Der Bundesgerichtshof hat durch Urteil vom 23.10.2018 im Verfahren 1 StR 454/17 seine bisherige Rechtsprechung1 geändert und entschieden, dass es sich bei der vom Straftatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) vorausgesetzten Erklärungspflicht um ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB handelt, das eine Strafrahmenverschiebung eröffnet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheidet eine weitere Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1 StGB lediglich dann aus, wenn die Tat allein wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen besonderen Merkmals als Beihilfe statt als Täterschaft zu werten ist2.
Ein solcher Fall lag in dem hier entschiedenen Fall jedoch nicht vor: Zwar kann Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlicher Tatsachen besonders verpflichtet ist3, was beim Angeklagten jedoch nicht der Fall ist. Das Landgericht hat den Tatbeitrag des Angeklagten bereits ohne Anknüpfung an den Umstand, dass den Angeklagten keine steuerliche Erklärungspflicht traf, als Gehilfenbeitrag qualifiziert. Die Voraussetzungen einer weiteren Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben der des § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB lagen demnach vor.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. August 2019 – 1 StR 225/19
- vgl. BGH, Urteil vom 25.01.1995 – 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 27.01.2015 – 4 StR 476/14; vom 25.10.2017 – 1 StR 310/16 Rn. 23; vom 22.01.2013 – 1 StR 234/12 Rn. 10, BGHSt 58, 115; und vom 25.10.2011 – 3 StR 309/11 Rn. 3[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 23.10.2018 – 1 StR 454/17 Rn.19; und vom 09.04.2013 – 1 StR 586/12 Rn. 52, BGHSt 58, 218; Beschlüsse vom 23.08.2017 – 1 StR 33/17; und vom 14.04.2010 – 1 StR 105/10[↩]