Spielsucht – und die erheblich geminderte Schuldfähigkeit

Eine „Spielsucht“ stellt für sich genommen keine die Schuldfähigkeit erheblich einschränkende oder ausschließende krankhafte seelische Störung oder schwere andere seelische Abartigkeit dar. Maßgeblich ist insoweit vielmehr, ob der Betroffene durch seine „Spielsucht“ gravierende psychische Veränderungen in seiner Persönlichkeit erfährt, die in ihrem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung gleichwertig sind. Nur wenn die „Spielsucht“ zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen führt, kann (ausnahmsweise) eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit anzunehmen sein1.

Spielsucht – und die erheblich geminderte Schuldfähigkeit

Zudem muss sich die Spielsucht in der konkreten Tatsituation ausgewirkt haben. Die begangenen Straftaten müssen der Fortsetzung des Spielens gedient haben2.

Insoweit können die Vorbereitung der Tat und das Einsetzen der Tatbeute zum Abbau anderer, nicht aus der Spielsucht resultierender Schulden tatsächlich gegen eine völlige Einengung des Verhaltensspielraums auf das Glücksspiel sprechen3. Dabei hätte aber zugleich auch in den Blick genommen werden müssen, dass dieses Verhalten mittelbar dennoch der Spielsucht geschuldet ist, weil es der Verbesserung der Kreditwürdigkeit diente, um zukünftig fürs Spielen leichter an Gelder zu gelangen. Überdies fehlt es an der Auseinandersetzung mit der Frage, ob sich die Kombination von Intelligenzminderung und Spielsucht auf das Hemmungsvermögen in rechtlich relevanter Weise auswirkte, mithin ob die Minderbegabung den Angeklagten in seiner Fähigkeit beeinträchtigte, seine Spielsucht vor Begehung der Taten zu beherrschen4.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. März 2019 – 1 StR 424/18

  1. st. Rspr.; BGH, Urteil vom 06.03.2013 – 5 StR 597/12, BGHSt 58, 192, 194 mwN; Beschlüsse vom 30.09.2014 – 3 StR 351/14, juris; vom 17.09.2013 – 3 StR 209/13 5 mwN; und vom 09.10.2012 – 2 StR 297/12, wistra 2013, 62[]
  2. BGH, Beschlüsse vom 07.11.2013 – 5 StR 377/13, BGHR StGB § 21 Seelische Abartigkeit 42; und vom 09.10.2012 – 2 StR 297/12, wistra 2013, 62, 63[]
  3. vgl. BGH, Beschluss vom 07.11.2013 – 5 StR 377/13, BGHR StGB § 21 Seelische Abartigkeit 42[]
  4. vgl. BGH, Beschlüsse vom 10.09.2013 – 2 StR 321/13 6; und vom 23.09.2003 – 4 StR 272/03, StraFo 2004, 19, 20[]
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