Die Maßregel nach § 64 StGB erfordert, dass die Gefahr besteht, die Angeklagte werde infolge ihres Hanges in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen.

Die Prognose ist für den Einzelfall zu treffen, wobei der Tatrichter die der Unterbringungsanordnung zugrunde liegenden Umstände in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen hat, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen1.
Diesen Anforderungen wird ein Urteil nicht gerecht, dass für die Gefahrprognose einer klassischen Beschaffungskriminalität keinerlei Tatsachengrundlage enthält. So hatte das Landgericht im hier entschiedenen Fall keine Straftaten zur Finanzierung des Eigenkonsums festgestellt. Allerdings ist die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt regelmäßig auch dann gerechtfertigt, wenn die Begehung gewichtiger Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, die über den Erwerb kleiner Rauschgiftmengen hinausgehen, wegen der Drogenabhängigkeit des Angeklagten konkret zu besorgen sind2. Das Landgericht setzt sich insoweit jedoch nicht mit den Umständen des Einzelfalls auseinander, die für die Bewertung der Gefahrenprognose von Bedeutung sind, nämlich, dass die Angeklagte bislang lediglich einmal im Jahr 2006 – und damit vor über zehn Jahren – wegen in den Jahren 2004 und 2005 begangener Betäubungsmitteldelikte verurteilt wurde, die Angeklagte nach der Verurteilung wegen dieser Straftaten im Jahr 2007 einen Rückfall erlitten hat, ohne erneut straffällig zu werden, sie mit ihrer Drogenvergangenheit – wie die Aufklärungshilfe und der Abbruch der Kontakte zu ihren Freunden aus der Drogenszene belegen – gebrochen hat und, dass sie Kontakt zur Suchtfachambulanz hergestellt und dort im Zeitraum vom 15.02.2016 bis 20.12 2016 an insgesamt 22 Einzelterminen teilgenommen hat. Hinsichtlich des Kontakts zur Suchtfachambulanz bleibt überdies offen, mit welchem Inhalt und Erfolg die Angeklagte die „Einzeltermine“ wahrgenommen hat.
Es konnte daher vom Bundesgerichtshof nicht ausgeschlossen werden, dass nähere Darlegungen zu der Gefahrenprognose zu einer Verneinung der Voraussetzungen des § 64 StGB geführt hätten.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. Juni 2017 – 1 StR 213/17
- st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 21.12 2016 – 1 StR 594/16, Rn. 3, NStZ-RR 2017, 76; vom 12.10.2016 – 4 StR 78/16, Rn. 9, NStZ-RR 2017, 74; vom 15.01.2015 – 4 StR 419/14, NStZ 2015, 394, 395; und vom 10.11.2015 – 1 StR 265/15, NStZ-RR 2016, 76 f. mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 08.05.2008 – 3 StR 148/08, Rn. 4, NStZ-RR 2008, 234[↩]