Voraussetzung einer Ordnungswidrigkeit nach den § 24 StVG, §§ 49 Abs. 1 Nr. 22, 23 Abs. 1 Satz 1 StVO, §§ 34 Abs. 3, 5 und 6, 69a Abs. 3 Nr. 4 StVZO ist, dass i.S.d. genannten Vorschriften überladene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr überladen gefahren worden ist. Dies ist durch das Amtsgericht festzustellen, ebenso Örtlichkeit und Dauer der Fahrt sowie die Art der bei Fahrten verwendeten Fahrzeuge. Für die nach § 29a Abs. 2 OWiG gebotene Ermessensausübung sind insbesondere Feststellungen – nebst zugehöriger Beweiswürdigung – dazu erforderlich, ob im vorliegenden Fall von vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstößen gegen die Beladungsvorschriften der StVZO auszugehen ist.

Nach § 29a Abs. 2 OWiG muss aus einer mit Geldbuße bedrohten Handlung eines anderen Täters der Verfallsbetroffene etwas erlangt haben. Voraussetzung einer Ordnungswidrigkeit nach den §§ 24 StVG, 49 Abs. 1 Nr. 22, 23 Abs. 1 S. 1 StVO, 34 Abs. 3, 5 u. 6, 69a Abs. 3 Nr. 4 StVZO ist, dass das im Sinne der genannten Vorschriften überladene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr überladen gefahren worden ist, denn, wie sich aus der Beschreibung des AnwendungsbeR.s der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in § 16 Abs. 1 StVZO ergibt, regelt diese die Zulassung von Fahrzeugen zum öffentlichen Straßenverkehr. Deshalb gilt sie auch hinsichtlich der Vorschriften über die Beladung von Fahrzeugen lediglich für deren Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr und nicht für einen Betrieb auf privatem Grund.
Dazu hat in dem hier entschiedenen Fall das Amtsgericht indes weder ausdrücklich noch dem Sinn nach Feststellungen getroffen. Solche Feststellungen lassen sich insbesondere nicht aus den in der in die Urteilsgründe eingefügten Tabelle enthaltenen Angaben entnehmen. Daraus ergeben sich weder Örtlichkeiten der vorgenommenen Fahrten noch auch nur eine bestimmte Dauer, aus der möglicherweise dahingehende Rückschlüsse gezogen werden könnten, dass entsprechend lange Fahrten sich nicht mehr allein auf privatem Grund und Boden abgespielt haben könnten. Festgestellt sind nämlich lediglich jeweils ein Datum und eine Uhrzeit, ohne Angabe, ob es sich bei der Uhrzeit etwa um die Zeit des Beginns oder des Endes der Fahrt oder den Zeitpunkt, in dem die Fahrzeuge gewogen worden sind, handelt. Eine Angabe der Dauer der Fahrten fehlt ebenso wie eine Angabe zu den betreffenden Örtlichkeiten. Auch aus der Angabe der Fahrzeugkennzeichen lässt sich nicht ohne weiteres schließen, dass die dem amtsgerichtlichen Urteil zu Grunde gelegten Fahrten im öffentlichen Straßenverkehr stattgefunden haben, da auch mit grundsätzlich für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassenen und mit einem Kennzeichen versehenen Fahrzeugen Fahrten allein auf privatem Grund durchgeführt werden können.
Dass ausweislich der amtsgerichtlichen Beweiswürdigungserwägungen der Geschäftsführer der Verfallsbetroffenen in der Hauptverhandlung „die in der Verfallsanordnung getroffenen Feststellungen zu den überladenen Transporten und den dafür jeweils vereinnahmten Entgelten ausdrücklich als zutreffend anerkannt“ hat, vermag die aufgezeigte Feststellungslücke nicht zu schließen, da sich daraus eine Durchführung der Fahrten im öffentlichen Straßenverkehr ebenfalls nicht ergibt.
Außerdem fehlt es an amtsgerichtlichen Feststellungen zur Art der bei den dem amtsgerichtlichen Urteil zu Grunde liegenden Fahrten verwendeten Fahrzeuge, ohne die das Oberlandesgericht die in der in die amtsgerichtlichen Urteilsgründe eingefügten Tabelle enthaltenen Angaben zu der jeweiligen „zGM“, womit nach dem Zusammenhang mit den in den Spalten „Tara“, „Netto“, „Brutto“ und „Übertonnage-60 kg“ enthaltenen Angaben ersichtlich das zulässige Gesamtgewicht gemeint sein soll, welches in der Tabelle für alle Fälle jeweils mit „40“ – gemeint: Tonnen – angegeben ist, nicht überprüfen kann1.
Zu den amtsgerichtlichen Beweiswürdigungserwägungen weist das Oberlandesgericht vorsorglich darauf hin, dass diese den an eine Darlegung der tragenden Beweiserwägungen eines Gerichts zu stellenden Anforderungen2 ebenfalls nicht genügen.
Hinsichtlich der nach den Beweiswürdigungserwägungen „in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden“ fehlt es an jeglicher Angabe dazu, um welche Urkunden es sich dabei handelt und was sich aus den Urkunden zur Überzeugung des Amtsgerichts ergeben soll. Damit ist dem Oberlandesgericht als Rechtsbeschwerdegericht jegliche Überprüfung unmöglich gemacht, ob die Beweiswürdigungserwägungen des Amtsgerichts und damit auch die daraus gewonnenen Feststellungen insoweit auf einer tragfähigen Grundlage beruhen.
Entsprechendes gilt für die in den amtsgerichtlichen Beweiswürdigungserwägungen angeführten Angaben des Geschäftsführers der Verfallsbetroffenen, zu deren Inhalt in den Urteilsgründen lediglich mitgeteilt worden ist: „Insbesondere wurden die in der Verfallsanordnung getroffenen Feststellungen zu den überladenen Transporten und den dafür jeweils vereinnahmten Entgelten ausdrücklich als zutreffend anerkannt.
Zum einen kann auch im Rahmen der Wiedergabe der Einlassung einer Betroffenen bzw. deren Geschäftsführers nicht auf Aktenbestandteile verwiesen werden. Eine Bezugnahme auf Aktenbestandteile ist vielmehr gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 S. 3 StPO lediglich für bei den Akten befindliche Abbildungen3 und auch insoweit nur „wegen der Einzelheiten“, nicht also pauschal ohne jegliche Beschreibung des wesentlichen „Aussageinhalts“ der Abbildung4, zulässig.
Zum anderen ist bei der Stützung eines Beweisergebnisses auf geständige Angaben einer Betroffenen bzw. – wie hier – deren vertretungsberechtigten Geschäftsführers zu beachten, dass ein verurteilendes Erkenntnis nicht auf Angaben gestützt werden darf, von deren Richtigkeit das Gericht nicht überzeugt ist5, und ein Geständnis, mit welchem pauschal die Richtigkeit mehrerer hundert differenzierter Einzeldaten bestätigt worden ist, nach der Natur der Sache hier in Gestalt menschlicher Wahrnehmungs- und Merkfähigkeiten in der Regel Zweifeln begegnen muss. Deshalb sind nach zu verschiedenen Ordnungswidrigkeitstatbeständen entwickelter Rechtsprechung selbst bei sehr viel einfacher gelagerten Sachverhalten Geständnisse jedenfalls in wesentlichen Einzelpunkten zu überprüfen (beispielsweise zur Überzeugungsbildung auf Grund geständiger Einlassung Betroffener bei Geschwindigkeitsüberschreitungen im Straßenverkehr6). An einer Darlegung solcher Überprüfungstatsachen dazu, wie der Geschäftsführer der Verfallsbetroffenen von den einzelnen Vorgängen und Daten Kenntnis erlangt hat und auf welcher Grundlage er eine Kenntnis bzw. Erinnerung von den mehreren hundert differenzierten Einzeldaten glaubhaft bekunden kann, fehlt es hier vollständig. Erst Recht gilt das für die Richtigkeit der in der in den Urteilsgründen enthaltenen Tabelle angegebenen Messergebnisse, hinsichtlich derer es an jeglicher Angabe dazu fehlt, worauf diese beruhen.
Hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs ist für die Bestimmung des Wertes des Erlangten im Sinne des § 29 a Abs. 2 OWiG von dem so genannten Bruttoprinzip auszugehen, nach dem als Erlangtes der Wert der (vollen) Gegenleistung für die Transporte (abzüglich lediglich der Mehrwertsteuer) zu Grunde zu legen ist7.
Die vorliegend vom Amtsgericht vorgenommene, nach § 29 a Abs. 2 OWiG gebotene Ermessensausübung („kann“) bei der Rechtsfolgenentscheidung erweist sich indes wegen lückenhafter Feststellungen zu den Entscheidungsgrundlagen als rechtsfehlerbehaftet.
Für die Ausübung des Ermessens, ob eine Anordnung getroffen werden soll und in welcher Höhe gegebenenfalls der Verfall eines Geldbetrages angeordnet wird, sind allgemeine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte sowie die Umstände des Einzelfalls maßgebend. Als in die Entscheidung einzustellende Aspekte kommen insbesondere die Bedeutung und die Folgen der Tat, der Umfang des Erlangten, die Gefahr einer Wiederholung durch andere, das Bedürfnis nach Befriedung der Rechtsordnung, die Auswirkungen des Verfalls für den Betroffenen, der zur Aufklärung des Sachverhalts erforderliche Aufwand sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Betracht, wobei unter dem letztgenannten Gesichtspunkt von einer Verfallsanordnung abgesehen werden soll, wenn diese den wirtschaftlichen Zusammenbruch des Adressaten oder sonst eine unbillige Härte zur Folge hätte8.
Nach diesen Maßstäben fehlt es hier bereits an Feststellungen – nebst zugehöriger Beweiswürdigung – dazu, ob im vorliegenden Fall von vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstößen gegen die Beladungsvorschriften der StVZO auszugehen ist. Das amtsgerichtliche Urteil verhält sich in keiner Weise dazu, ob und gegebenenfalls woran sowie in welchem Maße die angenommenen Überladungen für die Verfallsbetroffene bzw. die Fahrer jeweils erkennbar waren bzw. ob etwa im Betrieb der Verfallsbetroffenen sogar eine Anordnung zu möglichst weitgehender Beladung der Fahrzeuge auch unter Inkaufnahme von Überladungen bestand oder vielmehr Vorkehrungen zur Vermeidung von Überladungen getroffen worden waren sowie gegebenenfalls welche Maßnahmen wann getroffen worden sind.
Außerdem fehlt es, neben dem bereits beanstandeten Fehlen jeglicher Feststellungen dazu, dass die Überladungsfahrten im öffentlichen Straßenverkehr stattgefunden haben, im Hinblick auf die auf Rechtsfolgenseite zu treffenden Ermessensentscheidung an Feststellungen etwa dazu, in welchem Umfang Überladungsfahrten im öffentlichen Straßenverkehr stattgefunden und damit zur Gefährdung des Straßenverkehrs und zu übermäßiger Abnutzung der Fahrbahnen beigetragen haben.
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 2. Juli 2015 – 2 RB 102/14 – 2 RB 102/14 – 3 Ss OWi 181/14
- vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 02.01.2014, Az. 2 – 43/13 [RB][↩]
- dazu allgemein vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 261 Rn. 2 ff[↩]
- zum Begriff der Abbildung im Sinne des § 267 Abs. 1 S. 3 StPO vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 267 Rn. 9 m.w.N.[↩]
- vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Rn. 10 m.w.N.[↩]
- vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 261 Rn. 2 m.w.N.[↩]
- vgl. Burmann in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, § 3 StVO Rn. 86 m.w.N.; wobei insoweit nach König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 3 StVO Rn. 57 m.w.N. sogar die Umstände des [behördlichen] Messvorganges und die Richtigkeit der [behördlichen] Messung von einem Betroffenen nicht zugestanden werden können[↩]
- BGHR StGB § 73 Abs. 3 Bruttoprinzip 1; BGH in wistra 2011, 101, 102; OLG Hamburg, a.a.O.[↩]
- vgl. Gürtler in Göhler § 29a Rn. 24, 26[↩]