Bewährungswiderruf wegen Weisungsverstößen – und die Prognoseentscheidung

Auch die Vollstreckungsgerichte sind mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gehalten, Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung und einer in tatsächlicher Hinsicht genügenden Grundlage zu treffen, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht1.

Bewährungswiderruf wegen Weisungsverstößen – und die Prognoseentscheidung

Gesetzlich ist in Fällen einer Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung wegen Weisungsverstößen eine prognostische Begutachtung durch einen Sachverständigen nicht gefordert.

Für die vom Vollstreckungsgericht selbständig zu treffende Prognose2, ob aus einem Weisungsverstoß die Besorgnis folgt, der Verurteilte werde erneut Straftaten begehen, verfügen die Vollstreckungsgerichte in der Regel über eigene Sachkunde.

Auf die Unterstützung eines Sachverständigen ist der zuständige Richter nach Aufklärungsgesichtspunkten nur angewiesen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine ergänzende Befunderhebung oder sachverständige wissenschaftliche Bewertung erforderlich sein könnte, für die ihm die Sachkunde fehlt. Dies ist mit Blick auf psychiatrische oder psychologische Sachverständigengutachten nur dann der Fall, wenn Anhaltspunkte für eine entscheidungserhebliche psychische Fehlhaltung oder gar Erkrankung vorliegen3.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17. Oktober 2019 – StB 25/19

  1. vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.1985 2 BvR 1150/80 u.a., BVerfGE 70, 297, 308 mwN[]
  2. vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.1985 2 BvR 1150/80 u.a., BVerfGE 70, 297, 310[]
  3. BVerfG, Beschluss vom 02.05.2002 2 BvR 613/02, NJW 2002, 2773, 2774[]

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