Die Verlegung eines Häftlings – und die Berücksichtigung familiärer Belang

Gefangene haben bei Verlegungsentscheidungen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensausübung, die dem verfassungsrechtlichen Gewicht des Resozialisierungsziels und der für die Erreichbarkeit dieses Ziels maßgebenden Umstände Rechnung trägt1.

Die Verlegung eines Häftlings – und die  Berücksichtigung familiärer Belang

Für das Resozialisierungsziel, auf das der Strafvollzug von Verfassungs wegen auszurichten ist2, haben die familiären Beziehungen des Gefangenen wesentliche Bedeutung.

Der Staat hat die Pflicht, die Ehe und die Familie durch geeignete Maßnahmen zu schützen und zu fördern3. Art. 6 Abs. 1 GG kommt als wertentscheidender Grundsatznorm auch im Haftvollzug besondere Bedeutung zu. Regelmäßig fördern der Bestand und die Stärkung familiärer Beziehungen die Chancen der Eingliederung des Gefangenen4.

Den Belastungen und Gefährdungen, die der Vollzug einer Freiheitsstrafe für diese Beziehungen naturgemäß bedeutet, muss die Ausgestaltung des Vollzuges daher nicht nur mit Rücksicht auf das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG, sondern auch im Hinblick auf das verfassungsrechtlich geschützte Resozialisierungsinteresse des Gefangenen nach Kräften entgegenzuwirken suchen5.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. März 2020 – 2 BvR 1362/19

  1. vgl. BVerfGK 8, 36, 42; Beschluss vom 20.06.2017 – 2 BvR 345/17, Rn. 37[]
  2. vgl. BVerfGE 35, 202, 235 f.; 36, 174, 188; 45, 187, 238 f.; 98, 169, 200 f.[]
  3. vgl. BVerfGE 105, 313, 346; 124, 199, 225; 130, 240, 252[]
  4. vgl. BVerfGE 89, 315, 322; BVerfGK 8, 36, 41 m.w.N.[]
  5. vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.06.2017 – 2 BvR 345/17, Rn. 36[]
Weiterlesen:
Führungsaufsicht und Sicherungsverwahrung

Bildnachweis: