Einziehung – und die Vermögensverschiebung durch partielle Gesamtrechtsnachfolge

§ 73b Abs. 1 Nr. 2 StGB gilt auch für rechtsgeschäftliche Übertragungen im Wege partieller Gesamtrechtsnachfolge. Wird nicht das ursprünglich Erlangte, sondern dessen Wertersatz übertragen, ist die Haftung des Übernehmenden nach § 73b Abs. 2 StGB auf den Wert der übertragenen Vermögenswerte beschränkt und erfordert auch nach der Gesetzesnovelle einen Bereicherungszusammenhang in dem Sinne, dass die Verschiebung mit der Zielrichtung vorgenommen wird, den Wertersatz dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen oder die Tat zu verschleiern.

Einziehung – und die Vermögensverschiebung durch partielle Gesamtrechtsnachfolge

Zwar gilt § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB auch für rechtsgeschäftliche Übertragungen im Wege partieller Gesamtrechtsnachfolge. Wird allerdings – wie hier – nicht das ursprünglich Erlangte, sondern allein dessen Wertersatz übertragen, setzt § 73b Abs. 2 StGB, der nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers die Weiterreichung des Wertersatzes erfassen soll1, voraus, dass der erlangte Gegenstand dem Wert des Erlangten entspricht, und erfordert für eine Wertersatzeinziehung gegenüber dem Gesamtrechtsnachfolger auch nach der Gesetzesnovelle einen Bereicherungszusammenhang im Sinne einer Entziehungs- oder Verschleierungsmotivation. Die Einziehung nach § 73b Abs. 2 StGB findet daher jedenfalls dann ihre Grenze, wenn ein Zusammenhang mit den Tatvorteilen nicht mehr erkennbar ist und mit einer Transaktion weder das Ziel verfolgt wird, das durch die Tat unmittelbar begünstigte Vermögen des Täters oder eines Dritten dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen, noch die Tat zu verschleiern2. Beides hat das Landgericht nicht festgestellt. Im Einzelnen:

§ 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b StGB erfasst die rechtsgeschäftliche Übertragung des Erlangten als Bestandteil einer Vermögensgesamtheit auf Grund eines Ausgliederungs- und Übernahmevertrags (sog. partielle Gesamtrechtsnachfolge).

Auch insoweit handelt es sich um die Übertragung des Erlangten im Sinne des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b StGB, obwohl in diesen Fällen das betroffene Vermögen uno actu als Gesamtheit auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht, ohne dass der Übergang die für eine Einzelrechtsübertragung erforderlichen Akte voraussetzt (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG)3.

Dafür spricht der Gesetzeswortlaut, der begrifflich auch diese Fälle erfasst. Der Begriff des Übertragens ist rein tatsächlich zu verstehen und bezeichnet das Verschaffen der faktischen Verfügungsmacht über das Erlangte; ob und ggf. welches Rechtsgeschäft dem zugrunde liegt und ob das Rechtsgeschäft wirksam ist, ist für die Beantwortung der Frage, ob das Erlangte übertragen wurde, ohne Belang4. Damit ist ohne Bedeutung, ob das Erlangte einzeln oder als Bestandteil des Gesamtvermögens rechtsgeschäftlich übertragen wird.

Dem steht die Systematik des § 73b Abs. 1 StGB nicht entgegen. Zwar sprechen § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 Buchst. b StGB nach ihrem Wortlaut von ?Übertragen? des Erlangten, während § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a StGB für den Erbfall und die damit verbundene Gesamtrechtsnachfolge von einem ?Übergang? des Erlangten auf den Erben ausgeht. Aus dieser begrifflichen Unterscheidung folgt jedoch nicht, dass ein ?Übertragen? im Sinne des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB ausscheidet, wenn ein Fall der rechtsgeschäftlichen (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge vorliegt, also das Erlangte nicht einzeln, sondern als Teil eines Gesamtvermögens übergeht. Der Grund für die sprachliche Differenzierung ist lediglich darin zu sehen, dass bei einer Universalsukzession infolge eines Erbfalls kein übereinstimmender Willensakt aller beteiligten Personen vorliegt. Bei einer Gesamtrechtsnachfolge, die auf einer zugrundeliegenden rechtsgeschäftlichen Übertragungsvereinbarung in Form eines – wie hier – Ausgliederungs- und Übernahmevertrages basiert, ist dies hingegen anders, zumal auch dieser Vermögensübergang als rechtsgeschäftlich zu qualifizieren ist5. Außerdem zeigt der Vergleich mit den nun in § 73 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a StGB kodifizierten Erbfällen („übergegangen ist“), dass nach dem Willen des Gesetzgebers das wesentliche Kriterium für eine Einziehung nach § 73b StGB darin liegt, dass ein anderer als der Täter oder Teilnehmer das Etwas erlangt hat6. Ob dies im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge geschehen ist, spielt demnach für den Anwendungsbereich des § 73b Abs. 1 StGB keine Rolle.

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Auch historische und teleologische Erwägungen sprechen dagegen, dass der Gesetzgeber allein und ausschließlich den Erbfall als Fall der Gesamtrechtsnachfolge in § 73b Abs. 1 StGB erfassen wollte.

Die Kodifizierung in § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB sollte lediglich eine Abschöpfungslücke schließen und für eine in der Praxis wichtige Fallgruppe Rechtsklarheit schaffen7. Damit war keine Begrenzung der Einziehungsmöglichkeiten beabsichtigt, sondern eine Ausweitung. Diesem gesetzgeberischen Willen widerspräche es, würde man aus der Kodifizierung der Erbfälle den Schluss ziehen, Fälle der rechtsgeschäftlichen Gesamtrechtsnachfolge seien von § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB von vornherein nicht erfasst.

Aus der Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 03.04.2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union, die der Gesetzgeber mit der Gesetzesnovelle umsetzen wollte8, ergeben sich ebenfalls Anhaltspunkte dafür, dass auch die Fälle partieller Gesamtrechtsnachfolge der Dritteinziehung unterliegen sollen und § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB in diesem Sinne auszulegen ist.

So erfasst Art. 6 der Richtlinie, der die Dritteinziehung regelt, gleichermaßen sowohl die Übertragung an als auch den Erwerb durch Dritte. Auch Ziff. 24 der Erwägungsgründe stellt die Übertragung und den Erwerb gleich und geht von der wachsenden Notwendigkeit aus, die Einziehung von Vermögensgegenständen zu gestatten, die Dritten übertragen oder von ihnen erworben worden sind, wobei die Vorschriften auch für juristische Personen gelten sollen.

Darüber hinaus sollen nach Ziff. 11 der Erwägungsgründe Erträge alle Vermögensgegenstände umfassen, einschließlich derer, die ganz oder teilweise in andere ?umgewandelt? oder ?umgeformt? wurden. Eine solche Umwandlung oder Umformung stellt bei dem gebotenen weiten Begriffsverständnis auch die (rechtsgeschäftliche) Ausgliederung eines Unternehmensteils dar.

Dafür spricht ferner, dass die Richtlinie speziell auf die Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität abzielt und als eine der wirksamsten Maßnahmen die Einziehung von Erträgen aus Straftaten ansieht (Ziff. 1 und 3 der Erwägungsgründe). Der Richtlinie und den sie umsetzenden §§ 73 ff. StGB widerspräche es daher, wenn rechtsgeschäftliche Unternehmensteilausgliederungen, die insbesondere bei (Wirtschafts)Straftaten unter Nutzung organisierter Strukturen und Firmengeflechten und damit gerade im Bereich organisierter Kriminalität eine tragende Rolle spielen, generell von § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB ausgenommen wären.

Die – hier allein in Betracht kommende – Einziehung eines durch die Übertragung weitergereichten Wertersatzes setzt voraus, dass der erlangte Gegenstand dem Wert des ursprünglich Erlangten entspricht (§ 73b Abs. 2 StGB). Dies hat das Landgericht nicht festgestellt. Insoweit gilt:

Nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und Satz 2 StGB richtet sich die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73, 73a StGB gegen einen anderen, wenn ihm das Erlangte übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, sofern das Erlangte nicht zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde. Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an (§ 73b Abs. 2 StGB).

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Im hier entschiedenen Fall erlangte die einziehungsbeteiligte GmbH den Veräußerungserlös durch den Verkauf der Pistolen. Da dieser nach den getroffenen Feststellungen nicht mehr gegenständlich vorhanden war und im Falle einer unbaren Begleichung der Kaufpreisforderungen ohnehin allein eine Wertersatzeinziehung in Betracht kommt, war gegen die einziehungsbeteiligte GmbH nur noch die Anordnung eines auf Geldzahlung lautenden Anspruchs auf Einziehung von Wertersatz möglich (§§ 73, 73b Abs. 1 Nr. 1, § 73c StGB). Demzufolge konnte allenfalls dieser Wertersatz im Sinne des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b StGB auf die Revisionsführerin ?verschoben? werden, so dass ihr gegenüber von vornherein allein dieser weitergereichte Wertersatz der Einziehung nach § 73b Abs. 2 StGB, der diese Fälle nach dem Willen des Gesetzgebers erfassen soll1, unterliegen kann.

Dieser weitergereichte Wertersatz muss objektiv nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut als erlangter Gegenstand dem Wert des ursprünglich Erlangten entsprechen (§ 73b Abs. 2 StGB).

Gegenstände im Sinne des § 73b Abs. 2 StGB sind dabei – nur – individualisierte Sachen und Rechte; ersparte Aufwendungen werden insoweit hingegen ebenso wenig wie von dem Gegenstandsbegriff des § 73a StGB erfasst9. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Der Gesetzgeber differenziert in den §§ 73 ff. StGB und in § 73b StGB sprachlich zwischen dem ?erlangten Etwas? und ?Gegenständen?, so dass bereits der Gesetzeswortlaut ein unterschiedliches Begriffsverständnis nahelegt. Daher führt der Umstand, dass das erlangte Etwas in ersparten Aufwendungen bestehen kann10, nicht automatisch dazu, dass dies auch für einen Gegenstand im Sinne des § 73b Abs. 2 StGB gilt.

Dagegen spricht vielmehr, dass das Gesetz das Merkmal des ?Gegenstands? bei der erweiterten Einziehung nach § 73a StGB ebenfalls verwendet und ersparte Aufwendungen dort nicht als Gegenstände erfasst werden11. Auch nach der Rechtsprechung zum Wertersatzverfall nach § 73a StGB aF waren ersparte Aufwendungen ?nichtgegenständliche Vorteile?12. Dieses Verständnis ist auf § 73b Abs. 2 StGB zu übertragen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber demselben Begriff in einzelnen Normen des Einziehungsrechts einen unterschiedlichen Bedeutungsgehalt geben und die bisherige Rechtsprechungspraxis ändern wollte.

Im vorliegenden Fall hätte das Landgericht daher Feststellungen dazu treffen müssen, dass der Wert der an die Revisionsführerin übertragenen individualisierten Sachen und Rechte im Übertragungszeitpunkt jedenfalls dem ausgeurteilten Einziehungsbetrag entsprach. Dass dies der Fall war, ergibt sich nicht allein aus der Erwägung des Landgerichts, der Wert des ursprünglich Erlangten habe dem übertragenen Unternehmensvermögen schon deshalb innegewohnt, weil im Falle eines Einsatzes des Erlangten zur Tilgung von Verbindlichkeiten das Vermögen zumindest in dieser Höhe schuldenbereinigt übertragen worden sei und die Revisionsführerin damit eigene Aufwendungen erspart habe. Dem steht bereits entgegen, dass ersparte Aufwendungen, wie dargelegt, kein Gegenstand im Sinne des § 73b Abs. 2 StGB sind. Zudem berücksichtigt diese Auffassung nicht, dass die §§ 73 ff. StGB anders als etwa § 30 Abs. 2a Satz 1 OWiG oder § 81a Abs. 2 GWB keine Rechtsnachfolgeklausel enthalten. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Einziehung nach § 73b Abs. 2 StGB nach dem Willen des Gesetzgebers nicht schon allein aufgrund der bloßen Tatsache der Rechtsnachfolge angeordnet werden darf13. Darauf liefe aber die Auffassung des Landgerichts im Ergebnis hinaus.

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Daneben hätte § 73b Abs. 2 StGB einen ausufernden Anwendungsbereich, wollte man als ausreichend erachten, dass der Wert des ursprünglich Erlangten auch dem übertragenen Vermögen stets und letztlich deshalb innewohnt, weil der Wert des Erlangten zu irgendeinem früheren Zeitpunkt Bestandteil des nunmehr übertragenen Vermögens geworden ist, ohne dass es auf die weitere Entwicklung des Ursprungsvermögens ankäme. Der Rechtsnachfolger haftet nach § 73b Abs. 2 StGB vielmehr bei sachgemäßem Verständnis weder automatisch auf den vollen Wert dessen, was er vom Rechtsvorgänger übertragen bekommen hat, noch im Umfang des Gesamtwerts der Taterträge, die sich irgendwann einmal in dessen Vermögen befunden haben, sondern nur insoweit, wie er von ihm Werte in maximal dieser Höhe übernommen hat; der – gegebenenfalls nach § 73d Abs. 2 StGB zu schätzende – feststellbare Wert des auf den Rechtsnachfolger Übertragenen begrenzt daher jedenfalls den abschöpfbaren Wert14.

Das neue Tatgericht wird daher Feststellungen dazu zu treffen haben, welcher Wert dem auf die Revisionsführerin übertragenen Vermögen im Zeitpunkt der Ausgliederung zukam. Dieser Wert beschreibt die Obergrenze des maximal bei der Einziehungsbeteiligten einzuziehenden Geldbetrags.

Darüber hinaus setzt eine Wertersatzeinziehung nach § 73b Abs. 2 StGB auch nach neuem Recht in subjektiver Hinsicht eine Entziehungs- oder Verschleierungsmotivation voraus.

Ob die Wertersatzeinziehung nach § 73b Abs. 2 StGB nur bei Vorliegen dieser subjektiven Komponente zulässig ist, ist bislang umstritten. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage nach der Gesetzesnovelle noch nicht entschieden, die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ist uneinheitlich15.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum altem Recht war zwar in Verschiebungsfällen die Anordnung eines Wertersatzverfalls gegenüber einem Drittbegünstigten zulässig, setzte jedoch neben einer ununterbrochenen Bereicherungskette einschränkend einen Bereicherungszusammenhang in dem Sinne voraus, dass die Verschiebung mit der Zielrichtung vorgenommen wurde, den Wertersatz dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen oder die Tat zu verschleiern16.

Die Gesetzesnovelle hat das Erfordernis der ununterbrochenen Bereicherungskette durch die Neufassung in § 73b Abs. 1 Satz 2 StGB gesetzlich normiert17; diese entfällt hiernach – nur – beim Dazwischentreten einer entgeltlichen Übertragung mit rechtlichem Grund an einen gutgläubigen Dritten18. Hingegen schweigt die Gesetzesbegründung dazu, ob daneben die bisher geforderte Entziehungs- oder Verschleierungsmotivation weiterhin erforderlich ist oder bereits die reine Weiterreichung des Wertersatzes – ohne Dazwischentreten eines Gutgläubigen – an einen bösgläubigen Drittbegünstigten ausreicht19.

An der bisherigen Rechtsprechung ist festzuhalten. Auch nach neuem Recht setzt die Wertersatzeinziehung in diesen Fällen einen Bereicherungszusammenhang des Inhalts voraus, dass aufgrund einer Gesamtschau Grund zu der Annahme besteht, mit den in Frage stehenden Transaktionen sollte das Ziel verfolgt werden, das durch die Tat unmittelbar begünstigte Vermögen des Täters oder eines weiteren Dritten dem Gläubigerzugriff zu entziehen oder die Tat zu verschleiern20. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Der Gesetzeswortlaut setzt zwar, worauf die Gegenauffassung zu Recht hinweist, eine solche Einschränkung nicht ausdrücklich voraus21. Er steht dem aber auch nicht entgegen22.

Der Gesetzgeber hat auch die Formulierung des § 73 Abs. 3 StGB aF ?dadurch etwas erlangt?, aus der das Erfordernis eines Bereicherungszusammenhangs abgeleitet wurde, nicht in § 73b Abs. 2 StGB übernommen. Daraus folgt jedoch nicht, dass er nach neuem Recht auf einen Bereicherungszusammenhang im Sinne einer Vermeidungs- oder Vereitelungsmotivation verzichten wollte. Hierzu verhält sich die Gesetzesbegründung nicht. Allerdings ergibt die historische Auslegung, dass der Gesetzgeber durch die Neuregelung das bisherige Erfordernis nicht aufgeben wollte23.

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Für den aus § 73 Abs. 3 StGB aF abgeleiteten Bereicherungszusammenhang war nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in einem Verschiebungsfall erforderlich, dass der Täter dem Dritten mit den in Frage stehenden Transaktionen die Tatvorteile unentgeltlich oder aufgrund eines bemakelten Rechtsgeschäfts zukommen lässt, um das durch die Tat unmittelbar begünstigte Vermögen des Täters oder eines Dritten dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen oder die Tat zu verschleiern. Dem stand weder entgegen, dass das Erlangte vor der Weiterleitung an den Dritten mit legalem Vermögen vermischt worden war oder lediglich aus ersparten Aufwendungen bestand, noch dass der Täter in solchen Fällen regelmäßig die Vermögensverschiebung primär im eigenen Inter- esse und allenfalls faktisch (auch) im Interesse des Dritten begeht24.

Diese Rechtsprechung zu den bisher gesetzlich nicht geregelten Verschiebungsfällen wollte der Gesetzgeber lediglich kodifizieren, sie hingegen nicht zugleich unter Verzicht auf einen Bereicherungszusammenhang erweitern25. Die Neuregelung sollte nach der Gesetzesbegründung die Fallgruppen, die der Bundesgerichtshof für die Abschöpfung von Taterträgen bei Drittbegünstigten entwickelt hatte, ?widerspiegeln? und für die ?wichtigen? Verschiebungsfälle ?Rechtsklarheit? schaffen26, also nicht etwa abändern.

Auch aus der dem Gesetzentwurf zugrundenliegenden Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 03.04.2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union lässt sich nicht ableiten, dass ein weitergehender Zugriff auf das Vermögen des Dritten beabsichtigt war. Art. 6 der Richtlinie und Ziff. 24 der Erwägungsgründe sehen lediglich vor, dass die Dritteinziehung jedenfalls in den Fällen möglich sein soll, in denen dem Dritten bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, dass der Zweck der Übertragung oder des Erwerbs in der Vermeidung der Einziehung bestand27.

Für dieses Ergebnis sprechen zudem teleologische Erwägungen28.

Zwar sollen nach der Gesetzesbegründung Abschöpfungslücken vermieden und die Weiterreichung des Wertersatzes erfasst sein29; auch wird gerade in wirtschaftsstrafrechtlichen Verfahren von Tätern typischerweise ein komplexer, schwer zu durchschauender Geldkreislauf in Gang gesetzt, um den Tatumfang und den Verbleib der Tatbeute zu verschleiern30.

Dem läuft das Erfordernis einer Entziehungs- und Vereitelungsmotivation aber nicht entscheidend zuwider. Zum einen liegen solche Beweggründe gerade vor, wenn der Verbleib der Tatbeute durch Vermögenstransaktionen verschleiert werden soll. Zum anderen würde ein Verzicht auf dieses einschränkende Merkmal zu einer ausufernden Dritteinziehung führen, die ihrerseits mit Sinn und Zweck der Einziehungsregelung nicht mehr vereinbar wäre31. Erfasst wären dann auch Konstellationen, in denen der Dritte beliebige Erwerbsgeschäfte tätigt und dabei weiß oder fahrlässig nicht erkennt, dass sein Geschäftspartner zuvor eine profitable Straftat begangen hat. Dem Dritten wird bei diesem Verständnis auferlegt, seinen Geschäftspartner quasi zu ?durchleuchten?, um eine fahrlässige Unkenntnis von irgendwelchen Straftaten desselben und damit einen entschädigungslosen staatlichen Zugriff auszuschließen. Die damit einhergehende Einschränkung der freien Wirtschaft ist auch vor dem Hintergrund des Zwecks der Vermögensabschöpfung nicht mehr gerechtfertigt32.

Systematische Erwägungen sprechen ebenfalls für eine enge Auslegung33.

So hat der Gesetzgeber im Ordnungswidrigkeiten- und Kartellrecht ausdrückliche Regelungen hinsichtlich (partieller) Rechtsnachfolger getroffen und diese allein an die Rechtsnachfolgerschaft geknüpft (§ 30 Abs. 2a Satz 1 OWiG, § 81a Abs. 2 GWB). Die §§ 73 ff. StGB enthalten hingegen keine dem nachempfundene Rechtsnachfolgeklauseln, so dass die Einziehung nicht allein aufgrund der bloßen Tatsache der Rechtsnachfolge angeordnet werden darf13.

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Schließlich ist die Aufnahme des Erbfalls in § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB kein systematisches Argument für eine Aufgabe des bisher geforderten Bereicherungszusammenhangs34. Der Erbfall ist nur deshalb in die Norm eingefügt worden, um Wertungswidersprüche zu § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a StGB zu vermeiden; denn es soll im Ergebnis keinen Unterschied machen, ob der Dritte inkriminiertes Vermögen zu Lebzeiten des Täters oder Teilnehmers durch unentgeltliche Zuwendung oder mit dessen Tod mit Erbfall übertragen erhält35. Schließlich hat der Gesetzgeber mit dem Erbfall nur einen Fall der Universalsukzession gesondert geregelt, hingegen insbesondere für die Gesamtrechtsnachfolge bei juristischen Personen keine eigenstände Regelung getroffen.

Das neue Tatgericht wird daher auch Feststellungen in subjektiver Hinsicht dazu zu treffen haben, ob die Ausgliederung aufgrund einer Gesamtschau mit der Zielrichtung vorgenommen wurde, das Vermögen der einziehungsbeteiligten GmbH dem staatlichen Zugriff zu entziehen oder die Tat zu verschleiern.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 1. Juli 2021 – 3 StR 518/19

  1. BT-Drs. 18/9525 S. 67[][]
  2. vgl. OLG Celle, Beschluss vom 02.03.2018 – 1 Ws 19/18, wistra 2018, 440, 443; MünchKomm-StGB/Joecks/Meißner, 4. Aufl., § 73b Rn. 15; SSW/Heine, StGB, 5. Aufl., § 73b Rn. 9[]
  3. BeckOGK UmwG/Wiersch/Breuer, Stand: 01.10.2020, § 131 Rn. 4[]
  4. Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 666; Korte, NZWiSt 2018, 231, 233; LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 24; Schönke/Schröder/Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73b Rn. 6[]
  5. vgl. BeckOGK UmwG/Wiersch/Breuer, Stand: 01.10.2020, § 131 Rn. 4[]
  6. Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 666[]
  7. BT-Drs. 18/9525 S. 66; MünchKomm-StGB/Joecks/Meißner, 4. Aufl., § 73b Rn. 18[]
  8. BT-Drs. 18/9525 S. 2[]
  9. aA Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 667[]
  10. vgl. BGH, Beschluss vom 04.07.2018 – 1 StR 244/18, BGHR StGB § 73 Abs. 1 Anwendungsbereich 1 Rn. 7[]
  11. vgl. BGH, Beschluss vom 04.07.2018 – 1 StR 244/18, BGHR StGB § 73 Abs. 1 Anwendungsbereich 1 Rn. 10; Fischer, StGB, 68. Aufl., § 73a Rn. 13; MünchKomm-StGB/Joecks/Meißner, 4. Aufl., § 73a Rn.19; Schönke/Schröder/Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73a Rn. 8[]
  12. vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2018 – 1 StR 36/17, BGHR StGB § 73 Erlangtes 29 Rn. 18 f.[]
  13. vgl. Bittmann/Tschakert, wistra 2020, 217, 222[][]
  14. Bittmann/Tschakert, wistra 2020, 217, 222[]
  15. einerseits OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2019 – III1 Ws 233237/19, StraFo 2020, 336, andererseits OLG Celle, Beschluss vom 02.03.2018 – 1 Ws 19/18, StraFo 2018, 206; offengelassen von OLG Hamm, Beschluss vom 22.04.2020 – III5 Ws 59/20, NZWiSt 2020, 482, 490[]
  16. BGH, Urteil vom 23.10.2013 – 5 StR 505/12, BGHR StGB § 73 Verfallsbeteiligte 5 Rn. 56; Beschluss vom 13.07.2010 – 1 StR 239/10, juris; Urteil vom 19.10.1999 – 5 StR 336/99, BGHSt 45, 235, 246; s. zum Ganzen LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 25 f., 33 mwN[]
  17. vgl. dazu auch BT-Drs. 18/9525 S. 66[]
  18. vgl. LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 25, 33[]
  19. vgl. zum Ganzen LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 26 ff., 33 mwN; s. auch Bittmann/Tschakert, wistra 2020, 217, 222 f.; Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, StGB, 2. Aufl., § 73b Rn. 9[]
  20. so auch OLG Celle, Beschluss vom 02.03.2018 – 1 Ws 19/18, StraFo 2018, 206, 208 f.; Hiéramente, jurisPR-StrafR 3/2020 Anm. 4; Hiéramente, jurisPR-StrafR 12/2018 Anm. 1; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl., § 73b Rn. 3; MünchKomm-StGB/Joecks/Meißner, 4. Aufl., § 73b Rn. 15; Schmidt, Vermögensabschöpfung, 2. Aufl., S. 57 Rn. 242; Ullenboom, Praxisleitfaden Vermögensabschöpfung, 2019, Rn. 89; Ullenboom, wistra 2020, 223, 227 f.; s. auch Schreiner, StraFo 2020, 339 ff.; aA OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2019 – III1 Ws 233237/19, StraFo 2020, 336; Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Handbuch der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, 2020, Kap. 3 Rn. 140 f.; Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 667; Korte, wistra 2018, 1, 6; Rettke, wistra 2020, 433 ff.; s. zu alternativen Ansätzen Bittmann/Tschakert, wistra 2020, 217, 222 f.; Bittmann, NStZ 2019, 383, 391[]
  21. vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2019 – III1 Ws 233237/19, StraFo 2020, 336, 338; Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert, Handbuch der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, 2020, Kap. 3 Rn. 141; Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 667; Rettke, wistra 2020, 433, 435[]
  22. vgl. OLG Celle, Beschluss vom 02.03.2018 – 1 Ws 19/18, StraFo 2018, 206, 208 f.; s. auch LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 26, 33[]
  23. vgl. OLG Celle, Beschluss vom 02.03.2018 – 1 Ws 19/18, StraFo 2018, 206, 209; s. auch Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl., § 73b Rn. 1 sowie LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 26, 33; aA OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2019 – III1 Ws 233237/19, StraFo 2020, 336, 338; Fleckenstein, wistra 2018, 444, 445; Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, StGB, 2. Aufl., § 73b Rn. 5; Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 667; Rettke, wistra 2020, 433, 434[]
  24. BGH, Urteil vom 03.12.2013 – 1 StR 53/13, BGHR StGB § 73 Abs. 3 Handeln für einen anderen 1 Rn. 38 f.; BGH, Urteil vom 23.10.2013 – 5 StR 505/12, BGHR StGB § 73 Verfallsbeteiligte 5 Rn. 56[]
  25. vgl. OLG Celle, Beschluss vom 02.03.2018 – 1 Ws 19/18, StraFo 2018, 206, 208 f.; Ullenboom, wistra 2020, 223, 227; Ullenboom, Praxisleitfaden Vermögensabschöpfung, 2019, Rn. 89[]
  26. BT-Drs. 18/9525 S. 66[]
  27. vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 02.03.2018 – 1 Ws 19/18, StraFo 2018, 206, 209[]
  28. aA OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2019 – III1 Ws 233237/19, StraFo 2020, 336, 337 f.[]
  29. vgl. BT-Drs. 18/9525 S. 56, 66 f.[]
  30. s. zu diesem Gedanken OLG Hamm, Beschluss vom 22.04.2020 – III5 Ws 59/20, NZWiSt 2020, 482, 490[]
  31. Ullenboom, wistra 2020, 223, 228; Ullenboom, Praxisleitfaden Vermögensabschöpfung, 2019, Rn. 89; aA Rettke, wistra 2020, 433, 436 f.; s. auch LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 27, 33[]
  32. SSW/Heine, StGB, 5. Aufl., § 73b Rn. 9; aA Rettke, wistra 2020, 433, 437 ff.[]
  33. vgl. Ullenboom, Praxisleitfaden Vermögensabschöpfung, 2019, Rn. 87; Ullenboom, wistra 2020, 223, 227; s. auch OLG Celle, Beschluss vom 02.03.2018 – 1 Ws 19/18, StraFo 2018, 206, 210; aA Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 667; s. auch Fleckenstein, wistra 2018, 444, 445[]
  34. vgl. Ullenboom, wistra 2020, 223, 227; aA Fleckenstein, wistra 2018, 444, 445; Rettke, wistra 2020, 433, 436; s. auch LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 26, 33[]
  35. vgl. BT-Drs. 18/9525 S. 56 f.[]
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Geldabhebungen in der Unternehmenskrise - und der Untreuevorwurf