Beihilfe zur Steuerhinterziehung – und die berufstypischen Handlungen

Strafbare Beihilfe ist die vorsätzliche Hilfeleistung zu einer vorsätzlich begangenen Straftat eines anderen (§ 27 Abs. 1 StGB).

Beihilfe zur Steuerhinterziehung – und die berufstypischen Handlungen

Hilfeleistung in diesem Sinn stellt jede Handlung dar, die die Herbeiführung des Taterfolgs des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss1.

Die Hilfeleistung muss auch nicht zur Ausführung der Tat selbst geleistet werden, es genügt die Unterstützung bei einer vorbereitenden Handlung2. Das kann auch durch äußerlich neutrale Handlungen geschehen3 wie hier durch Verkauf und Lieferung der Maschinen.

Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern; Einzelheiten der Haupttat braucht er nicht zu kennen. Ob der Gehilfe den Erfolg der Haupttat wünscht oder ihn lieber vermeiden würde, ist nicht entscheidend. Es reicht, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der Hilfeleistende dies weiß4.

Auch berufstypische Handlungen – wie Beratungs- oder Unterstützungshandlungen von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Bankmitarbeitern – können eine strafbare Beihilfe darstellen. Weder Alltagshandlungen noch berufstypische Handlungen sind in jedem Fall neutral; denn nahezu jede Handlung kann in einen strafbaren Kontext gestellt werden5. Es ist jedoch anerkannt, dass nicht jede Handlung, die sich im Ergebnis tatfördernd auswirkt, als (strafbare) Beihilfe gewertet werden kann. Vielmehr bedarf es in Fällen, die sog. neutrale Handlungen betreffen, einer bewertenden Betrachtung im Einzelfall6.

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Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten. In diesem Fall verliert sein Tun stets den „Alltagscharakter“; es ist als „Solidarisierung“ mit dem Täter zu deuten und dann auch nicht mehr als sozialadäquat anzusehen.

Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen; es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ7.

Im vorliegenden Fall hielt es der Angeklagte zum Zeitpunkt des Verkaufs und der Lieferung der Maschinen zumindest für überwiegend wahrscheinlich, dass mit den (noch) nicht lauffähigen alten Maschinen illegal Zigaretten produziert und Umsatz- und Verbrauchsteuer nicht abgeführt werden würde. Das vom Angeklagten erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des Käufers, der bei Vertragsschluss auch Schwarzgeld bezahlt hatte, war nach der rechtsfehlerfreien Wertung des Landgerichts derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters, der zwingend auf die Lieferung der Maschinen und Ersatzteile für seine Tathandlung angewiesen war, angelegen sein ließ. Damit stellen Verkauf und Lieferung der Maschinen eine strafbare Beihilfe des Angeklagten dar. Angesichts dessen, dass der Angeklagte die Maschinen für eine zeitlich unbegrenzte Verwendung in einer fabrikmäßigen Produktion auch illegaler Zigaretten lieferte, erfasste sein Vorsatz auch Steuerschäden in der festgestellten Dimension.

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Die Tatsache, dass die Beihilfehandlungen des Angeklagten erhebliche Zeit vor den Haupttaten lagen, steht ihrer tatsächlichen Förderung nicht entgegen. Es ist ausreichend, dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium fördert8, solange die Teilnahmehandlung mit dem Willen und dem Bewusstsein geleistet wird, die Haupttat zu fördern9.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. Dezember 2017 – 1 StR 56/17

  1. st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 01.08.2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 109 mwN[]
  2. BGH, Urteil vom 08.03.2001 – 4 StR 453/00, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 22 mwN[]
  3. BGH, Urteil vom 23.01.1985 – 3 StR 515/84, HFR 1985, 429[]
  4. BGH, Urteil vom 01.08.2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 109 mwN[]
  5. BGH, Urteil vom 01.08.2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 113[]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 08.03.2001 – 4 StR 453/00, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 22[]
  7. BGH, Beschluss vom 21.12 2016 – 1 StR 112/16, NStZ 2017, 337, 338 m. Anm. Kudlich; Urteile vom 22.01.2014 – 5 StR 468/12, wistra 2014, 176; und vom 01.08.2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 112 ff.; Beschluss vom 20.09.1999 – 5 StR 729/98, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 20[]
  8. vgl. BGH, Urteile vom 01.08.2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 115; vom 21.10.1999 – 4 StR 376/99, NStZ 2000, 86, 87 [dort nicht abgedruckt]; und vom 24.04.1952 – 3 StR 48/52, BGHSt 2, 344, 345 f.; Beschluss vom 26.10.1984 – 3 StR 438/84, NJW 1985, 1035, 1036[]
  9. vgl. BGH, Urteil vom 01.08.2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 115[]
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