Einziehung von Wertersatz für Surrogate

Eine Einziehung des Wertes von Surrogaten ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Einziehung von Wertersatz für Surrogate

Nach geltendem Recht ist eine Wertersatzeinziehung für Surrogate nicht zulässig. § 73c StGB bezieht sich, wie aus dessen Satz 2 folgt, allein auf die Einziehung des zunächst durch die Tat Erlangten, nicht hingegen auf die Einziehung des Werts von Surrogaten1.

Das Einziehungsrecht sieht insoweit ausschließlich die Einziehung des Surrogats vor und ist daher nur dann möglich, wenn dieses Surrogat im Zeitpunkt der Einziehungsentscheidung bei dem Betroffenen noch vorhanden ist. Dies ist den Feststellungen nicht zu entnehmen.

Im hier entschiedenen Fall erlangte die Einziehungsbeteiligte durch die strafbaren Ausfuhren als Drittbegünstigte Eigentum und Besitz an den ausgeführten Pistolen (§ 73 Abs. 1, § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB) und durch deren Veräußerung als Surrogat das vereinbarte und vereinnahmte Entgelt, mithin den Veräußerungserlös in Höhe von 11.103.040, 74 €2. Das Landgericht hat mangels Feststellungen zur Abwicklung des (ausländischen) Zahlungsverkehrs weder ausdrücklich festgestellt, dass die 11.103.040, 74 € zum Zeitpunkt der Einziehungsentscheidung noch gegenständlich bei der Einziehungsbeteiligten vorhanden gewesen waren, noch ist dies dem Zusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmen:

Der Erlös wurde nicht in bar vereinnahmt, ist also nicht körperlich existent. Soweit das Urteil damit eine unbare Einnahme der Taterlöse und einen entsprechenden Zahlungseingang auf einem Bankkonto nahelegt, wären die (Buch)Gelder ebenfalls nicht mehr vorhanden. Bei einer Banküberweisung erlangt der Empfänger jedenfalls nach deutschem Recht lediglich eine Kontogutschrift, im Falle eines Girokontos aus dem Girovertrag (§§ 675c ff. BGB) einen abstrakten, unwiderruflichen und jederzeit fälligen (endgültigen) Auszahlungsbzw. Verrechnungsanspruch gegen die kontoführende Bank3. Girokonten werden allerdings typischerweise als Kontokorrentkonto geführt4. Die insoweit vom Kontokorrent erfassten Einzelansprüche verlieren dann ihre rechtliche Selbständigkeit, werden Rechnungsposten und können nicht mehr selbständig geltend gemacht, erfüllt, abgetreten oder gepfändet werden (sog. Kontokorrentbindung, vgl. Palandt/Sprau, BGB, 80. Aufl., § 675f Rn. 33). Wurden die Gelder auf ein als Kontokorrentkonto geführtes Girokonto überwiesen, können damit die jeweiligen Auszahlungs- und Verrechnungsansprüche wegen ihrer Beschaffenheit nicht mehr selbst eingezogen werden. Bei tatbedingten Überweisungen auf ein Konto kommt demnach stets nur eine Wertersatzeinziehung im Sinne des § 73c Satz 1 Alternative 1 StGB in Betracht5, die bei Surrogaten – wie dargelegt – nicht vorgesehen ist.

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Wäre eine Überweisung auf ein nicht als Kontokorrent geführtes Konto vorgenommen worden, würde zwar grundsätzlich der Auszahlungsanspruch als Surrogat der Einziehung unterliegen, dies aber auch nur solange, wie er bei der Einziehungsbeteiligten vorhanden ist und nicht erfüllt wurde. Dies hat das Landgericht nicht festgestellt; angesichts des zwischenzeitlichen Zeitablaufs von teilweise über zehn Jahren (Tatzeit 2009 bis 2011) und des Umstands, dass es sich um ein operativ tätiges Wirtschaftsunternehmen handelte, liegt dies auch fern.

Allerdings kann die Einziehung als Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 73c Satz 1 Alternative 2 StGB gerechtfertigt sein.

Die Einziehungsbeteiligte erlangte im vorliegenden Fall durch die strafbaren Ausfuhren als Drittbegünstigte zunächst Eigentum und Besitz an den ausgeführten Pistolen (§ 73 Abs. 1, § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB). Diese konnten nicht eingezogen werden, weil sie zum Zeitpunkt der landgerichtlichen Entscheidung gegenständlich nicht mehr bei der Einziehungsbeteiligten vorhanden waren. Angeordnet werden konnte und kann dann aber die Einziehung eines Geldbetrages, der dem Wert der erlangten Waffen entspricht (§ 73 Abs. 1, § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 73c Satz 1 Alternative 2 StGB).

Der Wert dieser Pistolen bestimmt sich nach ihrem Verkehrswert bei Entstehen des Wertersatzanspruchs6.

Hier entstand der Wertersatzanspruch mit ihrer Veräußerung an die T. , weil damit die ursprünglich mögliche gegenständliche Einziehung gemäß § 73c Satz 1 Alternative 2 StGB nachträglich unmöglich geworden ist7.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 1. Juli 2021 – 3 StR 518/19

  1. vgl. BGH, Urteil vom 19.01.2021 – 5 StR 291/20 18; Beschluss vom 03.07.2018 – 2 StR 117/18, BGHR StGB § 73c Anwendungsbereich 1 Rn. 6; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl., § 73c Rn. 5; LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73c Rn. 12; Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, StGB, 2. Aufl., § 73c Rn. 3; MünchKomm-StGB/Joecks/Meißner, 4. Aufl., § 73c Rn. 11; aA Köhler, NStZ 2017, 497, 504[]
  2. vgl. Schönke/Schröder/Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73 Rn. 27; SSW-StGB/Heine, 5. Aufl., § 73 Rn. 52[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 25.01.1988 – II ZR 320/87, BGHZ 103, 143, 146; BeckOK BGB/Dennhardt, 57. Ed., § 362 Rn. 26[]
  4. vgl. BeckOGK HGB/Feldhusen, Stand: 15.07.2020, § 355 Rn. 42; Palandt/Sprau, BGB, 80. Aufl., § 675f Rn. 33[]
  5. vgl. Fischer, StGB, 67. Aufl., § 73c Rn. 2; Morweiser in Festschrift für Wolffgang, 2018, S. 123, 125; SSW-StGB/Heine, 5. Aufl., § 73c Rn. 3[]
  6. BT-Drs. 18/9525 S. 67; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl., § 73c Rn. 4; Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, StGB, 2. Aufl., § 73c Rn. 4; Schönke/Schröder/Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73c Rn. 10; SSW-StGB/Heine, 5. Aufl., § 73c Rn. 7[]
  7. vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541/13 18 ff.; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl., § 73c Rn. 4; LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73c Rn. 18; Matt/Renzikowski/Altenhain/Fleckenstein, StGB, 2. Aufl., § 73c Rn. 4 mit Fn. 16 und dem Hinweis, dass in der Gesetzesbegründung versehentlich auf den ?Zeitpunkt der Möglichkeit der Originaleinziehung? ?BT-Drs. 18/9525 S. 16? abgestellt wird; Schönke/Schröder/Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73c Rn. 10; SSW-StGB/Heine, 5. Aufl., § 73c Rn. 7; s. auch BGH, Beschluss vom 06.06.2018 – 4 StR 569/17, NJW 2018, 3325 Rn. 28[]
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