Bei der vom Straftatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) vorausgesetzten Erklärungspflicht handelt es sich, wie der Bundesgerichtshof im Jahr 2018 unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschiedenen hat1, um ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB, das eine Strafrahmenverschiebung eröffnet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheidet eine weitere Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1 StGB lediglich dann aus, wenn die Tat allein wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen Merkmals als Beihilfe statt als Täterschaft zu werten ist.
Ein solcher Fall lag im hier entschiedenen Fall jedoch nicht vor: Zwar kann Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlicher Tatsachen besonders verpflichtet ist2, was bei dem Angeklagten nicht der Fall ist. Das Landgericht hat den Tatbeitrag des Angeklagten jedoch unabhängig davon rechtsfehlerfrei als bloße Unterstützungshandlung für den erklärungspflichtigen Mitangeklagten H. bewertet. Die Voraussetzungen einer weiteren Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben der des § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB lagen daher hinsichtlich des Angeklagten vor.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Oktober 2020 – 1 StR 265/20