Der director einer englischen Limited und deutsches Insolvenzstrafrecht

Wer mit einer englischen Limited in Deutschland tätig wird, unterliegt im Insolvenzfall auch dem deutschen Insolvenzstrafrecht:

Der director einer englischen Limited und deutsches Insolvenzstrafrecht

Soweit die hier zur Anwendung kommenden Straftatbestände an die Pflichten der Ltd. anknüpfen, wird das Verhalten ihres directors insofern seiner Firma gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB zugerechnet. Die englische Limited, eine Art Aktiengesellschaft, ist nämlich eine juristische Person und ihr director ihr gesetzlicher Vertreter (companies act 2006, c. 46, sect. 401).

Die Buchführungs- und Bilanzierungspflicht der Ltd. beruht auf §§ 238 ff., 241 ff. HGB. Dies gilt auch, wenn die Ltd. – entgegen § 13 d HGB2 – nicht in das deutsche Handelsregister eingetragen wurde, so dass sich ihre Kaufmannseigenschaft nicht aus § 5 HGB ergibt, sofern es sich um einen Gewerbebetrieb handelt, der einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderte, und somit um einen Kaufmann i. S. d. § 1 HGB. In diesem Fall unterliegt auch die Ltd. den entsprechenden deutschen Buchführungs- und Bilanzierungspflichten3.

Dem steht auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union EuGH nicht entgegen, wonach wegen Art. 43, 48 EGV als Maßstab für alle gesellschaftsrechtlichen Fragen, die die zuziehende Auslandsgesellschaft betreffen, das Gesellschaftsrecht des Mitgliedstaates maßgeblich ist, in dem die betroffene Gesellschaft gegründet wurde4. Unabhängig davon, ob sich die Geltung der deutschen Buchführungspflichten bereits aus der Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts über §§ 3, 9 StGB auf das Verhalten des allein in Deutschland handelnden directors ergibt5, sind nämlich die Buchführungspflichten als öffentlich-rechtliche Pflichten anzusehen, die durch die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit nicht modifiziert werden6. Die Buchhaltungspflicht dauerte fort bis zur Entscheidung des Insolvenzgerichts über den gestellten (Fremd-)Insolvenzantrag7.

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Insolvenzverschleppung bei Zahlungsunfähigkeit - und das "ernstliche Einfordern" der Schuld

Für eine ausländische Kapitalgesellschaft wie die limited ist deutsches Insolvenzrecht anzuwenden, wenn sie ihren Tätigkeitsschwerpunkt in Deutschland hatte8

Landgericht Freiburg, Urteil vom 8. November 2010 – 8 Ns 420 Js 9168/09 AK 2/10

  1. Cranshaw, jurisPR-InsR 25/2008 Anm. 8[]
  2. vgl. Müller-Gugenberger/ Bieneck, Wirtschaftstrafrecht, 4. Aufl., 2006, § 23, Rn. 103 a[]
  3. Müller-Gugenberger/Bieneck, a.a.O., § § 23, Rn. 115; AG Stuttgart, NStZ 2008, 44; a. A. LK/Tiedemann, 12. Aufl., 2009, § 283, Rn. 245[]
  4. vgl. Horn NJW 2004, 893, 896 f.[]
  5. so Ransiek/Hüls ZGR 2009, 157 ff., 174[]
  6. Müller-Gugenberger/Bieneck/Wolf, a.a.O., § 26, Rn. 21[]
  7. vgl. Müller-Gugenberger/Bieneck Wolf, a.a.O., § 26, Rn. 26[]
  8. vgl. Vallender, ZGR 2006, 425 ff.[]