Bereits das Wecken und Fördern der Mitwirkungsbereitschaft des Strafgefangenen ist Aufgabe und Bestandteil der therapeutischen Behandlung, um den drohenden Vollzug einer Sicherungsverwahrung zu vermeiden. Diese muss eine psychiatrische, psycho- oder sozialtherapeutische Behandlung beinhalten, die auf den Gefangenen zugeschnitten ist, soweit standardisierte Angebote nicht Erfolg versprechend sind.

Nach § 66c Abs. 2 StGB ist bei angeordneter Unterbringung in der Sicherungsverwahrung dem Täter schon im Strafvollzug eine Betreuung im Sinne von § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB, insbesondere eine sozialtherapeutische Behandlung, anzubieten mit dem Ziel, die Vollstreckung der Unterbringung möglichst entbehrlich zu machen. Dem Gefangenen ist hiernach eine Betreuung anzubieten, die „individuell und intensiv sowie geeignet ist, seine Mitwirkungsbereitschaft zu wecken und zu fördern, insbesondere eine psychiatrische, psycho- oder sozialtherapeutische Behandlung, die auf den Gefangenen zugeschnitten ist, soweit standardisierte Angebote nicht Erfolg versprechend sind“ (§ 66c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB).
Mit Einführung des § 66c StGB durch das Gesetz zur bundesrechtlichen Absicherung des Abstandsgebots in der Sicherungsverwahrung vom 05.12 20121 sind in Umsetzung der Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts aus dessen Urteil vom 04.05.20112 ausdrückliche Regelungen zur Festschreibung des Trennungs- und Abstandsgebots des Vollzugs der Sicherungsverwahrung zum Strafvollzug, aber auch gleichzeitig ausdrückliche Anordnungen zum therapieorientierten Vollzug getroffen worden, welche sämtlich dem vorrangigen Ziel dienen, die „Gefährlichkeit“ des Sicherungsverwahrten „für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Maßregel möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder sie für erledigt erklärt werden kann“ (§ 66c Abs. 1 Nr. 1 b StGB). An diesem vorrangigen Ziel soll gemäß § 66c Abs. 2 StGB auch bereits die der Sicherungsverwahrung vorangehende Strafvollstreckung in besonderem Maße orientiert sein mit der Folge, dass hinsichtlich zu gewährender Behandlungsangebote eine Privilegierung der Strafgefangenen mit anschließender Sicherungsverwahrung gegenüber den „normalen“ Strafgefangenen ausdrücklich normiert worden ist3. Das besondere gesetzgeberische Interesse an der Durchführung sowie auch der Kontrolle entsprechender Maßnahmen findet in der gleichzeitig neu eingefügten Vorschrift des § 119a StVollzG seinen Ausdruck, nach welcher die Einhaltung der Vorschriften über die notwendige Betreuung und Behandlung der Strafgefangenen mit nachfolgender Sicherungsverwahrung von den (großen) Strafvollstreckungskammern in festgelegten Abständen (vgl. § 119a Abs. 3 StVollzG) von Amts wegen zu überprüfen ist. Eine Missachtung des § 66c Abs. 2 StGB kann zur Folge haben, dass die Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 67c Abs. 1 Nr. 2 StGB wegen Unverhältnismäßigkeit zur Bewährung auszusetzen ist4.
Nach dem bereits zitierten Wortlaut des § 66c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB ist das Wecken und Fördern der Mitwirkungsbereitschaft Aufgabe und Bestandteil der therapeutischen Behandlung5. Diese muss eine psychiatrische, psycho- oder sozialtherapeutische Behandlung beinhalten, die auf den Gefangenen zugeschnitten ist, soweit standardisierte Angebote nicht Erfolg versprechend sind. Weder dem angefochtenen Beschluss noch der Begründung des Ablehnungsbescheids ist zu entnehmen, dass dem Antragsteller bereits eine diesen Anforderungen genügende, auf seinen konkreten Einzelfall zugeschnittene Therapie angeboten worden ist.
Das vorliegende Gutachten belegt auch nicht etwa eine absolute Therapie- bzw. Behandlungsunfähigkeit des Antragstellers. Dies würde eine mit therapeutischen Mitteln nicht erreichbare Persönlichkeitsstörung oder eine auf Dauer angelegte und mit therapeutischen Mitteln nicht mehr aufzubrechende und somit nicht zu korrigierende Verweigerung der Mitarbeit an der Behandlung voraussetzen, die nur anzunehmen wäre, wenn jeder Ansatzpunkt für eine therapievorbereitende Motivationsarbeit gänzlich fehlte6.
Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 28. August 2014 – 1 Ws 355/14 (StrVollz)
- BGBl. I 2425[↩]
- BVerfG, Urteil vom 04.05.2011 – 2 BvR 2365/09 u.a., BVerfGE 128, 326 ff.[↩]
- vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28.04.2014 – III-1 Vollz (Ws) 28/14[↩]
- vgl. dazu OLG Celle, Beschluss vom 07.05.2014 – 2 Ws 71/14[↩]
- so auch schon OLG Celle, Beschluss vom 03.08.2007 – 1 Ws 294/07, StraFo 2007, 435, zu § 9 Abs. 1 StVollzG[↩]
- vgl. OLG Celle, a.a.O.; ebenso OLG Schleswig, Beschluss vom 31.10.2005 – 2 Vollz Ws 415/05; KG, Beschluss vom 28.04.2000 – 5 Ws 754/99, jew. m.w.N.[↩]