Beim Delikt der Steuerhinterziehung kann die verkürzte Steuer „erlangtes Etwas“ i.S.v. § 73 Abs. 1 StGB sein, weil sich der Täter die Aufwendungen für diese Steuern erspart.

Dies gilt jedoch nicht schlechthin, weil die Einziehung an einen durch die Tat tatsächlich beim Täter eingetretenen Vermögensvorteil anknüpft und damit mehr als die bloße Tatbestandserfüllung voraussetzt. Offene Steuerschulden begründen nicht stets über die Rechtsfigur der ersparten Aufwendungen einen Vorteil im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB. Maßgeblich bleibt immer, dass sich ein Vorteil im Vermögen des Täters widerspiegelt1, dieser mithin in diesem Sinne über die Steuerersparnis verfügt. Bei der Umsatzsteuer unterliegen insbesondere ungerechtfertigte Vorsteuervergütungsbeträge der Einziehung.
Demgegenüber scheidet im Rahmen einer Scheinlieferbeziehung beim Rechnungsaussteller eine Einziehung in Höhe der gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG entstandenen, aber nicht angemeldeten Umsatzsteuer aus, weil die Steueranmeldung nicht dazu führt, dass sich ein Vermögensvorteil in dessen Vermögen niederschlägt. Ein abzuschöpfender Vermögensvorteil tritt nur im Vermögen desjenigen ein, der auf der Grundlage von Scheinrechnungen unberechtigt Vorsteuerabzüge geltend macht2.
Im Falle der Hinterziehung von Einkommensteuer spiegeln sich die für verkürzte Steuern ersparten Aufwendungen im Vermögen des Täters jedenfalls dann wider, wenn bei diesem ein der Einkommensteuer unterliegender Zuwachs vorhanden ist3. Ein Geldbetrag in Höhe der für die verkürzte Einkommensteuer ersparten Aufwendungen unterliegt daher als Wert der Taterträge gemäß § 73c Satz 1 StGB der Einziehung.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 6. August 2020 – 1 StR 198/20
- st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11.07.2019 – 1 StR 620/18 Rn.19 f.; Beschlüsse vom 05.06.2019 – 1 StR 208/19 Rn. 10; vom 24.07.2019 – 1 StR 363/18 Rn. 15 f.; vom 08.08.2019 – 1 StR 679/18 Rn. 8 f.; und vom 22.10.2019 – 1 StR 271/19 Rn. 13 f.[↩]
- BGH, Urteil vom 05.06.2019 – 1 StR 208/19 Rn. 12[↩]
- BGH, Beschluss vom 05.09.2019 – 1 StR 99/19 Rn. 6[↩]