Wird in einem Urteil neben einer Freiheitsstrafe von über drei Jahren auch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet, so soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Diese Bestimmung des § 67 Abs. 2 S. 2 StGB1 gilt, wie der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung feststellt, gemäß § 7 Abs. 1 JGG in Verbindung mit § 61 Nr. 2 StGB auch bei der Verhängung von Jugendstrafe.

Bei schuldhaft begangenen Straftaten eröffnet § 5 Abs. 3 JGG die Möglichkeit, von der an sich erforderlichen Verhängung von Jugendstrafe abzusehen, wenn sie als zusätzliche erzieherische Maßnahme wegen der Maßregelanordnung nicht erforderlich ist, und trägt damit dem Gedanken der Einspurigkeit freiheitsentziehender Maßnahmen im Jugendstrafrecht Rechnung2.
Gemäß § 7 JGG in Verb. mit § 61 Nr. 2 StGB richtet sich die Anordnung der Unterbringung eines Jugendlichen oder Heranwachsenden in einer Entziehungsanstalt nach den Vorschriften über die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung in den §§ 63 ff. StGB3. Die Maßregel nach § 61 Nr. 2 StGB wird gemäß § 93 a Abs. 1 JGG bei suchtkranken Jugendlichen – und bei Heranwachsenden, soweit materielles Jugendstrafrecht angewandt wurde (§§ 110 Abs. 1, 105 Abs. 1 JGG)4 – in einer Einrichtung vollzogen, in der die für eine Behandlung erforderlichen besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen zur Verfügung stehen. Sollte die Jugendkammer, was im vorliegenden Fall nahe liegt, unter Berücksichtigung des in den Gründen des angefochtenen Urteils erwogenen besonderen erzieherischen Bedarfs die Unterbringungsanordnung erneut mit der Verhängung von Jugendstrafe verbinden, gilt für die Reihenfolge der Vollstreckung § 67 StGB5. Diese Rechtslage ist durch das am 20. Juli 2007 in Kraft getretene Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 20076 nicht geändert worden. Der Gesetzgeber hat die Verweisungsnorm des § 7 JGG vielmehr unverändert gelassen. Daher gilt auch im vorliegenden Fall § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB i.d.F. dieses Gesetzes, wonach das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen soll, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB ist dieser Teil der Strafe so zu bemessen, dass nach seiner Verbüßung und einer anschließenden Unterbringung gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB eine Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung bereits nach Erledigung der Hälfte der Strafe möglich ist7. Für den Fall der Verhängung einer Jugendstrafe von über drei Jahren wird das Landgericht dies bedenken und über die Dauer des Vorwegvollzugs unter Berücksichtigung der zur Therapie erforderlichen Dauer der Unterbringung mit sachverständiger Hilfe befinden müssen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. Mai 2009 – 4 StR 134/09
- in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007[↩]
- BGHSt 39, 92, 95[↩]
- vgl. BGH, StraFo 2003, 210[↩]
- vgl. Eisenberg, JGG 13. Aufl. § 93 a Rn. 2[↩]
- BGHR StGB § 67 Abs. 2 Zweckerreichung, leichtere 7; MünchKommStGB/Altenhain § 7 JGG Rdn. 23; Diemer in Diemer/Schoreit/Sonnen, JGG 5. Aufl. § 7 Rdn. 11[↩]
- BGBl I 1327[↩]
- vgl. nur BGH, Beschluss StV 2007, 634[↩]