Bei einer Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes hat sich das Gericht im Rahmen der für eine Strafaussetzung zur Bewährung zu treffenden Legalprognose auch mit der Frage zu befassen, inwieweit insbesondere durch die Erteilung von Therapieweisungen sowie Weisungen nach § 56c Abs. 2 Nr. 3 StGB die Voraussetzungen für eine günstige Legalprognose geschaffen werden können.

In dem hier vom Bundesgerichtshof beurteilten Fall hat das Landgericht bei dem Angeklagten eine günstige Legalprognose gemäß § 56 Abs. 1 StGB verneint. Zur Begründung hat es lediglich angeführt, er habe trotz seiner Verurteilung im Jahr 1996 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern „erneut einschlägige Straftaten“ begangen, zudem sei in einem – gleichzeitig mit dem vorliegenden Strafverfahren durchgeführten – Berufungsverfahren die Begehung weiterer Sexualstraftaten durch ihn festgestellt worden.
Die Verneinung einer günstigen Legalprognose mit dieser Begründung hält rechtlicher Überprüfung durch den Bundesgerichtshof nicht stand. Bedenken begegnet bereits, dass das Landgericht mit Blick auf das vorliegende Verfahren die Begehung „einschlägiger Straftaten“ anführt, obwohl es den Angeklagten lediglich wegen einer einzigen Straftat schuldig gesprochen hat. Soweit die Strafkammer darüber hinaus auf die Feststellung weiterer Taten im parallel verhandelten – denselben Geschädigten und denselben Zeitraum betreffenden – Berufungsverfahren verweist, lässt sie außer Betracht, dass jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung über die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 StGB der Schuldspruch in jenem Verfahren noch nicht in Rechtskraft erwachsen war.
Des Weiteren hat sich das Landgericht im Rahmen der Legalprognose gemäß § 56 Abs. 1 StGB nicht erkennbar damit auseinandergesetzt, dass der Angeklagte weder in den Jahren seit seiner Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe im Jahr 1996 bis zum nunmehr verfahrensgegenständlichen Zeitraum von Anfang 2012 bis August 2013 noch in den Jahren seither strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.
Schließlich hat sich das Landgericht auch nicht – was indes geboten gewesen wäre – mit der Frage befasst, inwieweit insbesondere durch die Erteilung von Therapieweisungen sowie Weisungen nach § 56c Abs. 2 Nr. 3 StGB die Voraussetzungen für eine günstige Legalprognose geschaffen werden können1.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. November 2016 – 5 StR 425/16
- vgl. BGH, Beschluss vom 13.01.2015 – 4 StR 445/14, NStZ-RR 2015, 107 f.[↩]