Der Erwerb von Zigaretten ohne Steuerzeichen – Steuerhehlerei oder Steuerhinterziehung?

Das Erlangen eigener Verfügungsmacht über Zigaretten ohne Steuerzeichen fällt in den Anwendungsbereich der Steuerhehlerei; dieser Tatbestand würde entwertet, wenn dieser Lebenssachverhalt zugleich unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen die Pflicht zum Verwenden von Steuerzeichen nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO i.V.m. § 17 TabStG strafbar wäre1.

Der Erwerb von Zigaretten ohne Steuerzeichen –  Steuerhehlerei oder Steuerhinterziehung?

Die Übernahme der Zigaretten wird auch insoweit allein durch die Strafvorschrift des § 374 AO erfasst.

Eine Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 23 Abs. 1 TabStG scheidet aus denselben Erwägungen aus, auf Grund derer der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 23.05.20192 die Strafbewehrung einer solchen Pflicht zur Abgabe einer Tabaksteuererklärung nach vorangegangener Steuerhehlerei abgelehnt hat3. Der eher formale Gesichtspunkt der Verkürzung eines in der eigenen Person des Steuerhehlers nach § 23 Abs. 1 Satz 1, 2 TabStG entstehenden Steueranspruchs hätte gegenüber der bereits vollendeten Schädigung des Tabaksteueraufkommens und seiner – jedenfalls aus steuerstrafrechtlicher Sicht – nach § 71 AO eingetretenen Haftung ohnehin kein zusätzliches strafwürdiges Gewicht4.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. Juli 2019 – 1 StR 634/18

  1. vgl. für das Verhältnis von Steuerhehlerei zur Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen Verstoßes gegen die in § 23 Abs. 1 Satz 3 TabStG normierte Erklärungspflicht nach Beendigung des Verbringungsvorgangs: BGH, Urteil vom 24.04.2019 – 1 StR 81/18 Rn. 34[]
  2. BGH, Beschluss vom 23.05.2019 1 StR 127/19[]
  3. anders noch BGH, Beschluss vom 09.06.2011 – 1 StR 21/11 Rn. 7; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28.06.2011 – 1 StR 37/11 Rn. 6[]
  4. vgl. Leplow, wistra 2014, 421, 424[]
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Scheingeschäfte - und die Steuerhinterziehung

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