Bei der Voraussetzung „Versicherungsgeschäft“ im Straftatbestand der „unbefugten Geschäftstätigkeit“ nach § 140 Abs. 1 Nr. 1 VAG aF (entspricht § 331 Abs. 1 Nr. 1 VAG nF) handelt es sich um ein normatives Tatbestandsmerkmal, für dessen Auslegung vornehmlich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts heranzuziehen ist.

Im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall erstattete die U. GmbH, die online Reiseleistungen vermittelte, hren Kunden gegen Zahlung einer Gebühr die Kosten, die bei Stornierung anfielen, wenn der Kunde infolge Todes, einer schweren Unfallverletzung, Verlusts des Arbeitsplatzes u.ä. die Reise oder den Hotelaufenthalt nicht antreten konnte. Dafür hatte die U. GmbH indes keine Erlaubnis durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.
Bei der Voraussetzung „Versicherungsgeschäft“ im Straftatbestand der „unbefugten Geschäftstätigkeit“ nach § 140 Abs. 1 Nr. 1 VAG aF (entspricht § 331 Abs. 1 Nr. 1 VAG nF) handelt es sich um ein normatives Tatbestandsmerkmal, für dessen Auslegung vornehmlich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts heranzuziehen ist1. Danach ist ein Versicherungsgeschäft gegeben, wenn gegen Entgelt für den Fall eines ungewissen Ereignisses bestimmte Leistungen übernommen werden, wobei das übernommene Risiko auf eine Vielzahl durch die gleiche Gefahr bedrohter Personen verteilt wird und der Risikoübernahme eine auf dem Gesetz der großen Anzahl beruhende Kalkulation zugrunde liegt2.
Durch die Versicherungsaufsicht soll der „große(n) wirtschaftliche(n), soziale(n) und ethische(n) Bedeutung“ des Versicherungswesens Rechnung getragen und der Gefahr eines Missbrauchs mit drohenden schweren Schäden für das Allgemeinwohl und den Einzelnen, der sich dem Versicherer ohne Möglichkeit zu eigener zuverlässiger Beurteilung anvertraut hat, begegnet werden3.
Danach kann bei dem Angebot einer Reiserücktrittsschon nicht ohne Weiteres von einem Versicherungsgeschäft ausgegangen werden. Das Erfordernis des Eintritts eines ungewissen Ereignisses legt nahe, dass es vom Willen des Versicherungsnehmers unabhängig ist4. Ein „Schaden“ indiziert ein unfreiwilliges Vermögensopfer, eine „Risikoübernahme“, dass der Kunde zunächst ein Risiko trägt, welches durch die Abrede auf den Versicherer verlagert wird.
Die freie Entscheidung der Kunden war indes vom Zufall abgekoppelt und schloss ein freiwilliges Vermögensopfer für die U. GmbH mit ein. Insofern bestand von vornherein ein Wagnis nur auf Seiten der U. GmbH. Auf die Gründe, die den Kunden zur Umbuchung veranlassten, kam es nicht an. Diese Besonderheit nimmt dem Zusatzvertrag das Charakteristikum eines „klassischen Reisevertrages“. Einzelne Regelungen aus den Geschäftsbedingungen der U. -Gruppe stehen dieser Würdigung nicht entgegen. Vielmehr lief die Schadensminderungspflicht des § 5 Nr. 1 der „Flex. Umbuchungsservice“-Geschäftsbedingungen der U. GmbH, wonach „die Flüge bei Bedarf unverzüglich umzubuchen (sind), um die Umbuchungsgebühren sowie die Mehrkosten der verlegten Flüge möglichst niedrig zu halten“, ins Leere. Wann sich der Kunde „willkürlich“ zur Umbuchung entschied, blieb den U. -Gesellschaften verborgen.
Allerdings belegte das hier erstinstanzlich Landgericht Leipzig5 den entsprechenden Vorsatz des Angeklagten K., der in der Unternehmensgruppe als Leiter des Bereichs Finanzen und Rechnungswesen („CFO“) den Zahlungsverkehr steuerte, nicht rechtsfehlerfrei. Dieser hätte das Versicherungsgeschäft als normatives Tatbestandsmerkmal in seinem rechtlichen Bedeutungsgehalt zutreffend erfassen müssen6. Dieser, der Annahme eines Versicherungsgeschäfts entgegenstehende Gesichtspunkt der freien Entscheidung des Kunden war Gegenstand der strategischen Überlegungen innerhalb der U.-Gruppe. Mit der Frage, ob trotz dieser Besonderheit der vertraglichen Ausgestaltung von einem Versicherungsgeschäft ausging oder dessen Vorliegen zumindest billigend in Kauf nahm, hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen. Solches drängte sich angesichts des üblichen Sprachgebrauchs und Verständnisses von einem „Schaden“ oder einer „Risikoübernahme“ nicht auf.
Insbesondere wegen des Zeitablaufs konnte der Bundesgerichtshof hier ausschließen, dass weitergehende tragfähige Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten K. bezüglich des Bedeutungsgehalts eines Versicherungsgeschäfts unter Umgehung der Versicherungsaufsicht möglich sind. Ebenso wenig bestehen unter den hier gegebenen Umständen belastbare Anhaltspunkte für eine fahrlässige Strafbarkeit (§ 140 Abs. 2 VAG aF, entspricht § 331 Abs. 3 VAG nF). Schließlich kommt auch eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit nach §§ 144 ff. VAG aF nicht in Betracht. Daher war auf Freispruch aus tatsächlichen Gründen zu erkennen (§ 354 Abs. 1 StPO).
Aus dem gleichen Grund war der Angeklagte K. vom Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung (der Versicherungssteuer) in 21 Fällen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 150 Abs. 1 Satz 3, § 168 Satz 1 AO, § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1, 2, § 7 Abs. 1 Satz 2, 3 aF, § 6 Abs. 1, §§ 1 f. VersStG, §§ 27, 53 StGB) freizusprechen. Wiederum erfüllen die tatgerichtlichen Feststellungen und Beweiswürdigung nicht den Nachweis, dass der Angeklagte K. den Sinngehalt eines Versicherungsgeschäfts diesmal in steuerlicher Hinsicht erfasste.
Insoweit ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
Gemäß § 1 Abs. 1 VersStG unterliegt der Versicherungsteuer die Zahlung eines Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses. Gemäß § 2 Abs. 1 VersStG gilt als Versicherungsvertrag auch eine Vereinbarung zwischen mehreren Personen oder Personenvereinigungen, solche Verluste oder Schäden gemeinsam zu tragen, die den Gegenstand einer Versicherung bilden können. Anmeldepflichtig bezüglich daraus erlangter Entgelte (§ 3 Abs. 1 Satz 1, 2 VersStG) ist der Versicherer (§ 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1, 2, § 7 Abs. 1 Satz 2, 3 aF VersStG [„haftet“]; seit 12.12.2012 als „Steuerentrichtungsschuldner“ nach § 7 Abs. 2 VersStG nF).
Das VersStG enthält ebenso wenig wie das VAG, wie ausgeführt, oder das VVG eine Legaldefinition des „Versicherungsverhältnisses“; sein Inhalt ist daher vor allem aus dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem allgemeinen Versicherungsrecht zu entwickeln. Unter dem Versicherungsverhältnis sind das durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandene Rechtsverhältnis des einzelnen Versicherungsnehmers zum Versicherer und seine Wirkungen zu verstehen. Dabei ist der Begriff der Versicherung weit gefasst und nach dem besonderen Zweck des Versicherungsteuerrechts zu deuten. Das allgemeine Versicherungsrecht ist für das Versicherungsteuerrecht nur insoweit maßgebend, als dass das VersStG nichts anderes erkennen lässt; vor allem muss es sich nicht um eine der Versicherungsaufsicht unterliegende Versicherungsunternehmung handeln7.
Wesentliches Merkmal eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des § 1 Abs. 1 VersStG ist ein vom Versicherer gegen Entgelt übernommenes, beim Versicherungsnehmer angesiedeltes Wagnis, um damit eine (Massen-) Gemeinschaft mit dem Ziel zu bilden, Gefahren, das heißt ungewisse Schäden oder ungewisse Verluste, die die Mitglieder der Gefahrengemeinschaft unmittelbar selbst betreffen, gemeinsam zu tragen8. Die von den Versicherungsnehmern gezahlten Prämien sollen den Risikoausgleich ermöglichen9. Die Versicherungsteuer ist eine Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes10.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will bzw. die Verkürzung billigend in Kauf nimmt; bedingter Vorsatz genügt. Nimmt der Steuerpflichtige irrtümlich an, dass ein Steueranspruch nicht entstanden ist, liegt nach dieser Rechtsprechung ein Tatumstandsirrtum vor, der den Vorsatz ausschließt (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StGB)11.
Ob an diesen Grundsätzen gemessen der Verstoß gegen die Pflichten aus § 8 Abs. 1 Nr. 1 VersStG, die Entgelte aus dem Abschluss des Vertriebs der „Flex. „-Verträge zu erklären12, strafbewehrt ist (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO), kann offenbleiben. Denn es ist nicht tragfähig begründet, dass der Angeklagte K. insoweit Vorsatz bezüglich der verkürzten Festsetzung von Versicherungsteueransprüchen hatte und damit von einer vorsätzlich begangenen Haupttat ausging.
Vor allem fehlt es an einer tatgerichtlichen Auseinandersetzung damit, dass auf Betreiben des Angeklagten K. die von der U. GmbH erzielten Entgelte in deren Umsatzsteuererklärungen einflossen. Wenn aber das Landgericht aus dem generellen Ziel des Angeklagten K. , möglichst viel an Steuern zu sparen, auf bedingten Vorsatz schließt, hätte es zwingend der Erörterung des § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG bedurft. Danach sind die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des VersStG umsatzsteuerfrei. Damit soll eine doppelte Belastung des Versicherten mit Versicherung- und zugleich Umsatzsteuer vermieden werden13. Das Landgericht hätte die in die Umsatzsteuererklärungen eingeflossenen höheren Umsätze den etwaig dem VersStG unterfallenden niedrigeren, nur in Deutschland ansässige Personen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, 2 VersStG) betreffenden Entgelten gegenüberstellen und erörtern müssen, ob die beiden U. -Gesellschaften bei einer Beschränkung auf die Umsatzsteuerpflicht im Vergleich zu einer Versicherungsteuerpflicht tatsächlich Steuern hätten sparen können („im Ergebnis gleich hohe Besteuerung“). Die vom Landgericht Leipzig festgestellten Umsatzsteuerzahllasten erschließen sich jedenfalls ohne weitere Erörterung nicht.
Diese Erörterungslücke ist nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu schließen; denn auch bei der rechtlichen Würdigung wird der Zusammenhang zwischen Versicherungsteuer und Umsatzsteuerbefreiung nicht erkennbar bedacht.
Hinzu treten die bereits im Rahmen des § 140 VAG aF dargestellten durchgreifenden Bedenken der umfassenden Kostenerstattungspflicht der U.-Gesellschaften:
Das zu versichernde Risiko soll aus versicherungsteuerlicher Sicht allein im Gebrauchmachen von der Möglichkeit des Kunden, gebuchte Flüge oder Hotelreservierungen zu stornieren, bestehen; dies erfülle die Anforderungen an ein versicherbares Wagnis, weil das Entstehen, der Zeitpunkt und auch die Höhe eines künftigen Bedarfs, der aufgrund der Vereinbarung gedeckt werden soll, ungewiss seien14. Es soll für eine Versicherungsteuerpflicht der erzielten Entgelte genügen, dass die Ungewissheit von vornherein allein aus Sicht des Versicherers zu beurteilen ist. Indes war im Ergebnis damit durch die umfassende Kostenerstattungspflicht das Wagnis der Umbuchungskosten von vornherein bei den U. -Gesellschaften angesiedelt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte K. dieses weite Verständnis des Begriffs der Versicherung nachvollzog.
Auch für diesen Vorwurf sind keine weitergehenden Feststellungen von einem neuen tatrichterlichen Rechtsgang zu erwarten. Ebenso wenig bestehen ausreichende Anhaltspunkte für ein grob fahrlässiges Handeln des Angeklagten K. und damit für die Ordnungswidrigkeit einer leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 Abs. 1 AO). Daher war vom Bundesgerichtshof wiederum auf Freispruch zu erkennen.
Die Verurteilung des Angeklagten K. wegen unbefugter Geschäftstätigkeit (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 VAG aF) durch den Vertrieb des Produkts „Storno.…“ begegnet ebenfalls durchgreifenden Bedenken. Die Feststellungen tragen aber eine Verurteilung wegen Beihilfe zur unbefugten Geschäftstätigkeit.
Nach § 140 Abs. 1 Nr. 1 VAG aF macht sich u.a. strafbar, wer ohne Erlaubnis ein Versicherungsgeschäft betreibt. Diese Vorschrift ist ein Sonderdelikt: Täter nach § 140 Abs. 1 Nr. 1 VAG aF kann nur derjenige sein, der das Versicherungsgeschäft betreibt15. Der Angeklagte K. U. war weder Geschäftsführer der GmbH (§ 14 Abs. 1 StGB) noch Betriebsleiter (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alternative 1 StGB). Demnach könnte ihn – neben den gegebenenfalls trotz Delegation weiterhin haftenden Organen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 StGB: „auch“) – eine strafrechtliche Verantwortung wegen der Abschlüsse der „Storno…“-Verträge nur als Teilbetriebsleiter (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 StGB) oder kraft ausdrücklichen Auftrags (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB) treffen. Beides ist indes nicht der Fall.
Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 StGB ist Voraussetzung, dass der Angeklagte vom Inhaber des Betriebs oder einem sonst dazu Befugten beauftragt war, den Betrieb zum Teil zu leiten, und aufgrund dieses Auftrags gehandelt hat. Teil eines Betriebs in diesem Zusammenhang ist sowohl der räumlich als auch der sachlich abgegrenzte betriebliche Verantwortungsbereich16.
Eine solche Teilbetriebsleiterstellung bezüglich der U. GmbH ist nicht festgestellt und ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe. Es ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte K. solche Vertragsabteilung innerhalb der U. eine GmbH selbständig und eigenverantwortlich leitete; vielmehr kam ihm aufgrund seiner Stellung innerhalb der U. -Gruppe lediglich eine – für eine Täterstellung nicht ausreichende – Mitentscheidungsbefugnis zu.
Für eine Übertragung einer strafrechtlichen Verantwortung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB fehlt es an Feststellungen zu einem ausdrücklichen Auftrag. Insoweit gilt:
Ein Auftrag zur Übernahme des Verantwortungsbereichs für das Vertreiben der „Storno…“-Verträge wäre zwar formfrei denkbar. Ein solcher Auftrag muss jedoch zweifelsfrei erteilt werden und ausreichend konkret sein, damit für den Beauftragten das Ausmaß der von ihm zu erfüllenden Pflichten eindeutig erkennbar ist.
An die Beauftragung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB sind – wie schon die ansonsten nicht zu rechtfertigende Gleichstellung mit den Organen und Betriebsleitern (§ 14 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 1 StGB) verdeutlicht – strenge Anforderungen zu stellen. Mit der Beauftragung wird eine persönliche Normadressatenstellung des Beauftragten begründet, die ihm strafbewehrt die Erfüllung betriebsbezogener Pflichten überbürdet. Das bloße Einräumen von Leitungsbefugnissen reicht hierfür ebenso wenig aus wie das Einbeziehen in eine unternehmerische Mitverantwortung. Entscheidend ist vielmehr, dass gesetzliche Pflichten in die eigenverantwortliche Entscheidungsgewalt des Beauftragten übergehen. Die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB führt zu einer jedenfalls partiellen Verlagerung strafbewehrter Pflichten von primär zuständigen Organen auf nachgeordnete Mitarbeiter. Deshalb darf auch nicht ohne Weiteres von der Übertragung von Leitungsbefugnissen auf die Begründung einer Normadressatenstellung geschlossen werden. Vielmehr ist zu prüfen, ob – wie etwa im Hinblick auf die betriebliche Struktur und die Vorerfahrung der handelnden Personen – eine sachliche Notwendigkeit für eine derart weitgehende Aufgabenübertragung bestanden haben könnte. Je weniger eine solche erkennbar ist, umso ferner liegt es, eine Übertragung genuiner Pflichten des Organs anzunehmen. Die sinnvolle Aufgabenabschichtung zwischen Organ und Beauftragtem liegt dem Tatbestand des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB als Grundidee zugrunde17, weil es für den Beauftragten regelmäßig nur unter dieser Voraussetzung möglich sein wird, im Aufgabenbereich des eigentlichen Organs selbständig zu handeln. Fehlt dem mit solchen Aufgaben Betrauten die eigene Entscheidungsfreiheit, dann handelt er nicht wie ein organschaftlicher Vertreter, sondern allenfalls als dessen Gehilfe18.
Gemessen an diesen Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall eine Beauftragung durch eine ausreichend befugte Personen nicht ersichtlich. Der Angeklagte K. hatte nur Mitentscheidungsbefugnis, aber nicht die alleinige Verantwortung.
Der Bundesgerichtshof wah auch insoweit von einer Zurückverweisung ab. Es erscheint ausgeschlossen, dass sich eine Beauftragtenstellung des Angeklagten K. in einem neuen tatrichterlichen Verfahren noch belegen ließe. Auf der Grundlage der Feststellungen liegt aber sicher eine Beihilfe (§ 27 StGB) des in vollem Umfang in das Tatgeschehen einbezogenen Angeklagten vor. Denn der Angeklagte K. sorgte für den Erwerb des Produkts „Storno-S. von der Kl. GmbH und schuf damit die Voraussetzungen dafür, dass die U. GmbH den Abschluss der „Storno…“-Verträge anbieten konnte. Später war er als Bereichsleiter für Finanzen und Rechnungswesen für die Verbuchung der Erlöse der U. GmbH verantwortlich.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 4. September 2019 – 1 StR 579/18
- vgl. auch BT-Drs. 16/3945, S. 56[↩]
- BVerwG, Urteile vom 29.09.1992 – 1 A 26/91 Rn. 14; vom 19.05.1987 – 1 A 88/83 Rn. 32, BVerwGE 77, 253, 254; vom 15.07.1980 – 1 A 9/78 Rn. 25; vom 19.06.1969 – I A 3.66 Rn. 16 f., BVerwGE 32, 196, 197; vom 21.09.1967 – I C 31.65 Rn. 31, BVerwGE 27, 334, 336; und vom 22.03.1956 – I C 147.54 Rn. 12, BVerwGE 3, 220, 221[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 24.05.1956 – I C 92.55 Rn.19, BVerwGE 3, 303, 304[↩]
- Wache/Lutz in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Januar 2020, § 1 VAG Rn. 13[↩]
- LG Leipzi, Urteil vom 04.12.2017 – 391 Js 57/13 15 KLs[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 24.09.2019 – 1 StR 346/18 Rn.20 ff.; und vom 03.03.2020 – 5 StR 595/19 Rn. 8[↩]
- BFH, Urteile vom 29.11.2006 – II R 78/04 Rn. 10; und vom 19.06.2013 – II R 26/11, BFHE 241, 431 Rn. 13; Beschluss vom 30.03.2015 – II B 79/14 Rn. 4, 12[↩]
- BFH, Urteile vom 14.11.2018 – XI R 16/17, BFHE 263, 71 Rn. 35; vom 07.12.2016 – II R 1/15, BFHE 256, 534 Rn. 12; vom 11.12.2013 – II R 53/11, BFHE 244, 56 Rn. 16; und vom 19.06.2013 – II R 26/11, BFHE 241, 431 Rn. 12[↩]
- BFH, Beschluss vom 30.03.2015 – II B 79/14 Rn. 8[↩]
- BFH, Urteile vom 13.12.2011 – II R 26/10, BFHE 236, 212 Rn. 18; vom 08.12.2010 – II R 12/08, BFHE 232, 223 Rn. 16 und – II R 21/09, BFHE 231, 403 Rn. 12[↩]
- BGH, Urteile vom 10.07.2019 – 1 StR 265/18 Rn. 30; vom 08.09.2011 – 1 StR 38/11 Rn. 21 f., BGHR StGB § 16 Abs. 1 Umstand 5; und vom 24.01.2018 – 1 StR 331/17 Rn. 14; jeweils mwN[↩]
- für die Versicherungsteuerpflicht: FG Köln, Urteil vom 16.03.2018 – 2 K 1430/14 – rechtskräftig[↩]
- BFH, Urteile vom 14.11.2018 – XI R 16/17, BFHE 263, 71 Rn. 46; vom 13.07.2006 – V R 24/02 Rn. 35, BFHE 213, 430, 436; vom 30.01.2003 – V R 13/02 Rn. 24; und vom 09.10.2002 – V R 67/01 Rn. 37, BFHE 200, 126, 129[↩]
- FG Köln aaO Rn. 46, 50[↩]
- Bücherl in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 1. Aufl., § 140 VAG Rn. 5; 2. Aufl., § 331 VAG Rn. 8; Wache/Lutz in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Januar 2020, § 331 VAG Rn. 5 f.[↩]
- BGH, Urteil vom 04.07.1989 – VI ZR 23/89 Rn. 9[↩]
- vgl. BT-Drs. 10/318 S. 15[↩]
- BGH, Beschluss vom 12.09.2012 – 5 StR 363/12, BGHSt 58, 10, 12 f. Rn. 13-15; Urteil vom 07.04.2016 – 5 StR 332/15, BGHR StGB § 14 Abs. 2 Nr. 2 Beauftragung 2 Rn. 16; Raum in Wabnitz/Janovsky/Schmitt, Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 5. Aufl., Kap. 4 Rn. 12[↩]