10.2018 – 1 StR 422/18 Rn.20[]
  4. siehe nur BGH, Urteile vom 21.02.2018 – 1 StR 351/17 Rn. 10 mwN; und vom 25.07.2006 – 5 StR 97/06 Rn.20; Beschluss vom 24.10.2018 – 1 StR 422/18 Rn.20[]
  5. BGH, Urteil vom 21.02.2018 – 1 StR 351/17 Rn. 10 mwN; Beschluss vom 24.10.2018 – 1 StR 422/18 Rn.20[]
  6. a.A. MünchKomm-BGB/Schneider, StGB, 3. Aufl., § 211 Rn. 105[]

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