Es besteht keine gesetzliche Grundlage, im Fall der Erledigung einer Maßregel, mit deren Vollzug drei Jahre nach Rechtskraft des Urteils noch nicht begonnen worden ist, eine Entschei-dung über die Aussetzung der Vollstreckung einer bislang ebenfalls noch nicht vollzogenen Be-gleitstrafe zu treffen.

Eine entsprechende Anwendung von Vorschriften über die (Rest-)Strafenaussetzung im Zusammenhang mit der Erledigung oder der Aussetzung von Maßregelanordnungen kommt nach Ansicht des Oberlandesgerichts Celle in einem solchen Fall nicht in Betracht.
Vorschriften hierzu, wie die §§ 57, 67 Abs. 5 StGB, setzen jeweils voraus, dass jedenfalls ein wesentlicher Teil des im Urteil als schuldangemessener Sühneausgleich angeordneten Freiheitsentzuges – sei es in der Maßregelunterbringung oder im Strafvollzug – vollzogen ist. Von diesen Fällen unterscheidet sich der vorleigende Fall, in dem der Verurteilte bislang lediglich einen geringen Teil der durch seine Straftat verwirkten Strafe durch gemäß § 51 StGB anzurechnende Untersuchungshaft gleichsam vorab verbüßt hat. Auch allgemeine Verhältnismäßigkeitserwägungen zwingen insoweit nicht zu einer anderen Entscheidung. Unabhängig davon, dass der Beschwerdeführer aus der bisherigen über dreijährigen Zeit in Freiheit begünstigt ist, gibt es keinen Rechtssatz, dass eine nur ausreichend lange straffreie Zeit in Freiheit die weitere Vollstreckung einer noch nicht vollzogenen Freiheitsstrafe regelmäßig verbieten würde. Andernfalls müssten sich entsprechende Erwägungen auch in Fällen aufdrängen, in denen sich Verurteilte nur lange genug verborgen halten, ohne weitere (entdeckte) Straftaten zu begehen. Die Grenze der Unverhältnismäßigkeit der Strafvollstreckung wird für all diese Fälle im Gesetz selbst durch die Regelung der Vollstreckungsverjährung in § 79 StGB gesetzt.
Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 2. Februar 2022 – 2 Ws 26/22
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