Ist eine Person freigesprochen worden, hat aber selbst zu ihrer Untersuchungshaft grob fahrlässig beigetragen, muss keine Entschädigung für die erlittene Untersuchungshaft gezahlt werden.

So hat das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken in dem hier vorliegenden Fall die Entschädigung für 10 Monate Untersuchungshaft abgelehnt und damit die Entscheidung des Landgerichts Frankenthal bestätigt1. Ende Juni 2018 war der inzwischen 26-jährige Mann mit Wohnsitz in Litauen zusammen mit einem Landsmann nachts in einem Auto in Dannstadt – Schauernheim festgenommen worden. Beide Männer kamen in Untersuchungshaft. Ihnen wurde ein versuchter Diebstahl eines vor einem Anwesen geparkten Luxusfahrzeugs vorgeworfen, eines BMW 530d im Wert von circa 80.000,00 Euro. Hierbei sollte ein sog. Funkwellen-Verlängerer eingesetzt werden, um das „Keyless-Go-System“ des wertvollen BMW auszutricksen, was letztlich fehlgeschlagen ist.
Nachdem das Amtsgericht Ludwigshafen zunächst beide Männer zu Freiheitsstrafen verurteilt hatte, sprach das Landgericht Frankenthal im Berufungsverfahren nur einen der beiden schuldig, den 26-Jährigen dagegen frei. Nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ sei diesem die Beteiligung an der Tat nicht hinreichend sicher nachzuweisen. Anders als der Verurteilte war nämlich die zweite Person auf den Aufnahmen der am Haus befindlichen Überwachungskamera nicht eindeutig zu identifizieren. Es ließ sich deshalb für das Landgericht Frankenthal nicht ausschließen, dass es zwischen dem Diebstahlsversuch und der später erfolgten Festnahme zu einem Wechsel des Fahrzeuginsassen gekommen war.
Der Mann erhält in diesem Fall für die erlittene Untersuchungshaft jedoch keine Entschädigung – trotz Freispruch. Die nach dem Strafverfolgungsentschädigungsgesetz (StrEG) an sich zu zahlende Entschädigung in Höhe von 25,00 € pro Tag sei hier ausnahmsweise ausgeschlossen. Denn der Mann habe durch sein Verhalten in der Tatnacht selbst dazu beigetragen, dass er in Verdacht geraten sei und deshalb seine U-Haft selbst grob fahrlässig herbeigeführt. Auch wenn ihm nicht nachgewiesen werden könne, dass er bei dem Diebstahlsversuch mitgewirkt habe, so könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass er später im Täterfahrzeug festgenommen worden sei. Darin seien Mützen, Handschuhe sowie technisches Gerät für die Begehung von Straftaten mitgeführt worden. Zudem hätten die Beteiligten sich nachts ohne plausiblen Grund fern ihrer eigenen Wohnorte befunden.
Nach Auffassung des Gerichts habe dem Mann als Beifahrer deshalb klar sein müssen, dass Straftaten begangen werden und sich alle Insassen dieses Fahrzeugs, somit auch er selbst, verdächtig machten. Er habe sich somit freiwillig in eine Situation begeben, in der er mit einer Strafverfolgung rechnen musste. In einem solchen Fall sei nach der Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 2 StrEG eine Haftentschädigung ausgeschlossen.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 7. Juli 2020 – 1 Ws 276/19
- LG Frankenthal, Beschluss vom 18.06.2019 – 5 Ns 5171 Js 24262/18[↩]