Überhöhte Wasserpreise

Der Bundesgerichtshof hat sich aktuell mit einem kartellrechtlichen Missbrauchsverfahren gegen die Energie Calw GmbH wegen überhöhter Wasserpreise befasst. Die zuständige Landeskartellbehörde hat diesem Wasserversorgung aufgegeben, unter Beibehaltung des aktuellen Grundpreises für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 allen Tarifkunden einen Nettopreis von nicht mehr als 1,82 € statt zuvor 2,79 € je Kubikmeter Wasser zu berechnen und ihnen im Falle einer bereits erfolgten Endabrechnung die Differenz zu erstatten.

Überhöhte Wasserpreise

Auf die Beschwerde der Energie Calw GmbH hat das Oberlandesgericht Stuttgart die Verfügung wegen grundlegender Bedenken gegen die von der Landeskartellbehörde gewählte Kontrollmethode zunächst aufgehoben, der Bundesgerichtshof hat diese erste Entscheidung des OLG Stuttgart jedoch seinerseits aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht Stuttgart zurückverwiesen1. Dabei hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, ein Preishöhenmissbrauch im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB könne nicht nur aufgrund einer Vergleichsmarktbetrachtung festgestellt, sondern auch dadurch ermittelt werden, dass die Preisbildungsfaktoren überprüft würden.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat daraufhin die Verfügung der Landeskartellbehörde erneut insgesamt aufgehoben und die Sache an die Landeskartellbehörde zurückverwiesen2. Dabei ist das OLG Stuttgart davon ausgegangen, dass die Vorgaben der Strom- und der Gasnetzentgeltverordnung zwar eine zulässige und tragfähige Einstiegsgröße zur gebotenen Preismissbrauchskontrolle darstellten, dass sie aber, wenn man sich dafür entscheiden würde, als geschlossenes System insgesamt angewendet werden müssten, was die Landeskartellbehörde nicht getan habe. Im Übrigen hat das Beschwerdegericht verschiedene Kürzungen in der Kostenkalkulation der Landeskartellbehörde beanstandet. Diese zweite Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart hat der Bundesgerichtshof auf die Rechtsbeschwerde der Landeskartellbehörde jetzt wiederum aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung erneut an das OLG Stuttgart zurückverwiesen:

Weiterlesen:
Der Handel mit Betäubungsmitteln - und die Vorgespräche

Das Oberlandesgericht ist nicht berechtigt, befand der Bundesgerichtshof, die angefochtene Verfügung vollständig aufzuheben, wenn sich diese nur teilweise als rechtswidrig erweist. Das Oberlandesgericht hätte unter dieser Voraussetzung vielmehr nur den für rechtswidrig erkannten Teil der Verfügung aufheben dürfen und im Übrigen die Beschwerde zurückweisen müssen.

Im weiteren Verfahren vor dem OLG Stuttgart wird es u.a. wieder um den zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt der Kostenkontrolle gehen. Der Bundesgerichtshof hat darauf hingewiesen, dass die Kartellbehörde bei einer Preismissbrauchskontrolle anhand der Preisbildungsfaktoren auf die einschlägigen und gegebenenfalls weiterzuentwickelnden ökonomischen Theorien zurückgreifen könne. Der Begriff der „ökonomischen Theorien“ sei dabei weit zu verstehen und umfasse auch die Grundsätze der Strom- und der Gasnetzentgeltverordnung. Anders als vom Beschwerdegericht angenommen bestehe jedoch keine Bindung an diese Verordnungen in dem Sinne, dass sie entweder ganz oder gar nicht berücksichtigt werden dürften. Vielmehr müsse die Tragfähigkeit aller von der Kartellbehörde angewandter Methoden der Kostenkontrolle je für sich überprüft werden.

Weiter hat der Bundesgerichtshof nunmehr Ausführungen zur Beweislast gemacht: Zwar herrsche im Kartell-Verwaltungsverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz. Das betroffene Unternehmen habe jedoch Mitwirkungspflichten. Wenn es diese verletze, könne dies im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu seinen Lasten Berücksichtigung finden.

Auch hat der Bundesgerichtshof ein Einschreiten der Kartellbehörde anders als das Oberlandesgericht Stuttgart, das die Grenze bei 7,5 % gesehen hat, schon dann für möglich gehalten, wenn die Preise um 3 % überhöht sind.

Weiterlesen:
Mitwirkungspflichten im Kartellverwaltungsverfahren

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Juli 2015 – KVR 77/13

  1. BGH, Beschluss vom 15.05.2012 – KVR 51/11[]
  2. OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.09.2013 – 201 Kart 1/12, ZNER 2013, 614[]