Steuerhinterziehung durch Unterlassen – durch den Angestellten

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei der vom Straftatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) vorausgesetzten steuerlichen Erklärungspflicht um ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB1, der als vertypter Strafmilderungsgrund eine Strafrahmenverschiebung eröffnet.

Steuerhinterziehung durch Unterlassen – durch den Angestellten

Im hier entschiedenen Fall war der Mitarbeiter jedoch nicht Steuerschuldner und damit auch nicht erklärungspflichtig. Die Feststellungen des Landgerichts, das für diese Fälle eine Beförderung unter Steueraussetzung nicht festgestellt hat, tragen nicht die Annahme, dass der Mitarbeiter Bezieher der Alkoholerzeugnisse im Sinne von § 149 Abs. 1 Satz 2 BranntwMonG bzw. § 24 Abs. 1 Satz 2 AlkStG und damit Steuerschuldner ist. Nach den Feststellungen des Landgerichts unterstützte er vielmehr den Haupttäter bei dessen Geschäften und unterlag dabei vollumfänglich dessen (arbeitsrechtlichen) Weisungen. Er wurde nicht selbst Vertragspartner und verfügte über keinerlei Verbindungen zu den Lieferanten, führte keine Preisabsprachen und zog aus den Hinterziehungshandlungen keinen konkreten Gewinn, sondern erhielt lediglich sein Angestelltengehalt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheidet eine weitere Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1 StGB lediglich dann aus, wenn die Tat allein wegen des Fehlens des strafbegründenden besonderen persönlichen Merkmals als Beihilfe statt als Täterschaft zu werten ist2. Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Das Landgericht hat die Unterstützungshandlungen des Mitarbeiters vielmehr ohne Anknüpfung an den Umstand, ob ihn eine steuerliche Erklärungspflicht traf, als Gehilfenbeiträge qualifiziert. Daher hätten auf der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts die Voraussetzungen einer weiteren Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben der des § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB geprüft werden müssen.

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Das Gericht hat dabei auch in den Blick zu nehmen, ob im Hinblick auf das zusätzliche Vorliegen des vertypten Strafmilderungsgrundes nach § 28 Abs. 1 StGB ein Absehen von der Regelwirkung nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in Betracht kommt.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22. Oktober 2019 – 1 StR 199/19

  1. vgl. BGH, Urteil vom 23.10.2018 – 1 StR 454/17 Rn. 18 ff., BGHSt 63, 282, 285 f.[]
  2. st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 25.10.2017 – 1 StR 310/16 Rn. 23; und vom 27.01.2015 – 4 StR 476/14 jeweils mwN[]

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