Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen und deren Verletzung einer additiven Betrachtungsweise, wie sie etwa der natürlichen Handlungseinheit zugrunde liegt, nur ausnahmsweise zugänglich. Greift daher der Täter einzelne Menschen nacheinander an, um jeden von ihnen in seiner Individualität zu beeinträchtigen, so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatentschluss und engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen.

Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs, etwa bei Messerstichen innerhalb weniger Sekunden oder bei einem gegen eine aus der Sicht des Täters nicht individualisierte Personenmehrheit gerichteten Angriff willkürlich und gekünstelt erschiene1.
Hieran gemessen hat der Bundesgerichtshof im vorliegenden Fall die Wertung des Landgerichts als tatmehrheitliche Begehung nicht beanstandet. Der enge zeitliche und situative Zusammenhang bedingt (noch) keine willkürlich oder gekünstelt erscheinende Aufspaltung.
Nach den Feststellungen der Strafkammer geschahen die sexuellen Übergriffe gegen beide Frauen zwar in kurzer Folge, aber zeitlich nacheinander. Der Übergriff auf die Geschädigte B. war abgeschlossen, als der Angeklagte den gewaltsamen Übergriff auf die Zeugin L. begann. Der Einsatz der Nötigungsmittel erfolgte nacheinander und voneinander unabhängig, so dass es auch zu keiner Fortwirkung des Nötigungsmittels kam2.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Februar 2019 – – 2 StR 301/18
- st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.2016 – 2 StR 391/15, NStZ 2016, 594, 595; BGH, Beschluss vom 22.08.2018 – 3 StR 59/18 6; Beschluss vom 22.10.2015 – 4 StR 262/15, NStZ 2016, 207, 208; Urteil vom 10.02.2015 – 1 StR 488/14 48; Beschluss vom 24.10.2000 – 5 StR 323/00, NStZ-RR 2001, 82[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 09.03.2000 – 4 StR 513/99 13[↩]