Durchführung eines Schwertransports ohne Ausnahmebewilligung

Für die Bestimmung des Wertes des „Erlangten“ i. S. d. § 29a Abs. 1 OWiG bei Begehung einer Ordnungswidrigkeit unter Missachtung einer hoheitlichen Kontrollbefugnis kommt es darauf an, ob es sich um ein rein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt oder um ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt handelt. Bei Missachtung des präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt beschränkt sich der Wert in der Regel auf die ersparten Aufwendungen für das unterlassene behördliche Genehmigungsverfahren; bei Zuwiderhandlung gegen ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt ist erlangt die vertragliche Gegenleistung abzüglich der Mehrwertsteuer1.

Durchführung eines Schwertransports ohne Ausnahmebewilligung

§ 29 Abs. 3 StVO und § 70 Abs. 2 StVZO sehen Ausnahmebewilligungen von einer generell verbotenen Tätigkeit vor. Der Verstoß gegen die zulässigen Obergrenzen für Länge, Höhe und Gewicht nach der StVO und der StVZO beschränkt sich nicht auf die Missachtung einer hoheitlichen Kontrollbefugnis. Führt die Verfallsbeteiligte einen Schwertransport ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO und ohne eine Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 2 StVZO durch, so hat sie die vertragliche Gegenleistung abzüglich der Mehrwertsteuer für diese Handlung erlangt.

Für den Transport fehlte in dem hier vom Oberlandesgericht Celle entschiedenen Fall die straßenbezogene Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO; damit war – nach den Feststellungen im Übrigen auch schuldhaft – der Tatbestand der Ordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 Nr. 18, Abs. 2 Nr. 7 StVO erfüllt. Daneben war auch der Tatbestand der Ordnungswidrigkeit nach § 32 Abs. 4 Nr. 4 StVZO i. V. m. § 69a Abs. 3 Nr. 2 StVZO erfüllt, denn nach den Feststellungen des Amtsgerichts überschritt jedenfalls die Gesamtlänge des Zugs (insoweit auch ohne Berücksichtigung der Ladung) die zulässige Gesamtlänge.

Weiterlesen:
Pfeile auf der Fahrbahn - nur bloße Fahrempfehlungen?

Der Wert des Erlangten i. S. d. § 29a OWiG ist nach dem sog. „Bruttoprinzip“ in Höhe des Wertes der Gegenleistung für den Transport abzüglich der Mehrwertsteuer zu bestimmen2.

Nach § 29a OWiG ist grundsätzlich der unmittelbar aus der Tat erwachsene Vorteil ohne Abzug gewinnmindernder Kosten abzuschöpfen.

Der Wert des Erlangten beschränkt sich bei einem Transport ohne straßenbezogene Erlaubnis (§ 29 Abs. 3 StVO) und ohne fahrzeugbezogene Ausnahmegenehmigung (§ 70 StVZO) nicht auf die durch die unterlassene Genehmigung ersparten Verwaltungskosten.

Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob diese Ersparnis bereits grundsätzlich nicht kausal auf die Tat zurückgeht, weil vielmehr die Tat auf der zuvor unterlassenen Einholung einer Genehmigung beruht3.

Auch wenn demgegenüber nach neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung der Wert des Erlangten im Einzelfall auch nach den ersparten Verwaltungsaufwendungen bemessen werden kann, wenn der Verstoß gegen einen hoheitlichen Genehmigungsvorbehalt bußgeld- oder strafbewehrt ist4, finden diese Grundsätze auf den hier zu entscheidenden Sachverhalt keine Anwendung.

Im Einzelnen:

In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.01.20125 wird danach differenziert, ob sich die straf- (bzw. bußgeld-) bewehrte Handlung auf einen rein formalen Verstoß gegen einen hoheitlichen Genehmigungsvorbehalt beschränkt, während die eigentliche – gewinnbringende – Tätigkeit nicht in Widerspruch zu den Prinzipien der Rechtsordnung steht, oder ob die nicht genehmigte Handlung selbst rechtlich missbilligt wird. Der dem Verfall unterliegende Vorteil ist deshalb danach zu bestimmen, was letztlich bußgeld- bzw. strafbewehrt ist. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt danach grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall. Ist dagegen strafrechtlich nur die Art und Weise bemakelt, in der das Geschäft ausgeführt wird, so ist nur der hierauf entfallende Sondervorteil erlangt6.

Weiterlesen:
Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr - und die erforderliche Unrechtsvereinbarung

Danach unterliegt zunächst zweifelsfrei der Erlös eines Rechtsgeschäfts dem Verfall, wenn der Abschluss oder der Inhalt des Rechtsgeschäfts selbst gegen straf- oder bußgeldbewehrtes Recht verstößt.

Nach der Rechtsprechung des BGH gilt der Grundsatz der Abschöpfung des Erlöses eines Rechtsgeschäfts als aus der Tat „Erlangtes“ aber auch dann, wenn das geschäftliche Tätigwerden des Tatbeteiligten einem Genehmigungsvorbehalt unterliegt, den dieser in strafbarer (oder ordnungswidriger) Weise umgeht. Erreicht der Täter Vorteile dadurch, dass er ein – gegebenenfalls auch nur nach dem Ermessen der Genehmigungsbehörde – nicht genehmigungsfähiges Geschäft erfüllt sowie daraus entsprechende Vermögenszuwächse erzielt, so sind diese in vollem Umfang erlangt i. S. d. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (bzw. i. S. d. § 29a OWiG) und unterliegen daher grundsätzlich uneingeschränkt dem Verfall7.

Beschränkt sich dagegen der Verstoß gegen die Rechtsordnung auf die Umgehung der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde, so ist erlangt nur der durch die Nichtdurchführung des Genehmigungsverfahrens erwachsene (Sonder-)Vorteil.

In der Sache ist deswegen nach der Rechtsnatur der hoheitlichen Gestattung im Einzelfall zu differenzieren.

Handelt es sich bei dem Genehmigungserfordernis um ein sog. präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, das allein der vorherigen hoheitlichen Kontrolle dient, ob die Tätigkeit mit der Rechtsordnung in Einklang steht8, so ist das Erlangte nach den ersparten Aufwendungen für das umgangene Genehmigungsverfahren zu bemessen, wenn die Handlung genehmigungsfähig gewesen wäre. Denn in diesem Fall ist ein rein formaler Verstoß ohne materielles Unrecht gegeben (so z.B. der Verstoß gegen § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 7 AWG7).

Weiterlesen:
Die Verständigung im Strafverfahren - und die Einziehung von Taterträgen

Stellt die behördliche Gestattung demgegenüber eine Ausnahme von einem generell verbotenen Tun dar (sog. repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt9), so verbleibt es bei der generellen Regel, dass das genehmigungslose Tun verboten ist und das Rechtsgeschäft deswegen nur unter Verstoß gegen materielles Recht erfüllt werden kann.

Bei der Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO wie auch bei der Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO handelt es sich jeweils um Ausnahmegenehmigungen von einem generell bestehenden Verbot.

Die Vorgaben über Abmessungen, Lasten und Gewichte nach §§ 32, 34 StVZO dienen der Bestimmung dessen, was im Straßenverkehr grundsätzlich als hinnehmbar und generell sozial verträglich gilt. Die Ausnahmeregelung nach § 70 StVZO, bei der der Behörde ein Ermessen eingeräumt ist, bezweckt insbesondere die Vermeidung von Härten, daneben u.a. auch die Erprobung neuer Techniken. Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist jeweils der Ausnahmecharakter der Genehmigung zu beachten, wobei auch von Relevanz ist, ob der Transport nicht auf andere Weise abgewickelt werden kann10. Durch den Verwaltungsakt der Ausnahmegenehmigung werden danach materiell-rechtliche gesetzliche Vorschriften außer Kraft gesetzt und es wird durch rechtsgestaltenden Verwaltungsakt neues objektives Recht jenseits der allgemeinen Vorgaben der StVZO geschaffen11.

Gleiches gilt für die straßenbezogene „Erlaubnis“ nach § 29 Abs. 3 StVO. Auch hier handelt es sich um eine Abweichung von den materiellen Vorgaben der StVO im Einzelfall12. Dementsprechend ist die Erteilung der Ausnahmegenehmigungen an enge Vorgaben geknüpft, u.a. an den Nachweis des geeigneten baulichen Zustands der Straßen sowie an die Feststellung, dass der Transport nicht auf der Schiene oder auf dem Wasser möglich ist13.

Weiterlesen:
Präventive Gewinnabschöpfung

Das Verhalten ist danach materiell und nicht lediglich formell rechtswidrig, wenn der Betroffene sich der Prüfung der Anforderungen für eine Ausnahmegenehmigung entzieht. Der Tatrichter ist deswegen nicht gehalten, die straßenbezogene (§ 29 Abs. 3 StVO) bzw. fahrzeugbezogene (§ 70 StVZO) Genehmigungsfähigkeit des Transports zu prüfen und eine hypothetische Ermessensausübung an Stelle der hierzu berufenen Behörde vorzunehmen, um erst auf dieser Grundlage den Wert des Erlangten i. S. d. § 29a OWiG bestimmen zu können.

Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 15. Mai 2013 – 322 SsBs 108/13

  1. Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 19.01.2012 – 3 StR 343/11 – BGHSt 57, 79[]
  2. so bereits OLG Celle, Beschluss vom 30.08.2011 – 322 SsBs 175/11, NStZ-RR 2012, 151[]
  3. zuletzt z.B. AG Kassel, Urteil vom 18.06.2012 – 390 OWi 7624 Js 33677/11, bestätigt durch OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.10.2012 – 2 Ss-OWi 724/12; so auch Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 29a Rn. 5; anders OLG Koblenz, zfs 2007, 108[]
  4. BGH, Beschluss vom 19.01.2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79-87[]
  5. BGH, a.a.O.[]
  6. BGH, a.a.O.; BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884 mwN[]
  7. BGHSt 57, 79[][]
  8. zum Ganzen z.B. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, § 46 Rn. 31ff[]
  9. vgl. Wolff u.a., a.a.O., § 46 Rn. 40[]
  10. zum Ganzen eingehend z.B. Rebler, NZV 2004, 450 ff[]
  11. Rebler, a.a.O.; OLG Bamberg, NZV 2007, 638[]
  12. Rebler, a.a.O. S. 451[]
  13. Rebler, a.a.O.; vgl. i.E. VwV zu § 29 StVO, abgedruckt z.B. bei Hentschel u.a., Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 29 StVO Rn. 1c[]
Weiterlesen:
Der BTM-Dealer - und der Wertersatzverfall