Darlehensgewährung als unerlaubte Bankgeschäfte – und die Einziehung

Werden im Rahmen unerlaubt betriebener Bankgeschäfte Darlehen gewährt, handelt es sich bei den zurückgezahlten Geldbeträgen ebenso wie bei den zuvor überlassenen um Tatobjekte im Sinne des § 74 Abs. 2 StGB, nicht um Taterträge nach § 73 Abs. 1 StGB. Die Einziehung an den Täter zurückgeflossener Darlehensbeträge ist mangels einer einschlägigen Sondervorschrift nicht möglich.

Darlehensgewährung als unerlaubte Bankgeschäfte – und die Einziehung

Zurückgezahlte Darlehensvaluten sind als Tatobjekte zu bewerten.

Tatobjekte sind notwendige Gegenstände der Tathandlung1. Hierunter fallen in Abgrenzung zum Tatmittel (§ 74 Abs. 1 Alternative 2 StGB) Gegenstände, an denen die strafbare Handlung selbst begangen wird oder deren Benutzung allein – ohne Verfolgung eines weitergehenden deliktischen Zwecks – gegen eine Strafrechtsnorm verstößt, weil sie nur unter bestimmten Voraussetzungen gestattet ist. Hierzu können etwa Waren zählen, mit denen unbefugter Handel getrieben wird2.

Daran gemessen stellt ein Darlehensbetrag, der im Zuge ohne Erlaubnis betriebener Bankgeschäfte nach § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG ausgekehrt wird, ein Tatobjekt dar; denn es handelt sich um einen Gegenstand, auf den sich die Straftat bezieht. Die Gewährung von Gelddarlehen war gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alternative 1 KWG gerade das Bankgeschäft, das der Angeklagte ohne Erlaubnis betrieb3.

Die sich demnach ergebende Einordnung als Tatobjekt gilt ebenso für die von den Vertragspartnern erbrachten Rückzahlungen auf die Darlehensvaluten4. Darauf, dass es sich bei geleistetem Bargeld regelmäßig nicht um dieselben Geldscheine wie die zuvor hingegebenen handelt, kommt es nicht entscheidend an. Gegen eine solche formalistische Betrachtungsweise spricht bereits der auf einen Geldbetrag (§ 488 Abs. 1 Satz 1 BGB) – entsprechend beim Sachdarlehen auf vertretbare Sachen (§ 607 Abs. 1 BGB) – gerichtete Charakter des Darlehensvertrages. Außerdem ist es vor diesem Hintergrund nicht sachgerecht, für die einziehungsrechtliche Bewertung danach zu differenzieren, ob im Einzelfall dieselben oder – wie im Regelfall – andere Zahlungsmittel zurückgewährt werden.

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Die Beurteilung der Darlehensvaluta als Tatobjekt steht einer Einstufung (zugleich) als Tatertrag entgegen.

Gegenstände, auf die sich die Tat als Tatobjekte bezieht oder die als Mittel für die Tatdurchführung entgegengenommen wurden, sind nicht durch die Tat im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt5. Dementsprechend werden etwa Betäubungsmittel im Hinblick auf die Straftatbestände der §§ 29 ff. BtMG grundsätzlich als Tatobjekte im Sinne des § 74 Abs. 2 StGB i.V.m. § 33 Satz 1 BtMG eingestuft, und zwar exklusiv auch dann, wenn sie vom Täter deliktisch erworben und damit „durch die Tat erlangt“ worden sind, also begrifflich eine Einordnung als Taterträge in Betracht käme6.

Dies gilt unabhängig davon, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 73 Abs. 1 StGB durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.04.20177 das Ziel verfolgte, die zuvor zum Verfall geltende Vorschrift zu erweitern und Investitionen in Verbotenes unwiederbringlich zu entziehen8. Denn eine grundlegende Änderung der rechtlichen Einordnung von – vormals in § 74a Nr. 1 StGB aF als „Gegenstand der Tat“ oder ansonsten als „Beziehungsgegenstand“9 bezeichneten – Tatobjekten sollte mit der Gesetzesnovelle nicht verbunden sein10.

Anderes ergibt sich nicht daraus, dass in Bezug auf das unerlaubte Erbringen von Zahlungsdiensten im Sinne des § 1 ZAG nach der früheren Rechtslage angenommen worden ist, die aus dem Abschluss und/oder der Erfüllung eines nicht genehmigungsfähigen Geschäftes erzielten Vermögenszuwächse unterlägen uneingeschränkt dem Verfall11. Diese Entscheidung betraf lediglich die nähere Bestimmung des Tatertrages für Zahlungsdienste nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz12, nicht aber die Abgrenzung des Tatertrages vom Tatobjekt und das Verhältnis dieser beiden zueinander beim unerlaubten Betreiben von Bankgeschäften nach dem Kreditwesengesetz.

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Schließlich wäre selbst bei der Prüfung eines etwaigen Tatertrages zu bedenken, ob die Tat ursächlich für einen messbaren Vermögenszufluss bei einem Tatbeteiligten oder Dritten gewesen ist13 oder abzugsfähige Aufwendungen des Täters gemäß § 73d Abs. 1 Satz 1 und 2 aE StGB zu berücksichtigen sind. So liegt auch dem Reformgesetz zur Vermögensabschöpfung etwa im Zusammenhang mit Korruptionsdelikten die Erwägung zu Grunde, dass lediglich „der Gewinn und etwaige mittelbare Vorteile“ abzuschöpfen seien14. Dementsprechend fehlt es an einer durch die Tat herbeigeführten Vermögensmehrung, wenn der Darlehensgeber einen von ihm aus seinem Vermögen zur Verfügung gestellten Geldbetrag später zurückgezahlt erhält15. Hinsichtlich der Darlehensvaluta hat sich das ohne Erlaubnis betriebene Kreditgeschäft mithin wirtschaftlich für den Täter nicht ausgewirkt.

Eine besondere Vorschrift im Sinne des § 74 Abs. 2 StGB besteht nicht, welche die Einziehung von Gegenständen ermöglicht, auf die sich das unerlaubte Betreiben von Bankgeschäften bezieht. Demgemäß kann der Wert der an den Angeklagten zurückgezahlten Darlehensvaluten nicht eingezogen werden.

Rechtsfehlerfrei ist für den Bundesgerichtshof dagegen die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB hinsichtlich der an den Angeklagten geflossenen Zinsen. Diese sind für die Tatbestandsverwirklichung nicht notwendig und stellen mithin keine Tatobjekte, sondern Taterträge dar.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Juli 2022 – 3 StR 390/21

  1. vgl. BT-Drs. 14/8893 S. 9; BGH, Urteil vom 15.06.2022 – 3 StR 295/2120; BVerfG, Beschluss vom 09.05.2006 – 2 BvR 1589/05, BVerfGK 8, 75, 78; MünchKomm-StGB/Joecks/Meißner, 4. Aufl., § 74 Rn. 17 mwN[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 05.12.1956 – 4 StR 406/56, BGHSt 10, 28, 31 f.[]
  3. vgl. zu im Rahmen von Finanztransfergeschäften nach ZAG erlangten Vermögenswerten: BGH, Beschluss vom 28.06.2022 – 3 StR 403/20; dagegen zu Einlagen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG abweichend LG Landshut, Urteil vom 11.11.2020 – 3 KLs 201 Js 3700/20, BeckRS 2020, 47158 Rn. 89 ff.; nachfolgend BGH, Beschluss vom 06.04.2021 – 1 StR 87/21[]
  4. anders – ohne Erörterung der Eigenschaft als Tatobjekt – OLG Hamm, Beschluss vom 02.04.2019 – 2 Ws 14 und 15/19, wistra 2019, 468; daran anschließend LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73 Rn. 39; Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, StGB, 2. Aufl., § 73 Rn. 7; Schäfer/Omlor/Mimberg/Weiß, ZAG, § 63 Rn. 111; vgl. auch mit davon abweichendem Ansatz Bittmann, NStZ 2019, 383, 393[]
  5. s. BGH, Urteil vom 15.06.2022 – 3 StR 295/21 12; Beschlüsse vom 24.02.2021 – 1 StR 127/20, NStZ 2021, 668 Rn. 15; vom 27.03.2019 – 2 StR 561/18, NJW 2019, 2182 Rn. 15 mwN; vom 30.09.2021 – 4 StR 70/21 14; SK-StGB/Wolters, 9. Aufl., § 73 Rn. 17; Bittmann, NZWiSt 2021, 133, 142; zu Sonderkonstellationen im Fall des Erlangens für die Tat etwa BGH, Urteil vom 23.07.2015 – 3 StR 37/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 17 Rn. 6[]
  6. vgl. BGH, Beschlüsse vom 02.11.2021 – 3 StR 324/21 7; vom 19.05.2021 – 4 StR 8/21 6; vom 10.06.2020 – 3 StR 37/20, NStZ 2021, 557 Rn. 4; vom 08.11.2001 – 4 StR 429/01, StV 2002, 260[]
  7. BGBl. I S. 872[]
  8. s. BT-Drs. 18/9525 S. 55, 67 f.[]
  9. s. etwa BGH, Urteil vom 23.07.2015 – 3 StR 37/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 17 Rn. 6[]
  10. vgl. BT-Drs. 18/9525 S. 48, 69[]
  11. s. BGH, Beschluss vom 11.06.2015 – 1 StR 368/14, BGHR StGB § 73 Erlangtes 18 Rn. 36; kritisch dazu mit Blick auf die strafähnlichen Folgen Schröder, Handbuch Kapitalmarktstrafrecht, 4. Aufl., Neuntes Kapitel Rn. 162; teils abweichend auch BT-Drs. 18/9525 S. 69[]
  12. vgl. zum Tatobjekt beim Erbringen von Zahlungsdiensten ohne Erlaubnis nach § 63 Abs. 1 Nr. 4 ZAG nunmehr auch BGH, Beschluss vom 28.06.2022 – 3 StR 403/20 mwN[]
  13. so – in Bezug auf Marktmanipulationen nach WpHG – BGH, Beschluss vom 14.10.2020 – 5 StR 229/19, NJW 2021, 1252 Rn. 4 ff.[]
  14. BT-Drs. 18/9525 S. 68[]
  15. vgl. zur Wirksamkeit des Vertrages unabhängig vom Fehlen einer Erlaubnis BGH, Urteile vom 19.04.2011 – XI ZR 256/10, NJW 2011, 3024 Rn.20; vom 23.01.1980 – VIII ZR 91/79, BGHZ 76, 119, 126 f., jeweils mwN[]
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