Strafzumessung und Lebenserwartung

Es ist nicht ausreichend, bei der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er „an einer schweren Krebserkrankung leidet, die mit einer äußerst geringen Restlebenserwartung verbunden ist“.

Strafzumessung und Lebenserwartung

Es muss vielmehr auch bedacht werden, dass die restliche Lebenserwartung des Angeklagten den getroffenen Feststellungen zufolge wahrscheinlich nur ein bis zwei Jahre beträgt und deshalb deutlich kürzer ist als die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe.

Diese stößt daher auf durchgreifende rechtliche Bedenken, weil es jedenfalls in solchen Fällen vor dem Hintergrund, dass einem zu einer Freiheitsstrafe Verurteilten im Hinblick auf den aus der Menschenwürde folgenden Freiheitsanspruch (Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) grundsätzlich eine realistische Chance verbleiben muss, seine Freiheit wieder zu erlangen1, einer ausdrücklichen Erörterung bedarf, ob ein Ausgleich der Schuld möglicherweise auch noch durch eine geringere als die sonst schuldangemessene Strafe erreicht werden kann2.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. Januar 2018 – 3 StR 613/17

  1. BVerfG, Urteil vom 21.06.1977 – 1 BvL 14/76, BVerfGE 45, 187, 228 f., 239; Beschlüsse vom 22.05.1995 – 2 BvR 671/95, NStZ 1996, 53, 54; vom 24.04.1986 – 2 BvR 1146/85, BVerfGE 72, 105, 115 ff.[]
  2. vgl. dazu BGH, Beschluss vom 23.10.1986 – 2 StR 528/86, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 3; Urteil vom 29.04.1987 – 2 StR 107/87, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 7[]
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