Heutzutage gilt der tägliche Wechsel von Unterwäsche und Socken als gesellschaftliche Norm bzw. zumindest als wünschenswert. Die unzureichende Ausstattung eines Strafgefangenen mit Anstaltskleidung kann auch eine unzureichende Körperhygiene zur Folge haben. Einem Gefangenen muss mit einem täglichen Kleiderwechsel eine Angleichung an die allgemeinen Lebensverhältnisse ermöglicht werden.

So das Oberlandesgericht Hamm in dem hier vorliegenden Fall eines 60jährigen Strafgefangenen, dem die zuständige Stravollstreckungskammer abgelehnt hatte, ihn mit mehr als 4 Garnituren Unterwäsche und 2 Paar Socken wöchentlich zu versorgen. Der Betroffene verbüßt eine Freiheitstrafe in einer westfälischen Justizvollzugsanstalt (JVA). Seitens der JVA sind dem Betroffenen – einem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm aus dem Jahre 1993 entsprechend – wöchentlich vier Garnituren Unterwäsche und zwei Paar Socken zur Verfügung gestellt worden. Eine Verbesserung dieser Ausstattung mit der Folge, dass ein täglicher Wechsel der Unterwäsche und der Socken möglich ist, lehnte die JVA unter Hinweis darauf ab, dass mit der zur Verfügung gestellten Ausstattung Gesundheit und Hygiene Rechnung getragen sei, zumal die Wechselintervalle im Falle einer ärztlichen Anordnung auch verkürzt werden könnten. Nach Ablehnung der begehrten Mehrversorgung durch die zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm hätten sich seit der Entscheidung aus dem Jahre 1993 die allgemeinen Lebensverhältnisse und Lebensanschauungen geändert. Das gebiete eine erneute Befassung mit der Frage. Dem Betroffenen sei Anstaltskleidung im erforderlichen Maß bereit zu stellen. Er sei verpflichtet, diese zu tragen. Bereits diese Verpflichtung berühre sein Persönlichkeitsrecht. Das gelte in besonderem Maße, wenn die Versorgung mit Kleidung – namentlich in einem unter Hygienegesichtspunkten besonders sensiblen Bereich – deutlich von den gesellschaftlichen Normvorstellungen abweiche. Heutzutage gelte der tägliche Wechsel von Unterwäsche und Socken als gesellschaftliche Norm bzw. zumindest als wünschenswert. Eine unzureichende Ausstattung mit Anstaltskleidung könne auch eine unzureichende Körperhygiene zur Folge haben. Eine andere Handhabung laufe zudem dem vollzuglichen Ziel zuwider, dem Gefangenen zu helfen, sich nach der Haftentlassung in das Leben in Freiheit einzugliedern. Eine unzureichende Körperhygiene könne den Wiedereinstieg in das Arbeitsleben und sonstige soziale Kontakte erschweren. Aus den genannten Gründen sei es geboten, dem Betroffenen mit einem täglichen Kleiderwechsel eine Angleichung an die allgemeinen Lebensverhältnisse zu ermöglichen. Das Oberlandesgericht Hamm hat die Vollzugsbehörde angewiesen, dem Betroffenen auf sein Verlangen Unterwäsche und Socken für einen täglichen Wechsel bereitzustellen.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 14. August 2014 – 1 Vollz (Ws) 365/14