Rechtliches Gehör im Haftbeschwerdeverfahren

Das Grundgesetz sichert das rechtliche Gehör im gerichtlichen Verfahren durch Art. 103 Abs. 1 GG.

Rechtliches Gehör im Haftbeschwerdeverfahren

Rechtliches Gehör ist nicht nur das prozessuale Urrecht des Menschen, sondern auch ein objektivrechtliches Verfahrensprinzip, das für ein gerichtliches Verfahren im Sinne des Grundgesetzes konstitutiv und grundsätzlich unabdingbar ist1. Der Einzelne soll nicht nur Objekt der richterlichen Entscheidung sein, sondern vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um als Subjekt Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können.

Grundsätzlich ist Verfahrensbeteiligten deshalb die Gelegenheit zu gewähren, sich zu Stellungnahmen der Gegenseite in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern2. Das gilt unabhängig davon, ob eine Äußerung im konkreten Fall Einfluss auf das Entscheidungsergebnis gewinnen kann oder nicht.

Allerdings bedarf der Grundsatz des rechtlichen Gehörs – ebenso wie die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art.19 Abs. 4 GG) und des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) – einer Ausgestaltung durch den Gesetzgeber. Dieser darf aber den Beteiligten nicht jede Gelegenheit nehmen, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Rechtsfragen zu äußern. Die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften in den jeweils maßgebenden Prozessordnungen ist grundsätzlich Sache der Fachgerichte; sie wird vom Bundesverfassungsgericht nur eingeschränkt überprüft3. Nicht jeder Verfahrensfehler ist zugleich auch als Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG zu werten4. Es gibt jedoch ein Mindestmaß an Verfahrensbeteiligung, das keinesfalls verkürzt werden darf5. Ein Verfassungsverstoß liegt zumindest dann vor, wenn die Auslegung durch die Gerichte zu einem Ergebnis führt, das nicht einmal der Gesetzgeber anordnen könnte6.

Ist – wie hier im Bereich des Strafprozesses – ein „in camera“-Verfahren mit Art. 103 Abs. 1 GG unvereinbar, so folgt daraus, dass eine dem Betroffenen nachteilige Gerichtsentscheidung jedenfalls in der Beschwerdeinstanz nur auf der Grundlage solcher Tatsachen und Beweismittel getroffen werden kann, über die dieser zuvor sachgemäß unterrichtet wurde und zu denen er sich äußern konnte7. §§ 33, 33a StPO beschränken die gebotene Anhörung nicht auf Tatsachen und Beweisergebnisse; vielmehr ist über den Wortlaut der Bestimmungen im engeren Sinn hinaus jeder Aspekt des rechtlichen Gehörs davon erfasst8. Insbesondere bietet die Vorschrift nicht die Grundlage dafür, den Anspruch auf rechtliches Gehör abweichend von Art. 103 Abs. 1 GG einzuschränken, auch wenn sie sich ihrem Wortlaut nach auf eine Pflicht zur Gehörsgewährung im Hinblick auf Tatsachen und Beweisergebnisse beschränkt9. Namentlich für Haftfälle geht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon aus, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf Tatsachen und Beweismittel gestützt werden darf, die dem Beschuldigten durch Akteneinsicht der Verteidigung bekannt sind10. In Fällen, in denen Eingriffsmaßnahmen – wie die Untersuchungshaft – nach § 33 Abs. 4 Satz 1 StPO ohne vorige Anhörung angeordnet werden können, darf eine Entscheidung im Beschwerdeverfahren zu Lasten des Beschuldigten nicht ohne Möglichkeit, zu der nach § 33 Abs. 2 StPO erforderlichen Erklärung der Staatsanwaltschaft Stellung zu nehmen, ergehen9.

Bei der Bestimmung des sachlichen Gehaltes des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist zudem die, a href=“https://www.menschenrechtskonvention.eu/“ title=“Europäische Menschenrechtskonvention“ target=“_blank“Europäische Menschenrechtskonvention11. Gleichwohl besitzen die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention ver-fassungsrechtliche Bedeutung, indem sie die Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes beeinflussen12. Der Konventionstext und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dienen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes, sofern dies nicht zu einer - von der Konvention selbst nicht gewollten (vgl. Art. 53 EMRK) - Einschränkung oder Minderung des Grundrechtsschutzes nach dem Grundgesetz führt13.Die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland sind nach Art. 46 EMRK zu befolgen. Im Rahmen der Heranziehung der Europäischen Menschenrechtskonvention als Auslegungshilfe berücksichtigt das Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aber auch dann, wenn sie nicht denselben Streitgegenstand betreffen. Dies beruht auf der jedenfalls faktischen Orientierungs- und Leitfunktion, die der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für die Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention auch über den konkret entschiedenen Einzelfall hinaus zukommt14. Die innerstaatlichen Wirkungen der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erschöpfen sich insoweit nicht in einer aus Art.20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 59 Abs. 2 GG abzuleitenden und auf die den konkreten Entscheidungen zugrundeliegenden Lebenssachverhalte begrenzten Berücksichtigungspflicht, denn das Grundgesetz will vor dem Hintergrund der zumindest faktischen Präzedenzwirkung der Entscheidungen internationaler Gerichte Konflikte zwischen den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland und dem nationalen Recht nach Möglichkeit vermeiden15.Die Heranziehung der Europäischen Menschenrechtskonvention als Auslegungshilfe für die Bestimmungen des Grundgesetzes zielt nicht auf eine schematische Parallelisierung einzelner verfassungsrechtlicher Begriffe16, sondern dient der Vermeidung von Völkerrechtsverletzungen. Die Beseitigung oder Vermeidung einer Völkerrechtsverletzung wird zwar vielfach leichter zu erreichen sein, wenn das innerstaatliche Recht mit der Konvention harmonisiert wird. Völkerrechtlich betrachtet ist das jedoch nicht zwingend: Die Konvention überlässt es den Vertragsparteien, in welcher Weise sie ihrer Pflicht zur Beachtung der Vertragsvorschriften genügen17. Vor diesem Hintergrund gilt auch für die völkerrechtsfreundliche Auslegung der Begriffe des Grundgesetzes ähnlich wie für eine verfassungsvergleichende Auslegung, dass Ähnlichkeiten im Normtext nicht über Unterschiede, die sich aus dem Kontext der Rechtsordnungen ergeben, hinwegtäuschen dürfen. Die menschenrechtlichen Gehalte des jeweils in Rede stehenden völkerrechtlichen Vertrags müssen im Rahmen eines aktiven (Rezeptions-)Vorgangs in den Kontext der aufnehmenden Verfassungsordnung "umgedacht" werden18.Ein Konflikt mit Grundwertungen der Konvention ist dabei nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Anerkennung einer Orientierungs- und Leitfunktion setzt damit ein Moment der Vergleichbarkeit voraus. Bei der Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind der konkrete Sachverhalt des entschiedenen Falles und sein (rechtskultureller) Hintergrund ebenso mit einzustellen wie mögliche spezifische Besonderheiten der deutschen Rechtsordnung, die einer undifferenzierten Übertragung im Sinne einer bloßen "Begriffsparallelisierung" entgegenstehen. Die Leit- und Orientierungs-funktion ist dort besonders groß, wo sie sich auf Parallelfälle im Geltungsbereich derselben Rechtsordnung bezieht, mithin (andere) Verfahren in dem von der Ausgangsentscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betroffenen Vertragsstaat betroffen sind19.Die Grenzen einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung ergeben sich aus dem Grundgesetz. Die Möglichkeiten einer konventionsfreundlichen Auslegung enden dort, wo diese nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation nicht mehr vertretbar erscheint20. Soweit im Rahmen geltender methodischer Standards Auslegungs- und Abwägungsspielräume eröffnet sind, trifft deutsche Gerichte die Pflicht, der konventionsgemäßen Auslegung den Vorrang zu geben. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Beachtung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte etwa wegen einer geänderten Tatsachenbasis gegen eindeutig entgegenstehendes Gesetzesrecht oder deutsche Verfassungsbestimmungen, namentlich auch gegen Grundrechte Dritter verstößt21. Es widerspricht daher nicht dem Ziel der Völkerrechtsfreundlichkeit, wenn der Gesetzgeber ausnahmsweise Völkervertragsrecht nicht beachtet, sofern nur auf diese Weise ein Verstoß gegen tragende Grundsätze der Verfassung abzuwenden ist22. Im Übrigen ist auch im Rahmen der konventionsfreundlichen Auslegung des Grundgesetzes die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte möglichst schonend in das vorhandene, dogmatisch ausdifferenzierte nationale Rechtssystem einzupassen23, weshalb sich eine unreflektierte Adaption völkerrechtlicher Begriffe verbietet24.Die verfassungs- und konventionskonforme Anwendung des einfachen Rechts ist zuvörderst Aufgabe der Fachgerichte25. Dennoch ist das Bundesverfassungsgericht in besonderem Maße dazu berufen, Verletzungen des Völkerrechts, die in der fehlerhaften Anwendung oder Nichtbeachtung völkerrechtlicher Verpflichtungen durch deutsche Gerichte liegen und eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit Deutschlands begründen können, nach Möglichkeit zu verhindern und zu beseitigen26. Insoweit kann es geboten sein, abweichend von dem herkömmlichen Maßstab die Anwendung und Auslegung völkerrechtlicher Verträge durch die Fachgerichte zu überprüfen27.Im Sinne einer solchen, funktionsanalogen Adaption der Gewährleistungsgehalte der Europäischen Menschenrechtskonvention kommt den aus Art. 5 Abs. 4 EMRK folgenden Verfahrensgarantien und der insoweit einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs im Haftbeschwerdeverfahren besondere Bedeutung zu.

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Abs. 4 EMRK gewährt jeder Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung entscheidet und ihre Entlassung anordnet, wenn die Freiheitsentziehung nicht rechtmäßig ist. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte muss das diesbezügliche Verfahren zwar nicht den Anforderungen aus Art. 6 Abs. 1 EMRK genügen, es muss sich aber um ein justizförmiges Verfahren handeln, das der Art des in Rede stehenden Freiheitsentzuges angemessene Verfahrensgarantien gewährleistet. Insbesondere muss das Verfahren dem Grundsatz der Waffengleichheit zwischen den Verfahrensbeteiligten genügen. Ein Verfahrensbeteiligter ist über Stellungnahmen eines anderen Ver-fahrensbeteiligten in Kenntnis zu setzen und ihm ist die realistische Möglichkeit zu gewähren, seinerseits Stellung zu nehmen. Zwar verpflichtet Art. 5 Abs. 4 EMRK die Vertragsstaaten nicht, eine Beschwerdeinstanz einzurichten; wenn ein Vertragsstaat dies gleichwohl tut, muss er aber im Rahmen dieses Verfahrens im Grundsatz die gleichen Verfahrensgarantien gewähren wie im Rahmen der Ausgangsinstanz28.In diesem Zusammenhang ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zunächst davon ausgegangen, dass es an einer Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit fehlen kann, wenn ein Verfahrensbeteiligter seiner Verfahrensstellung nach neutral oder jedenfalls keine Partei ist29. Jedenfalls dann, wenn dieser Verfahrensbeteiligte bestimmte Anträge in Bezug auf das rechtliche Begehren eines anderen Verfahrensbeteiligten stellt, ist jedoch nicht mehr von einem in diesem Sinne neutralen Verfahrensbeteiligten auszugehen; auch in diesen Fällen ist der andere Verfahrensbeteiligte daher über etwaige Stellungnahmen mit der realistischen Möglichkeit der seinerseitigen Erwiderung in Kenntnis zu setzen30.Eine Verletzung des nach Art. 5 Abs. 4 EMRK zu beachtenden Grundsatzes der Waffengleichheit ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dann nicht angenommen worden, wenn aufgrund ausreichender Verfahrensgarantien sichergestellt ist, dass der Betroffene die Möglichkeit hat, Kenntnis von Anträgen oder Stellungnahmen der jeweiligen Gegenseite zu erlangen31.In der Sache Stollenwerk gegen Deutschland war der dortige Beschwerdeführer am 6.12 2010 erstinstanzlich vom Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt und die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet worden. Unter dem 8.12 2010 legte er Beschwerde gegen die Haftfortdauerentscheidung ein. Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab; das Landgericht verwarf sie am 15.12 2010. Unter dem 5.01.2011 erhob er die weitere Beschwerde und beantragte ausdrücklich, ihm die Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft zur Stellungnahme zu übersenden. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte unter dem 28.01.2011, die Beschwerde zu verwerfen. Diese Stellungnahme wurde dem dortigen Beschwerdeführer am 3.02.2011 übersandt; unter dem 10.02.2011 nahm er dazu Stellung. Aufgrund eines Telefonats erfuhr er am selben Tage, dass das Oberlandesgericht die weitere Beschwerde bereits am 3.02.2011 verworfen hatte. Er beantragte sodann gemäß § 33a StPO die Nachholung rechtlichen Gehörs. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die weitere Beschwerde wurde ihm am 14.02.2011 zugestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft nahm zum Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs Stellung. Durch Beschluss vom 25.02.2011 wies das Oberlandesgericht den Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs zurück, da eine Gehörsverletzung nicht vorliege; soweit der Antrag als Gegenvorstellung anzusehen sei, sei eine abweichende Entscheidung nicht veranlasst. Die Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft war dem dortigen Beschwerdeführer zuvor nicht zur Kenntnis und etwaigen Stellungnahme übersandt worden, gleichwohl schloss sich das Oberlandesgericht im Beschluss vom 25.02.2011 den im Beschluss wiedergegebenen Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft an. Unter dem 7.04.2011 erhob der dortige Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde und rügte eine Verletzung seines grundrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Die Verfassungsbeschwerde wurde durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28.07.201132 - ohne weitere Begründung - nicht zur Entscheidung angenommen33.Diese Verfahrensweise wurde aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte den Anforderungen aus Art. 5 Abs. 4 EMRK nicht gerecht. Insbesondere sei zu bedenken, dass sowohl das Oberlandesgericht als auch die Generalstaatsanwaltschaft zum ersten Mal im Verfahren beteiligt gewesen seien, so dass deren Auffassung zum Antrag des dortigen Beschwerdeführers diesem nicht bekannt sein konnte34. Das Verfahren müsse jedoch dem Grundsatz der Waffengleichheit genügen; das setze voraus, dass ein Verfahrensbeteiligter Kenntnis von Anträgen und/oder Stellungnahmen der Gegenseite erlangen könne35. Dabei komme es nicht darauf an, dass die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft keine dem Beschwerdeführer bislang nicht bekannten Tatsachen enthalten habe. Es sei nicht Sache des Gerichts, den Inhalt der jeweiligen Stellungnahme zu bewerten und die Frage, ob eine Stellungnahme der Gegenseite zur Kenntnis zu übersenden sei, von dieser Bewertung abhängig zu machen. Es sei gerade Aufgabe des Betroffenen zu entscheiden, ob eine Stellungnahme der Gegenseite seinerseits zu einer Stellungnahme Anlass biete. Nur ein solcher Ansatz werde dem Grundsatz der Waffengleichheit gerecht36. Da der dortige Beschwerdeführer weder vor der Entscheidung über die weitere Beschwerde, noch vor der Entscheidung über den Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs Gelegenheit gehabt habe, zu den jeweiligen Anträgen der Generalstaatsanwaltschaft Stellung zu nehmen, sei der Grundsatz der Waffengleichheit verletzt. Da das Oberlandesgericht die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft in der Entscheidung vom 25.02.2011 wiedergebe und sich dieser anschließe, zeige sich, dass die Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft gerade nicht unerheblich gewesen seien37.In ihrer teilweise abweichenden Meinung zu dieser Entscheidung führen die Richterin Nußberger und die Richter Møse und Hüseynov aus, dass die der Mehrheitsentscheidung zugrundeliegende, formalistische Auslegung der Menschenrechtskonvention den materiellen Gehalt der Gewährleistungen der Konvention aus dem Blick verliere. Es gehe bei den aus Art. 5 Abs. 4 EMRK folgenden Gewährleistungsgehalten nicht darum, dass die formalen Anforderungen des Beschwerdeverfahrens eingehalten würden, sondern darum, dem Grundsatz der Gewaltenteilung bei Haftsachen Rechnung zu tragen und eine wirksame gerichtliche Kontrolle zu gewährleisten. Das Oberlandesgericht habe zwar verfahrensfehlerhaft gehandelt, weil der dortige Beschwerdeführer keine Möglichkeit gehabt habe, zu dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft zur weiteren Beschwerde Stellung zu nehmen. Indes habe dem dortigen Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs ein Rechtsbehelf zur Verfügung gestanden. Das sich daran anschließende Verfahren sei ebenfalls problematisch verlaufen, da dem dortigen Beschwerdeführer erneut keine Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt worden sei. Mit der Möglichkeit, Verfassungsbeschwerde zu erheben, habe ihm wiederum ein Rechtsbehelf zur Verfügung gestanden. Gleichwohl sei das Beschwerdeverfahren kritikwürdig verlaufen. Die Verfahrensfehler hätten sich aber nicht auf die Fairness und Wirksamkeit des Beschwerdeverfahrens ausgewirkt. Gebe es Verfahrensmechanismen, um einen formalen Fehler zu korrigieren, sei es hinzunehmen, wenn im Rahmen dieses Verfahrens eine Prüfung der Frage eines materiellen Nachteils im Vordergrund stehe. Mit dem Beschwerdeverfahren habe auch ein wirksames Rechtsschutzverfahren zur Verfügung gestanden; denn das Vorbringen des dortigen Beschwerdeführers sei auch in der Sache geprüft worden. Bei einer gebotenen Gesamtbetrachtung des Verfahrens stelle sich dieses nicht als unfair oder ineffektiv dar. Die Form und das Verfahren der Entscheidungsfindung seien zwar bedeutsam, unter dem Gesichtspunkt des Menschenrechtsschutzes seien sie aber nicht Selbstzweck. Nach alledem sei Art. 5 Abs. 4 EMRK nicht verletzt.
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Mit diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben, der insoweit einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, den Vorgaben des einfachen Rechts sowie der Rechtsanwendung durch das Oberlandesgericht setzte sich im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer weder hinreichend argumentativ auseinander, noch ist sonst ersichtlich, dass die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts auf der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör derart beruht, dass sie deswegen aufzuheben wäre.Die Ausführungen des Beschwerdeführers beschränken sich darauf, dass der Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs nach § 33a StPO zum zu erschöpfenden Rechtsweg gehöre, da in der unterlassenen Zuleitung der Stellungnahme nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte "zweifellos" eine Verletzung rechtlichen Gehörs liege. Der angefochtene Beschluss des Oberlandesgerichts vom 05.03.2018 setze sich mit der entgegenstehenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aber nicht auseinander, weshalb der Antrag nach § 33a StPO habe gestellt werden müssen. Daher sei die Verfassungsbeschwerde nicht verfristet. Eine weitere rechtlich-argumentative Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss des Oberlandesgerichts enthält die Beschwerdeschrift nicht. Insbesondere verhält sich der Beschwerdeführer nicht zu den Unterschieden im Verfahrensablauf bei dem vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beurteilten Sachverhalt in der Sache Stollenwerk gegen Deutschland und dem hier zur Prüfung gestellten Sachverhalt und zur Frage, ob die angegriffenen Entscheidungen auf dem gerügten Gehörsverstoß beruhen.Im vorliegenden Verfahren hat das Oberlandesgericht vor seiner Entscheidung über den Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs nach § 33a StPO dem Beschwerdeführer sowohl die Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft zur Beschwerde vom 28.02.2018 - also diejenige Erklärung, die dem Beschwerdeführer ursprünglich nicht zur Kenntnis gebracht worden war, worauf er die Rüge des Gehörsverstoßes stützt - als auch die Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft zum Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs vom 22.03.2018 mit Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 3.04.2018 übersandt. In der Sache Stollenwerk gegen Deutschland wurde dem dortigen Beschwerdeführer im Rahmen des Verfahrens zur Nachholung des rechtlichen Gehörs (erneut) keine weitere Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Überdies hat das Oberlandesgericht weder im Beschluss vom 05.03.noch vom 05.04.2018 die Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft derart zentral zum Gegenstand des Beschlusses gemacht wie das Oberlandesgericht in der Sache Stollenwerk gegen Deutschland. Im hiesigen Verfahren hat der Beschwerdeführer - ebenfalls anders als in der Sache Stollenwerk gegen Deutschland - zudem keinen ausdrücklichen Antrag gestellt, ihm möge die Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft vorab zur Stellungnahme zugesandt werden. Mit diesen Punkten hat sich der Beschwerdeführer nicht auseinandergesetzt.
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Aufgrund des Vortrags des Beschwerdeführers ist eine zur Aufhebung der angegriffenen Beschlüsse des Oberlandesgerichts führende Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auch sonst nicht ersichtlich. Zwar sind die angegriffenen Beschlüsse des Oberlandesgerichts nicht frei von verfassungsrechtlichen Bedenken (1). Sie beruhen jedoch nicht auf dem Gehörsverstoß (2).Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Auslegung des § 33 Abs. 3 StPO und das darauf gestützte Verfahren, namentlich dem Beschwerdeführer die Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft nicht zuzuleiten, genügen den Vorgaben des Art. 103 Abs. 1 GG nicht. Das Oberlandesgericht hat sich im Verfahren vor Erlass des Beschlusses vom 05.03.2018 - wie sich aus der Begründung des Beschlusses vom 05.04.2018 ergibt - eng an den Wortlaut von § 33 Abs. 3 StPO gehalten und ist - in Übereinstimmung mit Teilen der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur38 - offenbar davon ausgegangen, dass die in der Stellungnahme zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung der Generalstaatsanwaltschaft keine neue Tatsache beziehungsweise kein neues Beweisergebnis sei und deshalb kein gesetzlicher Anspruch bestehe, dem Beschwerdeführer die Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft zur Kenntnis zu bringen. Eine derart strenge Wortlautorientierung lässt außer Betracht, dass die §§ 33, 33a StPO über den Wortlaut der Bestimmungen hinaus jeden Aspekt rechtlichen Gehörs erfassen39. Dazu gehört im Grundsatz die Gelegenheit, sich zu Stellungnahmen der Gegenseite zu äußern40; eine derartige Gelegenheit hatte der Beschwerdeführer aufgrund der Verfahrensführung vor Erlass des Beschlusses vom 05.03.2018 nicht.
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Das Oberlandesgericht hat es überdies versäumt, sich in diesem Zusammenhang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte insbesondere in der Sache Stollenwerk gegen Deutschland - auf die sich der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs vom 18.03.2018 ausdrücklich beruft - zu befassen. Zwar fehlt es insoweit an einer Bindungswirkung im Sinne des Art. 46 EMRK. In Anbetracht der sich aufdrängenden Ähnlichkeit beider Sachverhalte kommt der Europäischen Menschenrechtskonvention in ihrer Konkretisierung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aber in besonderem Maße eine Leit- und Orientierungsfunktion zu. Das Oberlandesgericht wäre daher gehalten gewesen, die grundlegenden Wertungen der Entscheidungen herauszuarbeiten, ihre funktionsanaloge Adaption auf die Gewährleistungsgehalte insbesondere des grundgesetzlich verbürgten Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und ihre Auswirkungen auf die Anwendung des einfachen Rechts im Hinblick auf etwaige Auslegungs- und Abwägungspielräume - etwa der Vorschrift des § 33 Abs. 3 StPO - zu prüfen und dabei - unter Vermeidung einer schematischen Begriffsparallelisierung - zu erörtern, ob einer etwaigen konventionskonformen Auslegung der Vorrang vor einer streng wortlautorientierten Auslegung zu gewähren ist, jedenfalls aber im Rahmen der Begründung erkennen zu lassen, dass entsprechende Überlegungen angestellt worden sind21. Dass das Oberlandesgericht entsprechende Überlegungen angestellt hat, lässt sich den Beschlüssen jedoch nicht entnehmen.Eine Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse des Oberlandesgerichts scheidet dennoch aus, weil die Beschlüsse auf dem Gehörsverstoß nicht beruhen.Allein wenn eine gerichtliche Entscheidung auf Tatsachen und Beweismitteln, zu denen der Betroffene sich nicht äußern konnte, beruht, ist sie wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG aufzuheben41. Dabei genügt es, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Gewährung rechtlichen Gehörs zu einer anderen Entscheidung geführt hätte42. Vermag der Betroffene demgegenüber nicht darzulegen, dass die Umstände, zu denen kein rechtliches Gehör gewährt wurde, für die Entscheidung ursächlich waren, so dass auch die Gewährung rechtlichen Gehörs zu keinem abweichenden Ergebnis hätte führen können, kommt eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung hingegen nicht in Betracht43. Folgerichtig setzen die Vorschrift des § 33a StPO und diejenigen der § 321a Abs. 1 ZPO, § 78a Abs. 1 ArbGG, § 152a Abs. 1 VwGO, § 133a Abs. 1 FGO, § 178a Abs. 1 SGG, die eine verfassungsgerichtliche Prüfung durch die Möglichkeit einer fachgerichtlichen Selbstkorrektur entbehrlich machen sollen, ebenfalls eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung voraus.Der sogenannte Beruhensgrundsatz ist wesentlicher Bestandteil des dogmatisch ausdifferenzierten deutschen Rechtsmittel- und Rechtsbehelfssystems. Er stellt sich als Wesensmerkmal insbesondere des fachgerichtlichen Revisionsrechts dar. Seine Grundlage findet er in den einfach-gesetzlichen Verfahrensvorschriften zum Zivilprozess, zum arbeitsgerichtlichen Verfahren, zum Strafprozess und zum verwaltungs, finanz- sowie zum sozialgerichtlichen Verfahren. Danach kann eine Revision nur dann mit Erfolg geführt werden, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des - bisweilen näher spezifizierten - Gesetzes beziehungsweise des Rechts beruht (vgl. § 545 Abs. 1 ZPO, § 73 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 337 Abs. 1 StPO, § 137 Abs. 1 VwGO sowie § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO und § 162 SGG). An die Feststellung des Beruhens werden im Rahmen des Revisionsverfahrens unterschiedliche Anforderungen gestellt, je nachdem, ob eine Verletzung des sachlichen Rechts oder eine des Verfahrensrechts in Rede steht. Bei einer Verletzung des Verfahrensrechts reicht es für die Feststellung des Beruhens aus, wenn die Entscheidung ohne den Verfahrensfehler möglicherweise anders ausgefallen wäre44.Vorliegend ist auszuschließen, dass das Oberlandesgericht - hätte es dem Beschwerdeführer die Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft vom 28.02.2018 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme vorab übersandt - anders entschieden hätte. Denn im Verfahren zur Nachholung des rechtlichen Gehörs hat es die sachlichen Einwendungen gegen die Haftfortdauerentscheidung, die der Beschwerdeführer - nunmehr in Kenntnis der Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft - vorgebracht hat, als Gegenvorstellung gewertet, in der Sache aber - auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens - an seiner Entscheidung festgehalten.Die Heranziehung des Gedankens des Beruhens der Entscheidung auf dem Verfahrensmangel lässt dabei die Feststellung eines grundgesetz- oder konventionswidrigen Gehörsverstoßes beziehungsweise einer Verletzung des Prinzips der Waffengleichheit unberührt. Der Beruhensgrundsatz führt (lediglich) zu der prozessualen Folge, dass eine Entscheidung, die - unabhängig von einem (festgestellten) Verfahrens- oder sonstigem Fehler - im Übrigen richtig ist, bestehen bleiben kann und deshalb nicht aufzuheben ist, weil sich der Fehler auf das Ergebnis nicht ausgewirkt hat45. Diese zweistufige Prüfung, die für das fachgerichtliche Revisionsverfahren einfachgesetzlich ausdrücklich vorgegeben ist, gründet auf der Überlegung, dass dem Verfahrensrecht insoweit auch die Natur einer prozeduralen Qualitätssicherung für die zu treffende, materielle Entscheidung zukommt46. Wenn die Entscheidung als materiell und im Übrigen richtig erkannt wird, bedarf es keiner prozeduralen Sicherung mehr.
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Die Beweiswürdigung in den Urteilsgründen
Ein derartiger, primär materiell orientierter Ansatz, wie er der teilweise abweichenden Meinung zu der Entscheidung Stollenwerk gegen Deutschland entspricht, lässt die - in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, insbesondere in der Entscheidung Stollenwerk gegen Deutschland, besonders hervorgehobene - Verfahrensgarantie der Waffengleichheit unberührt. Ein fehlerhaftes Verfahren bleibt ein unzulässiges und damit für die Gerichte ein rechtlich nicht gangbares Verfahren. Der grundgesetzlich verankerte Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs dient nicht nur der Gewährleistung sachrichtiger Entscheidungen46, sondern ist gleichsam Ausdruck der Subjektstellung eines Verfahrensbeteiligten47 und hat insoweit einen nicht zu gering zu veranschlagenden materiellen Gehalt. Er ist insoweit auch eine prozessuale Ausprägung der Menschenwürde des Verfahrensbeteiligten48.Die Vorschrift des § 33a StPO erweist sich, insbesondere in Verbindung mit der Verfahrensgestaltung durch das Oberlandesgericht, im hiesigen Fall als Rechtsbehelf, der auch im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte31 geeignet ist, eine Konventionsverletzung zu vermeiden. Die praktische Wirksamkeit der Verfahrensgarantien der Europäischen Menschenrechtskonvention, hier der Garantie der Waffengleichheit, wird bei Anwendung des Beruhensgrundsatzes in der vorliegenden Konstellation nicht gemindert. Bereits die Feststellung des Nicht-Beruhens der Entscheidung auf dem Gehörsverstoß gründet sich auf der in der Vorschrift des § 33a StPO angelegten Möglichkeit zur Verfahrenskorrektur. Auf Tatbestandsseite setzt die Vorschrift des § 33a StPO eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör voraus. Im Rahmen der Feststellung einer Gehörsverletzung sind die Fachgerichte gehalten, dem - unter Umständen konventionsrechtlich beeinflussten - verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör zur Geltung zu verhelfen. Insoweit erweist sich die Vorschrift des § 33a StPO als Einfallstor für eine Berücksichtigung auch der Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention und der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.Unabhängig davon, dass das Oberlandesgericht den entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers in der Sache zurückgewiesen und im Übrigen als Gegenvorstellung ausgelegt hat, hat es - anders als das Oberlandesgericht Düsseldorf in der Sache Stollenwerk gegen Deutschland - vor dieser Entscheidung durch die Übersendung der Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft vom 28.02.2018 unter Gewährung einer Stellungnahmefrist diejenigen Verfahrenshandlungen vorgenommen, deren voriges Unterlassen den Gehörsverstoß begründet hatten. Insoweit hat das Oberlandesgericht in der Sache das Nachholungsverfahren49 nach § 33a StPO durchgeführt. In der Sache Stollenwerk gegen Deutschland hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ausdrücklich betont, dass die Verletzung von Art. 5 Abs. 4 EMRK daraus folge, dass dem Betroffenen weder vor der Entscheidung über die Haftbeschwerde noch vor der Entscheidung über den Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt worden sei50. Im angegriffenen Beschluss vom 05.04.2018 hat das Oberlandesgericht zu erkennen gegeben, dass es auch unter Berücksichtigung des weiteren Vortrags des Beschwerdeführers zur Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft an seiner Entscheidung festhält. Insoweit hat das Oberlandesgericht in der Sache auch das sich an das Nachholungsverfahren anschließende Überprüfungsverfahren, in dem die Erforderlichkeit einer Abänderung der früheren Entscheidung geprüft wird51, durchgeführt.Auch im Übrigen ist eine Grundrechtsverletzung nicht hinreichend dargetan. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art.20 Abs. 3 GG rügt, beziehen sich diese Rügen auf die materiellen Ausführungen zur Haftfortdauer in den angegriffenen Entscheidungen. Insoweit gelten die Ausführungen zu Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG entsprechend.Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18. September 2018 - 2 BvR 745/18

  1. vgl. BVerfGE 55, 1, 6[]
  2. vgl. BVerfGE 9, 89, 95; 19, 32, 36; 49, 325, 328; BVerfGK 7, 438, 441; BVerfG, Beschluss vom 15.07.2016 – 2 BvR 857/14 8[]
  3. vgl. BVerfGE 89, 28, 35 f.[]
  4. vgl. BVerfGE 75, 302, 313 f.; 89, 28, 36[]
  5. vgl. BVerfGE 89, 28, 36[]
  6. vgl. BVerfGE 74, 228, 233 f.; 89, 28, 36[]
  7. vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.09.2007 – 2 BvR 1009/07 21; Beschluss vom 04.12 2006 – 2 BvR 1290/05 13; Beschluss vom 19.01.2006 – 2 BvR 1075/05 26[]
  8. vgl. BVerfGE 42, 243, 250[]
  9. vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.07.2016 – 2 BvR 857/14 9[][]
  10. vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.07.1994 – 2 BvR 777/94 17[]
  11. vgl. BVerfGE 74, 358, 370; 111, 307, 317; BVerfG, Urteil vom 12.06.2018 - 2 BvR 1738/12 127[]
  12. vgl. BVerfGE 74, 358, 370; 83, 119, 128; 111, 307, 316 f., 329; 120, 180, 200 f.; 128, 326, 367 f.; BVerfGK 3, 4, 8; 9, 174, 190; 10, 66, 77; 10, 234, 239; 20, 234, 247[]
  13. vgl. BVerfGE 74, 358, 370; 111, 307, 317; 120, 180, 200 f.; BVerfG, Urteil vom 12.06.2018 - 2 BvR 1738/12 128[]
  14. vgl. BVerfGE 111, 307, 320; 128, 326, 368; BVerfGK 10, 66, 77 f.; 10, 234, 239[]
  15. vgl. BVerfGE 111, 307, 328; 112, 1, 25 f.; BVerfGK 9, 174, 190, 193[]
  16. BVerfGE 137, 273, 320 f. Rn. 128; m.w.N.[]
  17. vgl. BVerfGE 111, 307, 316; 128, 326, 370[]
  18. vgl. BVerfGE 128, 326, 370; BVerfG, Urteil vom 12.06.2018 - 2 BvR 1738/12 131, jeweils m.w.N.[]
  19. vgl. BVerfG, Urteil vom 12.06.2018 - 2 BvR 1738/12 132, m.w.N.[]
  20. vgl. BVerfGE 111, 307, 329; 128, 326, 371; zur absoluten Grenze des Kerngehalts der Verfassungsidentität des Grundgesetzes gemäß Art. 79 Abs. 3 GG vgl. BVerfGE 123, 267, 344 ff.[]
  21. vgl. BVerfGE 111, 307, 329[][]
  22. vgl. BVerfGE 111, 307, 319; BVerfG, Urteil vom 12.06.2018 - 2 BvR 1738/12 133[]
  23. vgl. BVerfGE 111, 307, 327; 128, 326, 371[]
  24. vgl. BVerfG, Urteil vom 12.06.2018 - 2 BvR 1738/12 135[]
  25. vgl. nur BVerfGE 65, 317, 322[]
  26. vgl. BVerfGE 58, 1, 34; 59, 63, 89; 109, 13, 23; 111, 307, 328[]
  27. vgl. BVerfGE 111, 307, 328[]
  28. vgl. EGMR, Stollenwerk v. Germany, Urteil vom 07.09.2017, Nr. 8844/12, § 37, m.w.N.[]
  29. vgl. EGMR, Delcourt v. Belgium, Urteil vom 17.01.1970, Nr. 2689/65, §§ 31 ff.[]
  30. vgl. EGMR, Bulut v. Austria, Urteil vom 22.02.1996, Nr. 17358/90, §§ 48 ff., m.w.N.[]
  31. vgl. EGMR, Kress v. France, Urteil vom 07.06.2001, Nr. 39594/98, §§ 72 ff., 76[][]
  32. BVerfG, Beschluss vom 28.07.2011 - 2 BvR 805/11[]
  33. vgl. EGMR, Stollenwerk v. Germany, Urteil vom 07.09.2017, Nr. 8844/12, §§ 8 ff.[]
  34. EGMR, Stollenwerk v. Germany, Urteil vom 07.09.2017, Nr. 8844/12, § 39[]
  35. EGMR, Stollenwerk v. Germany, Urteil vom 07.09.2017, Nr. 8844/12, § 40[]
  36. EGMR, Stollenwerk v. Germany, Urteil vom 07.09.2017, Nr. 8844/12, § 41[]
  37. EGMR, Stollenwerk v. Germany, Urteil vom 07.09.2017, Nr. 8844/12, § 44[]
  38. vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.11.1991 - 1 Ws 912/91, 1 Ws 1014/91, 1 Ws 1016/9120 mit Verweis auf BVerfGE 19, 32, 36 und BVerfGE 55, 95, 98, dort wurde diese Frage - wie das OLG Düsseldorf zutreffend ausführt - offengelassen; vgl. ferner Mosbacher/Claus, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 3. Aufl.2018, § 33 Rn. 10; Rappert, in: Radtke/Hohmann, StPO 2011, § 33 Rn. 30[]
  39. vgl. BVerfGE 42, 243, 250; BVerfG, Beschluss vom 15.07.2016 - 2 BvR 857/14 9[]
  40. vgl. BVerfGE 19, 32, 36; 49, 325, 328; BVerfGK 7, 438, 441; BVerfG, Beschluss vom 15.07.2016 - 2 BvR 857/14 8[]
  41. vgl. BVerfGE 89, 381, 392; m.w.N.[]
  42. vgl. BVerfGE 7, 95, 99; 60, 247, 250; 86, 133, 147[]
  43. vgl. BVerfGE 62, 392, 396; 105, 252, 264[]
  44. vgl. BGHZ 27, 163, 169; BGH, Urteil vom 26.04.1989 - I ZR 220/87 14; Heßler, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl.2018, § 545 ZPO Rn. 1; Krüger, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl.2016, § 545 Rn. 14 für den Bereich des Zivilprozesses; Klose, in: BeckOK ArbR, 48. Ed.01.06.2018, § 73 ArbGG Rn. 17 mit Verweis auf BAG, Urteil vom 23.01.1996 - 9 AZR 600/93 - für den Bereich des arbeitsgerichtlichen Verfahrens; vgl. BGHSt 1, 346, 350; 8, 155, 158; 9, 77, 84; 9, 362, 364; 14, 265, 268; 20, 160, 164; 21, 288, 290; 22, 278, 280; 27, 166, 168; 28, 196, 199; 31, 140, 145; Franke, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl.2012, § 337 Rn. 179 f. für den Bereich des Strafprozesses; vgl. ferner BVerwGE 14, 342, 346; Suerbaum, in: BeckOK VwGO, 45. Ed.01.04.2018, § 137 Rn. 36; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl.2014, § 137 Rn. 17 für das verwaltungsgerichtliche Verfahren; vgl. schließlich Ratschow, in: Gräber, FGO, 8. Aufl.2015, § 118 Rn. 34 für das finanz- und Udsching, in: BeckOK SozR, 49. Ed.01.06.2018, § 162 SGG Rn. 7 für das sozialgerichtliche Verfahren[]
  45. vgl. BVerfGE 7, 95, 99; 55, 95, 99; 60, 247, 250; 60, 313, 318 f.; 62, 392, 396; 73, 322, 329 f.; 86, 133, 147; 89, 381, 392 f.; vgl. ferner BVerfGE 28, 17, 20; missverständlich BVerfG, Beschluss vom 10.03.2014 - 1 BvR 1104/11 16[]
  46. vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.07.2016 - 2 BvR 857/14 8[][]
  47. vgl. nur BVerfGE 9, 89, 95[]
  48. vgl. BVerfGE 55, 1, 5 f.; 63, 332, 337[]
  49. vgl. Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl.2015, § 33a Rn. 7[]
  50. EGMR, Stollenwerk v. Germany, Urteil vom 07.09.2017, Nr. 8844/12, §§ 44 f.[]
  51. vgl. Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl.2015, § 33a Rn. 9[]
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Die unwirksame Ausschlussfrist zur Bezeichnung des Klagebegehrens