Verdeckungsmord – bei zweiaktigem Tatgeschehen

Handelt es sich bei der zu verdeckenden Vortat und der Tötung um ein zweiaktiges Geschehen, steht es der Annahme eines Verdeckungsmordes nicht entgegen, wenn die spätere Tötung im Zeitpunkt der Begehung der zu verdeckenden Tat bereits geplant war.

Verdeckungsmord – bei zweiaktigem Tatgeschehen

Einen Verdeckungsmord im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB begeht, wer tötet, um dadurch eine vorangegangene Straftat als solche oder auch Spuren zu verdecken, die bei einer näheren Untersuchung Aufschluss über bedeutsame Tatumstände, insbesondere zur Täterschaft, geben könnten1.

Der Umstand, dass die spätere Tötung im Zeitpunkt der Begehung der zu verdeckenden Tat bereits geplant war, steht der Annahme eines Verdeckungsmordes nicht entgegen, wenn es sich bei der zu verdeckenden Vortat und der Tötung um ein zweiaktiges Geschehen handelt2. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die zu verdeckende Tat und die Tötung zueinander im Verhältnis der Tateinheit3 oder der Tatmehrheit stehen4.

Anders liegt es lediglich dann, wenn der Täter nur diejenige Tat verdecken will, die er gerade begeht. Dies ist dann der Fall, wenn er einen bereits aus anderen Motiven begonnenen Tötungsversuch nun auch aus Angst vor Strafverfolgung fortsetzt. In diesem Fall macht allein die im Fortgang der Tatausführung hinzutretende Verdeckungsabsicht die davor begangenen Einzelakte nicht zu einer anderen Tat5.

Nach diesen Grundsätzen haben die beiden Angeklagten in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall mit der gemeinschaftlichen Tötung ihrer Opfer in dem Transportfahrzeug jeweils einen Verdeckungsmord begangen. Nach dem Tatplan handelte es sich in beiden Fällen um ein zweiaktiges Geschehen. Der erste Teilakt zielte auf die Erlangung von Beute ab; während es bei dem zweiten Teilakt um die Tötung der jeweiligen Tatopfer ging. Dabei lag zwischen den beiden Teilakten jeweils eine deutliche zeitliche und räumliche Zäsur. Der Umstand, dass die den Heimtückevorwurf begründenden Hinterhalte jeweils bereits zu Beginn des Geschehens gelegt wurden, ändert daran nichts. Denn es handelte sich insoweit nur um Vorbereitungshandlungen für die geplanten späteren Tötungen, nicht aber um deren Beginn. Auch der Umstand, dass die Tötungshandlungen über die Tatbestände der § 239a Abs. 3, § 251, § 255 StGB mit den Vortaten rechtlich verknüpft werden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die zur Verwirklichung der jeweiligen Grunddelikte führenden Tathandlungen, deren Verdeckung erfolgen sollte, waren nicht auf eine Tötung ausgerichtet; auch waren die Grunddelikte (erpresserischer Menschenraub, Raub, räuberische Erpressung) im Zeitpunkt des Beginns der Tötungshandlungen bereits vollendet.

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Verfahrenseinstellung - und das Rechtsmittel des Angeklagten

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. März 2020 – 4 StR 134/19

  1. st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 06.06.2019 – 4 StR 541/18, NStZ 2019, 605 Rn. 14; Beschluss vom 15.02.2017 – 2 StR 162/16, NStZ 2017, 462, 463; Urteil vom 17.05.2011 – 1 StR 50/11, BGHSt 56, 239, 243 ff.; Urteil vom 02.12.1960 – 4 StR 453/60, BGHSt 15, 291, 295 f.[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 27.06.2002 – 4 StR 158/02, NStZ 2003, 371 Rn. 2; Beschluss vom 07.12.2000 – 1 StR 414/00, NJW 2001, 763; Wolf in FS Schreiber, 2003, S. 519, 522 f.; Rissing-van Saan/Zimmermann in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 211 Rn. 41[]
  3. natürliche Handlungseinheit, Teilidentität von Ausführungshandlungen[]
  4. st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 14.01.2004 – 2 StR 445/03; Beschluss vom 27.06.2002 – 4 StR 158/02, NStZ 2003, 371 Rn. 2; Urteil vom 02.12.1987 – 2 StR 559/87, BGHSt 35, 116, 125; Urteil vom 21.04.1955 – 4 StR 552/54, BGHSt 7, 325, 327; MünchKommStGB/Schneider, 3. Aufl., § 211 Rn. 236; Fischer, StGB, 67. Aufl., § 211 Rn. 70; Rissing-van Saan/Zimmermann in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 211 Rn. 41; Weiß, Die Problematik der Verdeckungsabsicht im Mordtatbestand, 1997, S. 229 ff.; jew. mwN[]
  5. st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 14.03.2017 – 2 StR 370/16, NStZ 2017, 583; Beschluss vom 03.02.2015 – 3 StR 541/14, NStZ 2015, 458; Urteil vom 10.10.2002 – 4 StR 185/02, NStZ 2003, 259 Rn. 8; Urteil vom 12.06.2001 – 5 StR 432/00, NStZ 2002, 253 Rn. 2; Urteil vom 15.10.1991 – 1 StR 442/91, NJW 1992, 919, 920; weitere Nachweise bei Eser/SternbergLieben in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 211 Rn. 32a[]
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Strafverfahren - und die Sperrerklärung des Bundesinnenministeriums

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