Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB kann der Täter eines versuchten Delikts strafbefreiend vom Versuch zurücktreten, wenn er freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt.

Freiwilligkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn der Täter „Herr seiner Entschlüsse“ geblieben ist und er die Ausführung seines Verbrechensplans noch für möglich hält, er also weder durch eine äußere Zwangslage daran gehindert noch durch seelischen Druck unfähig geworden ist, die Tat zu vollbringen1.
Erst wenn durch von außen kommende Ereignisse aus Sicht des Täters ein Hindernis geschaffen worden ist, das der Tatvollendung zwingend entgegensteht, ist er nicht mehr Herr seiner Entschlüsse und eine daraufhin erfolgte Abstandnahme von der weiteren Tatausführung als unfreiwillig anzusehen2.
Hieran gemessen erweist sich im hier entschiedenen Fall die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte sei freiwillig vom unbeendeten Versuch zurückgetreten, als rechtsfehlerfrei. Der Angeklagte war weder durch objektive Umstände noch aufgrund seiner psychischen Verfassung – Erschrecken über sein eigenes Verhalten ? daran gehindert, seinen Angriff auf den Nebenkläger fortzusetzen. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Angeklagte einem seelischen Druck ausgesetzt war, der ihn an der weiteren Tatausführung abhielt. Vielmehr hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass er sich in Kenntnis der Möglichkeit, einen weiteren Stich zu setzen, entschied, „seinen Angriff zu beenden und zu fliehen“. Hiergegen ist für den Bundesgerichtshof revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
Auch der Umstand, dass der Angeklagte sein außertatbestandliches Handlungsziel – hier der Denkzettel für den Nebenkläger – durch die Messerstiche erreicht hat, schließt einen (freiwilligen) Rücktritt vom unbeendeten Versuch nicht aus3.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 2. Februar 2022 – 2 StR 41/21
- st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 10.04.2019 ? 1 StR 646/18, NStZ 2020, 81, 82; vom 28.09.2017 ? 4 StR 282/17 10, jeweils mwN; BGH, Beschluss vom 03.04.2014 ? 2 StR 643/13, NStZ-RR 2014, 241[↩]
- st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 14.01.2020 – 2 StR 284/19, NStZ 2020, 341; BGH, Urteil vom 10.04.2019 ? 1 StR 646/18, aaO[↩]
- st. Rspr.; vgl. Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 14.01.2020 – 2 StR 284/19, NStZ 2020, 341 f.; vom 07.03.2018 – 2 StR 353/17, StV 2020, 285, 286 mwN; BGH, Beschluss vom 19.05.1993 – GSSt 1/93, BGHSt 39, 221[↩]
Bildnachweis:
- Messer: PublicDomainPictures | CC0 1.0 Universal