Einziehung – und die Hinterlegung

Nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschaffte oder verheimlichte Gegenstände oder wirtschaftliche Vorteile sind Taterträge im Sinne des § 73 Abs. 1 Alternative 1 StGB. Gegenstände, die der Täter oder ein Einziehungsbeteiligter als Wertersatz hinterlegt hat, um die Freigabe eines beschlagnahmten Rechts zu bewirken, unterliegen, ungeachtet dessen, dass insoweit § 111d Abs. 2 Satz 2 StPO keine (analoge) Anwendung findet, der Einziehung, sofern das später Gericht die Voraussetzungen der Einziehung des beschlagnahmten Rechts feststellt.

Einziehung – und die Hinterlegung

Zwar ist der Auszahlungsanspruch nicht im Wege dinglicher Surrogation (analog) § 111d Abs. 2 Satz 2 StPO als Einziehungsgegenstand an die Stelle der Grundschuld getreten.

§ 111d Abs. 2 Satz 2 StPO, der nach § 14 EGStPO Anwendung findet, gilt unmittelbar nur für die Beibringung eines Geldbetrags zur Erlangung der Freigabe beschlagnahmter beweglicher Sachen.

Die von der Strafkammer angenommene analoge Anwendung der Norm wäre zwar nicht schon wegen fehlender Bestimmtheit (Art. 103 Abs. 2 GG) ausgeschlossen, da die Einziehung nicht den Charakter einer Strafe hat1. Eine Analogie setzt jedoch eine planwidrige Regelungslücke voraus2. Gegen eine solche sprechen indes hier die ausdifferenzierten Regelungen der §§ 111 ff. StPO für unterschiedliche Beschlagnahmegegenstände. § 111d Abs. 2 StPO entspricht zudem der Vorgängerregelung in § 111c Abs. 6 Satz 2 StPO aF3. Trotz der umfassenden Neuordnung des Einziehungsrechts und der damit einhergehenden intensiven Analyse des bisherigen Regelungsgefüges hat der Gesetzgeber (bewusst) keinen Anlass für eine Normierung der vorliegenden Fallkonstellation gesehen.

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Gleichwohl ist die Einziehung zulässig. Gegenstände, die der Täter oder ein Einziehungsbeteiligter als Wertersatz hinterlegt hat, um die Freigabe eines beschlagnahmten Rechts zu bewirken, unterliegen, ungeachtet dessen, dass insoweit § 111d Abs. 2 Satz 2 StPO keine (analoge) Anwendung findet, der Einziehung, sofern das später Gericht die Voraussetzungen der Einziehung des beschlagnahmten Rechts feststellt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der von der Einziehung Betroffene durch autonome Verfügungen Einfluss auf das Einziehungsverfahren nehmen. So kann er durch sein Einverständnis mit der formlosen Einziehung wirksam etwaige ihm zustehende Rechtspositionen aufgeben und dadurch eine förmliche Einziehungsentscheidung entbehrlich machen4.

Wenn der Betroffene durch Aufgabe einer Rechtsposition eine Einziehung rechtfertigen kann, so muss es ihm ebenso möglich sein, zur Ablösung beschlag- nahmter Rechte Wertersatz zu hinterlegen und dabei sein Einverständnis mit der Einziehung des Wertersatzes unter der Bedingung zu erklären, dass das später Gericht die Voraussetzungen der Einziehung der beschlagnahmten Rechte feststellt.

Ohne Bedeutung dabei ist, ob die Einziehungsbeteiligte, wie sie geltend macht, „unter Protest“ hinterlegte. Soll der Protest die Einziehung auch hindern, soweit die Voraussetzungen vorliegen, ist er als protestatio facto contraria sowohl nach zivil-5 als auch nach öffentlichrechtlichen Grundsätzen6 unbeachtlich. Soll er nur die Rückforderung vorbehalten, soweit die Voraussetzungen der Einziehung nicht vorliegen, entspricht dies der Bestimmung als Wertersatz.

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Die dem Angeklagten gewährte Restschuldbefreiung schließt die Einziehung gegenüber der Einziehungsbeteiligtennicht aus (§ 73e StGB). Denn eine Restschuldbefreiung führt, wie die Strafkammer zutreffend ausgeführt hat, nicht zum Erlöschen der Verbindlichkeit, sondern nur zur Umwandlung in eine Naturalobligation, die erfüllbar aber nicht erzwingbar ist7.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Juni 2023 – 1 StR 327/22

  1. BVerfG, Beschluss vom 10.02.2021 – 2 BvL 8/19, BVerfGE 156, 354 Rn. 104 ff.[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 16.10.2020 – 1 ARs 3/20 Rn. 23 ff.; zu § 111k StPO aF BGH, Urteil vom 24.05.2007 – IX ZR 97/04, BGHZ 172, 278 Rn. 12[]
  3. BT-Drs. 18/9525 S. 76[]
  4. BGH, Urteil vom 13.12.2018 – 3 StR 307/18, BGHSt 63, 314; Beschlüsse vom 11.12.2018 – 5 StR 198/18, BGHSt 63, 305 Rn. 9 ff.; und vom 22.10.2019 – 1 StR 434/19 Rn. 6[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2010 – I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 37[]
  6. vgl. BVerwG, Urteil vom 31.05.2012 – 3 C 13.11 Rn.19[]
  7. BGH, Urteil vom 10.12.2020 – IX ZR 24/20 Rn. 9[]

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