Der Geschäftsführer eines Reisebüros hatte eine zusätzliche Einnahmequelle entdeckt: er nutzt das Reisebüro als eigene Plattform zum schattenwirtschaftlichen Transfer von Geldern vietnamesischer Kunden aus Deutschland nach Vietnam, um sich durch anfallende Vergütungen für dieses „Hawala-Banking“ eine dauerhafte Einkommensquelle zu verschaffen.

Dazu nahm er in rund 800 Einzelaufträgen von seinen Kunden drei- bis sechsstellige Bargeldbeträge entgegen, die er entweder persönlich als Flugzeugpassagier, durch betraute Reisende oder durch Crewmitglieder ohne zollrechtliche Deklaration nach Vietnam transportierte. Insgesamt transferierte er auf diese Weise mindestens 14 Mio. Euro Bargeld und erhielt hierfür eine Provision von mindestens 140.000 Euro. Beim Großteil der Geschäfte wurde der Angeklagte von seinen Geschwistern in Hanoi unterstützt, die sich um die in Vietnam anfallenden Ein- und Auszahlungsgeschäfte sowie die Betreuung der dort ansässigen Kunden kümmerten.
Der Bundesgerichtshof hob die Verurteilung wegen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten auf:
§ 31 Abs. 1 Nr. 2 ZAG setzt tatbestandlich voraus, dass der Täter ohne Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 ZAG Zahlungsdienste erbringt. § 8 Abs. 1 Satz 1 ZAG bestimmt, dass derjenige, der im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste als Zahlungsinstitut erbringen will, einer schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bedarf. In § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG werden Zahlungsinstitute definiert als Unternehmen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste erbringen. Normadressaten sind daher nur Unternehmen, nicht aber natürliche Personen1.
Mit der Einführung des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes zum 31.10.2009 hat der Gesetzgeber die Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.20072 zur Schaffung eines harmonisierten Rechtsrahmens für unbare Zahlungen im europäischen Binnenmarkt in deutsches Recht umgesetzt. Hiermit sollte für Zahlungsinstitute ein Spezialgesetz geschaffen werden, das im Interesse der Normenklarheit das neue Regelwerk für seine Adressaten so einfach wie der Sache nach möglich hält3. Entsprechend der Zahlungsdiensterichtlinie in Art. 4 Nr. 4, Art. 10 Abs. 1 Satz 2, nach der eine Zulassung für die gemeinschaftsweite Erbringung und Ausführung von Zahlungsdiensten lediglich juristischen Personen erteilt werden sollte, sah der Gesetzgeber als Normadressaten ausschließlich Unternehmen an, die der Kategorie der Zahlungsinstitute zuzuordnen sind, unabhängig davon, ob ihnen eine Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 ZAG erteilt worden ist oder nicht4.
Bei diesen Unternehmen muss es sich um juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften handeln5.
Das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz erfasst gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 6 auch bar durchgeführte Finanztransfergeschäfte (vgl. Art. 4 Nr. 13 Zahlungsdiensterichtlinie). Mit dieser Regelung sollte das Finanztransfergeschäft, das weitgehend der Finanzdienstleistung nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG (in der damaligen gültigen Fassung vom 19.12 2008) entspreche und der Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG unterliege, aus dem KWG abgelöst werden6. Dementsprechend wurde § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG zum 31.10.2009 aufgehoben mit der Folge, dass eine Strafbewehrung gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG, die sich auch gegen natürliche Personen richtete7, für Finanztransaktionen vorliegender Art auch für zurückliegende Tatzeiträume (§ 2 Abs. 3 StGB) entfallen ist.
Eine Strafbarkeit des Angeklagten wäre danach für den gesamten abgeurteilten Tatzeitraum nur dann gegeben, wenn er die Finanztransfergeschäfte als Geschäftsführer der H. GmbH unter deren Einbindung begangen hätte (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB).
Die Wirtschaftsstrafkammer stellt bei der strafrechtlichen Beurteilung ausschließlich auf die Handlungen des Angeklagten selbst ab, ohne die Einbindung seiner Finanztransferaktivitäten in seine Geschäftsführertätigkeit für das Reisebüro, die H. GmbH, darzulegen. Die Wertung des Landgerichts, dass die H. GmbH dem Angeklagten als „eigene Plattform“ zum schattenwirtschaftlichen Transfer von Geldern diente, lässt nicht erkennen, ob die Gesellschaft lediglich den Hintergrund der Geldtransfergeschäfte bildete oder ob sie in deren Abläufe organisatorisch eingebunden war.
Der Bundesgerichtshof weist darauf hin, dass § 1 Abs. 10 Nr. 3 ZAG, ungeachtet seiner im Einzelnen unklaren inhaltlichen Abgrenzung zu § 1 Abs. 2 Nr. 6 ZAG8 einer Verurteilung bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht entgegenstehen dürfte. Nach dieser Vorschrift ist der „gewerbsmäßige Transport von Banknoten und Münzen“ kein Zahlungsdienst im Sinne des Gesetzes (vgl. Art. 3 Buchst. c der Zahlungsdiensterichtlinie). Diese Ausschlussnorm ist demgemäß auf den rein physischen Transport von Bargeld (und ggf. dessen Bearbeitung im Sinne einer bankmäßigen Aufarbeitung) beschränkt, weswegen beispielsweise schon die Zwischenschaltung von Konten schadet9. Den – insoweit allerdings spärlichen – Feststellungen des Urteils entnimmt der Bundesgerichtshof, dass der Angeklagte in ein Geldtransfersystem eingebunden war, in dem zunächst die gesondert verfolgten Verantwortlichen der Firmengruppe T. S. GmbH das zu transferierende Bargeld entgegennahmen, zu Tranchen zusammenstellten und diese dem Angeklagten übergaben, der für die Durchführung des Transports der Bargeldtranchen nach Vietnam sorgte; dort wurde er von seinen Geschwistern bei der Organisation der Übermittlung und Auszahlung der jeweiligen einzelnen Geldbeträge an ihre Empfänger unterstützt. Die gesamten für die jeweiligen Auftraggeber erbrachten Dienstleistungen von der Übernahme des Geldes bis zu seiner Übergabe an die Empfänger in Vietnam gingen mithin wohl über den von § 1 Abs. 10 Nr. 3 ZAG erfassten reinen Transport des Geldes hinaus.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28. Oktober 2015 – 5 StR 189/15
- vgl. Walter in Casper/Terlau, ZAG, § 8 Rn. 6, 10 f., § 31 Rn. 3, 9 ff.[↩]
- ABl. EU L 319 vom 05.12 2007, S. 1; im Folgenden: „Zahlungsdiensterichtlinie“[↩]
- BT-Drs. 16/11613, S. 26[↩]
- BT-Drs. 16/11613, S. 32[↩]
- BT-Drs. 16/11613, S. 46[↩]
- BT-Drs. 16/11613, S. 35[↩]
- vgl. zum „Hawala-Banking“ BGH, Urteil vom 11.09.2002 – 1 StR 73/02, NStZ-RR 2003, 55[↩]
- vgl. Casper in Casper/Terlau, aaO, § 1 Rn. 72 einerseits, Rn. 85 andererseits[↩]
- vgl. BT-Drs. 16/11613, S. 38; Casper, aaO Rn. 85 f.[↩]