Die Strafbemessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen.

In diese Einzelakte der Strafzumessung darf das Revisionsgericht nur bei Vorliegen eines Rechtsfehlers eingreifen, der etwa dann gegeben sein kann, wenn die Erwägungen des Tatrichters in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen anerkannte Strafzwecke verstößt oder die Strafe sich von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nach oben oder unten löst [1].
Das gilt auch, soweit die tatrichterliche Annahme oder Verneinung eines minder schweren Falles zur revisionsgerichtlichen Prüfung steht [2].
Gemessen daran griffen in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die Beanstandungen der Staatsanwaltschaft nicht durch:
Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht nicht übersehen, dass jeweils eine große Menge an Betäubungsmitteln Gegenstand der Tat war. Insofern zutreffend hat die Strafkammer gesehen, dass dies die Bewertung als minder schwerer Fall des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 3 BtMG bei Vorliegen gewichtiger Milderungsgesichtspunkte nicht ausschließt [3]. Die Ausführungen der Strafkammer, der zu entscheidende Fall sei mit dem der BGH-Entscheidung vom 03.07.2019 [4] zugrundeliegenden Sachverhalt vergleichbar, geben zwar Anlass zu dem Hinweis, dass für Vergleiche mit der Strafzumessung in anderen Urteilen regelmäßig kein Raum ist [5]. Der Bundesgerichtshof kann aber nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ausschließen, dass die Strafkammer bei der Strafzumessung andere als die relevanten Umstände des konkreten Falles in den Blick genommen hat. Sie hat neben den inmitten stehenden Betäubungsmittelmengen insbesondere auch bedacht, dass der Angeklagte zugriffsbereit mehrere Waffen (eine verbotene und weitere erlaubnispflichtige) in seiner Wohnung aufbewahrte.
Die Rüge, das Landgericht habe dem Geständnis des Angeklagten ein zu großes Gewicht beigemessen, greift ebenfalls nicht durch.
Zwar weist die Staatsanwaltschaft zutreffend darauf hin, dass die Strafkammer hinsichtlich des zur Aburteilung gelangten Sachverhalts nicht erkennbar in den Blick genommen hat, dass bereits gewichtige Indizien für ein Handeltreiben des Angeklagten und nicht lediglich den Besitz von Betäubungsmitteln festgestellt sind:
- die sichergestellte Menge an Haschisch und Marihuana [6];
- der Umstand, dass zugleich in der Wohnung des ansonsten mittellosen Angeklagten wahllos verstreutes Bargeld in Höhe von mehr als 19.000 € [7] sowie
- „dealertypische“ Gegenstände (eine Feinwaage und in einem Karton aufbewahrte „Zip-Tütchen“) aufgefunden wurden.
Die Staatsanwaltschaft übersieht indes, dass der Angeklagte auch Angaben zu einem über die sichergestellten Betäubungsmittel hinausgehenden Handel ab dem Jahr 2015 gemacht hat, hinsichtlich dessen weitere Beweismittel oder anzeichen nicht festgestellt sind, und auf den das Landgericht seine Einziehungsentscheidung gestützt hat. Ferner würdigt das Landgericht strafmildernd, dass der Angeklagte nicht vorbestraft und erstmals in Untersuchungshaft ist, dass er sich schon bei der Durchsuchung kooperativ gezeigt hat, dass der Großteil des erworbenen Rauschgifts sichergestellt werden konnte, dass es sich um „weiche“ Drogen gehandelt hat, dass der Angeklagte seit Jahren abhängig ist und die Tat im Zusammenhang mit dieser Abhängigkeit steht, dass er sich im Tatzeitraum in einer schwierigen Lebenssituation befunden hat und dass er nunmehr gewillt ist, sein Suchtproblem aktiv anzugehen und sein Leben zu verändern. Es ist daher auszuschließen, das Landgericht könnte dem Geständnis des Angeklagten ein solches Gewicht beigemessen haben, dass die Annahme eines minder schweren Falles durchgreifend rechtsfehlerhaft wäre.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 1. Juli 2020 – 2 StR 547/19
- st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2018 – 4 StR 135/18 Rn. 29; BGH, Urteil vom 02.12.2015 – 2 StR 258/15 Rn. 26 je mwN[↩]
- st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 26.07.2006 ? 1 StR 150/06, NStZ-RR 2006, 339; und vom 31.07.2014 ? 4 StR 216/14 Rn. 5[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 03.07.2019 – 2 StR 589/18 Rn. 13[↩]
- 2 StR 589/18[↩]
- BGH, Urteil vom 02.12.2015 – 2 StR 258/15 Rn. 30; BGH, Beschluss vom 28.06.2011 – 1 StR 282/11, BGHSt 56, 262, 263 ff.[↩]
- vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 66[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 18.05.2016 – 2 StR 406/15 Rn. 8[↩]
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